Zerplatzte Hoffnungen Warum Billigflüge auf der Langstrecke nicht funktionieren

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Billigflieger haben ihre Stärken überschätzt

1. Am Himmel nichts Neues

So neu das Modell auch scheint: „Die Grundidee ist ein alter Hut“, sagt Thomas Jaeger, Chef des auf die Flugbranche spezialisierten Marktforschers CH-Aviation aus dem schweizerischen Chur. Obgleich der große Hype der Billig-Langstrecke erst mit dem Start von Norwegian ab 2010 losging, startete die erste Welle bereits in den Siebzigerjahren mit Laker Airways, People Express und Tower Air. „Alle endeten mit der Pleite, weil sie mit den Marktführern von American Airlines über Lufthansa bis Singapore Airlines nicht mithalten konnten.“

Auch nach dem Untergang dieser Billigpioniere lebte die Idee weiter. So übernahmen Urlaubsflieger wie Condor und vor allem die Gesellschaften vom Persischen Golf die Billigprinzipien, allen voran Emirates aus Dubai. Sie nutzte günstige Flughäfen wie den ihrer Heimstadt, engagierte Personal aus aller Welt zu günstigen Löhnen und kaufte immer die neuesten sparsamen Jets zu hunderten. Auf diese Weise drückte Emirates die Betriebskosten im Vergleich zu etablierten Linien wie Lufthansa um bis zu ein Viertel. Dank diesem Vorteil bieten Emirates oder auch Turkish Airlines so niedrige Preise, dass sich alle Billiglinien gerade auf Routen nach Asien extrem schwertun. Norwegian fliegt in der Region nur nach Bangkok. Und Wow Air musste seine Route nach Indien einstellen.

2. Starke Selbstüberschätzung

Bei ihrem Start konnten Southwest und Ryanair auch deshalb schnell groß und erfolgreich werden, weil sich die etablierten Linien überschätzten. Doch auf der Langstrecke haben wiederum die Neulinge ihre Stärken überschätzt.

Zum einen können sie immer weniger Vorteile von Easyjet und Co. auf die Interkontinentalflüge übertragen. Auch wenn ihre neuen Maschinen weniger Benzin brauchen: Sie sind in der Finanzierung deutlich teurer als die betagteren Jets der Etablierten. Das liegt vor allem daran, dass Norwegian und Co. die Maschinen für Fernrouten nicht in größeren Stückzahlen kaufen, wie es die etablierten Linien tun, und damit bessere Rabatte aushandeln können.

Dazu unterschätzten die Neulinge die Gegenwehr der Etablierten. Denn die Marktführer senkten die Preise im Wettkampf mit den Billigen, „und sei es auch nur, um deren Reaktion zu testen“, sagt Jonathan Wober, Analyst der auf die Flugbranche spezialisierten Beratung CAPA. Anders als zuvor gegen Ryanair und Easyjet konnten sich die Großen die Gegenattacke auf die Angreifer auch leisten. Denn nicht zuletzt als Reaktion auf die Billigflieger und die Fluglinien vom Golf haben die Etablierten ihre Kosten gesenkt. Dazu haben fast alle einen eigenen Fernstrecken-Discounter gegründet. So startete Lufthansa Eurowings, der British-Airways-Konzern IAG die Marke Level und Air France-KLM brachte Joon in die Luft. Sie machen den Billigheimern den Raum eng.

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