Zugverkehr Die Deutsche Bahn ist eine große Baustelle

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Desaster Regiobahn

Die Bahn begründet Verspätungen mit dem Wetter und Baustellen im Verkehrsnetz. Und gibt unumwunden eigenes Versagen zu. Millionen werden nun in Vorsorge und Früherkennung technischer Probleme investiert. Dies wird sich allerdings erst später auswirken. Und so gehören auch im Nahverkehr Pannen und Peinlichkeiten zum Alltag.

In Baden-Württemberg etwa droht dem Konzern eine prekäre Schlappe. Dort betreibt DB Regio von Stuttgart nach Würzburg die Frankenbahn. Mehr als zehn Prozent der Züge sind zu spät. Das Verkehrsministerium in Stuttgart, das den Nahverkehr bestellt und bezahlt, war es leid, verärgerte E-Mails schwäbischer Wutbürger zu beantworten. Es mahnte die Deutsche Bahn zwei Mal ab, ohne Erfolg. Nun droht das Land, die Bahn bei künftigen Ausschreibungen auszuschließen. Der grüne Minister Winfried Hermann wolle dies rechtlich prüfen, heißt es. Die Verlässlichkeit der Bahn sei auf einigen Strecken schlicht unzureichend.

2016 verlor die Deutsche Bahn schon die Ausschreibungen um die lukrativen Stuttgarter Netze wegen „Formfehler“. In Nordrhein-Westfalen verzockte sich der Konzern beim Prestigeprojekt des Landes, dem Rhein-Ruhr-Express (RRX), weil er die Wartung der Züge übernehmen wollte, obwohl der zuständige Verkehrsverbund Rhein-Ruhr den Auftrag ohne Wartung ausschrieb. Nun baut Siemens das Flaggschiff des künftigen NRW-Nahverkehrs von Köln nach Dortmund und hält die Züge instand. Den Betrieb übernehmen Konkurrenten Abellio und National Express. Die Deutsche Bahn, ein Zaungast.

So sieht der neue ICE 4 aus
Der neue Hoffnungsträger: Der ICE 4 im ICE-Werk Rummelsburg in Berlin. Ab Spätherbst fährt er von Hamburg nach München. Quelle: Christian Schlesiger für WirtschaftsWoche
Der ICE 4 ist vorne breiter als etwa der Vorgänger ICE 3. Quelle: Christian Schlesiger für WirtschaftsWoche
Größere Piktogramme im Einstiegsbereich zeigen, wie der Wagen genutzt werden soll. Hier sind Handys verboten. Quelle: Christian Schlesiger für WirtschaftsWoche
In der ersten Klasse gibt es Leselampen am Platz. Quelle: Christian Schlesiger für WirtschaftsWoche
Für die Bahn sind die Sitze eine echte Innovation. Quelle: Christian Schlesiger für WirtschaftsWoche
Die Anzeigen in den Großraumwagen sind nicht neu, aber sie sind jetzt besser. Quelle: Christian Schlesiger für WirtschaftsWoche
Der Spender für das Desinfektionsmittel ist jetzt fester Bestandteil der Armaturen. Quelle: Christian Schlesiger für WirtschaftsWoche

Auch dem einstigen Steckenpferd, dem Regioverkehr, der noch immer ein Drittel des Jahresgewinns beisteuert, drohen harte Zeiten. Zwar hat die Bahn-Tochter die Kosten gesenkt, die regionalen Betriebsstrukturen optimiert und einst verlorene Verkehrsverträge wie den Metronom von Hamburg nach Cuxhaven zurückerobert, doch der Marktanteil schrumpft weiter. 2016 rutschte DB Regio unter 70 Prozent – eine Marke, die der Vorstand unbedingt halten wollte.

Güterbahn in der Existenzkrise

Den wahren Lackmustest muss Vorstandschef Lutz aber bei der Güterbahn bestehen. Die Lage dort ist dramatisch, keine Sparte bremst den Aufbruch in die Zukunft so aus wie DB Cargo. Dort klagen schon Großkunden über Unfähigkeit des Managements. Seit Januar konnte etwa gegenüber den in der Wirtschaftsvereinigung Stahl versammelten Firmenkunden wie Salzgitter, Thyssenkrupp und Tata nicht mal ein rudimentäres Leistungsversprechen eingehalten werden. „Alle Stahlunternehmen haben massiv kritisiert, dass es seit Jahresbeginn eine unbefriedigende Versorgung mit Leerwagen gibt“, heißt es in einer internen Bahn-Unterlage, in der Mitarbeiter Feedback der Kunden einsammelten.

Das sind die größten Regional-Konkurrenten der Bahn
Go-Ahead Quelle: AP
Pariser Gesellschaft Keolis, die in Deutschland die „Eurobahn“ Quelle: dpa
Hessische Landesbahn Quelle: dpa
Abellio Quelle: dpa
Benex Quelle: dpa
Netinera Quelle: dpa
Transdev Quelle: dpa

Die Unternehmen seien „der Überzeugung, dass DB Cargo strukturell zu geringe Kapazitäten“ habe.

Die Vorlage fürs Cargo-Management hat es in sich: Leerwagen standen demnach in den Anlagen Wanne-Eickel und Mannheim mehr als 48 Stunden lang einfach so rum, obwohl sie woanders gebraucht wurden. Kupferproduzent Aurubis beschwerte sich „über unzureichende Wagenversorgung“ und „produktionelle Engpässe“. Bei Stahlwerk Thüringen drohte Anfang Mai gar „wegen geringem Wagenzulauf der Stillstand der Produktion“.

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