Dioxinskandal Was taugen Bioprodukte aus dem Ausland?

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Betriebe, die von Imo-Mitarbeitern kontrolliert werden – ob in der Dominikanischen Republik oder im Schwarzwald – müssen sich einer jährlichen, angemeldeten Kontrolle unterziehen, egal, ob Landwirt, Verarbeiter oder Importeur. Der Landwirt muss über Zukauf und Verwendung von Düngemitteln oder Saatgut Auskunft geben. Er führt Haltungsbücher, in denen Kauf und Verkauf der Tiere, Futter, Krankheitsvorsorge und Tierarztbesuche dokumentiert sind. Das gilt jedenfalls für das staatliche Bio-Siegel. Anbauverbände wie Bioland oder Demeter haben eigene Richtlinien, die zudem von eigenen Mitarbeitern vor Ort kontrolliert werden.

Mit der Vergabe des EU-Siegels sind ohnehin nur Mindestvorgaben verknüpft. Denn wo Bio draufsteht, darf nach EU-Richtlinien auch anderes drin sein: 95 Prozent der Zutaten müssen aus dem ökologischen Landbau stammen, die restlichen fünf Prozent können aus konventioneller Landwirtschaft stammen.

Zudem müssen Biolebensmittel unter dem EU-Siegel nicht frei von Zusatzstoffen sein. „Von den gut 300 Zusätzen, die auch in der herkömmlichen Lebensmittelproduktion verwendet werden dürfen, können immerhin knapp 50 in Biolebensmitteln verarbeitet werden“, sagt Martin Rücker von der Organisation Foodwatch. Darunter befänden sich auch problematische Substanzen wie etwa das umstrittene, aus Rotalgen gewonnene Verdickungsmittel Carrageen (E 407), das in Tierversuchen zu Geschwüren und Veränderungen im Immunsystem führte.

Deutlich strenger geht es bei einigen privatrechtlichen Biosiegeln zu. So darf auf einem Demeter-Hof ausschließlich Ökolandwirtschaft betrieben werden. So soll vermieden werden, dass Bioprodukte mit konventionellen verwechselt, vermischt oder mit Pestiziden kontaminiert werden. Zudem wird Kreislaufwirtschaft angestrebt, Ackerbau und Viehzucht sollen aneinander gekoppelt sein. Auch fordern die Anbauverbände, dass die Tiere ausschließlich Biofutter erhalten, das mindestens zur Hälfte auf dem eigenen Hof angebaut wird.

Die EU-Öko-Bauern hingegen können sämtliches Futter zukaufen, fünf Prozent dürfen aus herkömmlicher Landwirtschaft kommen. Es besteht also das Risiko, dass mit dem Fremdfutter Schadstoffe oder Gentechnik im Trog landen.

Die steigenden Importe haben auch mit der veränderten Marktstruktur zu tun. Prägten bis in die Neunzigerjahre hinein Reformhäuser und Ökokrauter das Bild, kamen in den vergangenen Jahren auch Handelsketten und Discounter auf den Geschmack und erweiterten ihre Sortimente um margenstärkere Bioware. 56 Prozent aller Bioumsätze entfallen mittlerweile auf den klassischen Einzelhandel.

Wichtig für Verbraucher sind angesichts der Unwägbarkeiten bei manchen Bioimporten die Eigenkontrollen des Handels. Der zur Heilbronner Schwarz-Gruppe (Lidl) gehörende SB-Warenhausriese Kaufland zum Beispiel hat durchschnittlich rund 1000 Bioprodukte im Sortiment von spezialisierten Herstellern und unter der Eigenmarkenlinie K-Bio. Laut Kaufland stammen diese in erster Linie von deutschen Lieferanten, wenn möglich sogar aus der jeweiligen Region. „Um eine 100-prozentige Warenversorgung sicherzustellen, lässt es sich aber nicht vermeiden, dass Lieferanten auch auf europäische und außereuropäische Vorlieferanten zurückgreifen, die ihre Ware nach EU-Bio-Standard beziehen“, teilt das sonst eher verschlossene Unternehmen mit.

K-Bio-Eigenmarken

Die K-Bio-Eigenmarken würden regelmäßigen Labortests unterzogen und dürften nur aus Produktionsstätten kommen, die in der EU liegen. Zudem müsse der Lieferant darüber informieren, „woher er die Rohstoffe bezieht und wie er sicherstellt, dass er nur Rohstoffe verarbeitet, die unter den Bedingungen der EU-Bio-Verordnung hergestellt wurden“. Falls die Darstellung nicht glaubhaft ist, „wird der Lieferant für K-Bio abgelehnt“.

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