Discounter Angriff auf die Herrscher der Kaffeekapseln

Bislang verdienen die Resen Nestlé, Tchibo oder Kraft Foods mit Kaffeekapseln blendend - auch mangels preisgünstiger Alternativen. Doch nun attackiert der Lebensmittelhersteller Krüger mit einer billigen Variante die Konkurrenz.

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K-fee System von Krüger: Preiswerte Alternative zu den Kapselmaschinen der Markenhersteller

Willibert Krüger ist ein Dickschädel. Was sich der 68-jährige, fast zwei Meter große Gründer und geschäftsführende Gesellschafter der Unternehmensgruppe Krüger in Bergisch Gladbach in den Kopf setzt, das zieht er durch. Dabei schrecken den Hersteller von Instantkaffees und -tees, Sprühsahne, Schokoladen und Pralinen wie Trumpf Schogetten oder Edle Tropfen, Fritt-Kaubonbons sowie Pillen und Pülverchen zur Selbstmedikation auch keine großen Namen.

Im Gegenteil: Jetzt nimmt sich Krüger mit Tchibo, Nestlé und Kraft Foods (Jacobs-Kaffee) die Großen der Kaffeebranche zur Brust. Mit einer Portionskaffeemaschine namens K-fee System und den dazugehörigen Kapseln, die als preiswerte Eigenmarken von Discountern und Supermarktketten verkauft werden, attackiert er die Markenmultis, die den Markt bisher unter sich aufgeteilt haben. Damit will Krüger die letzte Bastion der Markenartikelhersteller im Kaffeegeschäft erobern.

Bedeutender Hersteller von löslichen Getränken

Sein Dickschädel hat Krüger im Leben weit gebracht. Nach einer kaufmännischen Lehre und einem Betriebswirtschaftsstudium zieht es Krüger 1964 in den elterlichen Betrieb, einen Großhandel für Spirituosen, Seifen und Süßwaren.

Einige Jahre später bekommt er zufällig auf dem Tennisplatz mit, dass ein Unternehmer dringend jemanden sucht, der Instantgetränke produzieren will. Der damals 30-Jährige fackelt nicht lange. „Das kann ich übernehmen“, mischt er sich ein. Auf die Frage „Können Sie das?“ antwortet er: „Ich kann das lernen.“ Auf die nächste Frage „Haben Sie eine Fabrik?“ sagt er: „Ich kann eine bauen.“ Typisch Krüger.

In einem Anbau der elterlichen Lagerhalle produziert Krüger fortan Kräuterinstanttee auf Lizenz. Das bis dahin in Deutschland unbekannte Granulat ist ein Renner, schnell kommt Zitronentee hinzu. In weniger als vier Jahrzehnten entsteht aus der Teeküche eine Unternehmensgruppe mit einem Umsatz von gut 1,5 Milliarden Euro und 4400 Mitarbeitern in zwölf Ländern. Der Konzern, der je zur Hälfte Krüger sowie dem Zuckerriesen Pfeifer & Langen über eine Zwischenholding gehört, ist heute einer der bedeutendsten europäischen Hersteller von löslichen Getränken.

Dennoch haben die meisten Verbraucher von der Instant-Instanz noch nie gehört. TV-Spots gibt es nur für die löslichen Kaffees der Marke Krüger mit Werbegesichtern wie Blödelbarde Mike Krüger oder Entertainer Hape Kerkeling. Mehr als zwei Drittel des Umsatzes macht Krüger mit der Produktion von Eigenmarken für Handelsunternehmen: Er ist einer der größten Lieferanten von Rewe, Aldi, Lidl, Penny & Co.

Krüger will das Geschäft mit den Kapseln aufmischen

Gemeinsam mit den Billigheimern will Krüger nun das Geschäft mit den Kapseln aufmischen, eine kleine, aber lukrative Nische, bisher fest in der Hand der Riesen Tchibo (Cafissimo), Kraft Foods (Tassimo), Nestlé (Nespresso/Dolce Gusto). Pads und Kapseln boomen. Die entsprechenden Portionsmaschinen fehlen in keinem Singlehaushalt und auch Büros sind mittlerweile gut bestückt.

Vorteil der Geräte: Sie sind nahezu wartungsfrei. Auch die Entsorgung des Kaffeesatzes ist einfach und sauber. Zudem lässt sich mit jeder Einzelportion die Sorte wechseln – manche Geräte können sogar Tee oder Kakao zubereiten, je nachdem, was die Hersteller in die Kapseln füllen.

Das hat seinen Preis. Kapseln sind im Vergleich zu Pads deutlich teurer. Ist die mit den Pads vom Discounter gebrühte Tasse Kaffee schon für acht Cent zu haben, kostet der Markenkapselkaffee gut das Dreifache. Klassischer Filterkaffee kostet rund sechs Cent je Tasse. Die Verbraucher können sich über die neue Konkurrenz freuen. Denn wer sich für ein Kapselsystem entschieden hat, wird bisher zum Sklaven der Marke. Die Systeme der Multis sind patentrechtlich so geschützt, dass kein anderer Hersteller die erforderlichen Kapseln liefern kann.

Mit diesen Kapseln will Krüger die Konkurrenz unterbieten

Während sich bei klassischem Filterkaffee, Bohnen für Vollautomaten und Pads – Aldi verkauft unter seiner Eigenmarke so viele Pads wie niemand sonst – die Handelskonzerne mit billigen Eigenkreationen tummeln, sind die Kapselsysteme die letzte Trutzburg der Markenkonzerne. Nun sollen dank Krüger auch Aldi & Co. mitverdienen – an einem Teilmarkt, dem Branchenbeobachter in den kommenden Jahren einen Zuwachs von mehr als dem Zehnfachen gegenüber der 2008 verkauften Menge von rund 3000 Tonnen voraussagen.

Für sein K-fee-Projekt fehlt Vollblutunternehmer Krüger – ähnlich wie vor knapp 40 Jahren – auch diesmal eigentlich die Expertise. Mit Röstkaffee, Kapseln und den dazugehörigen Maschinen hatte Krüger bisher nichts am Hut. Doch was kümmert das den Ehrenbürger der Stadt Bergisch Gladbach. Als Handelsmarkenspezialist ist er es gewohnt, erfolgreiche Produkte von Markenartikelherstellern nachzuahmen. Und schließlich vertrauen ihm die Handelsketten. Das reicht.

Das gute Verhältnis kommt nicht von ungefähr. Im Unterschied zu anderen Lebensmittelherstellern sucht der Hüne mit den breiten Schultern und dem grauen Haar das Geschäft mit den preisaggressiven Händlern von Beginn an, ist gemeinsam mit ihnen groß geworden. Alles andere wäre für ihn „falscher Stolz“ gewesen. „Heute, bei Marktanteilen von 40 und 45 Prozent, kommt keiner mehr am Discount vorbei“, sagt er. „Ich bin Private-Label-Hersteller und werde es auch in Zukunft bleiben.“

Preis der Kaffee-Kapseln 20 Prozent unter der Konkurrenz

Das K-fee System hat höchste Priorität. Dafür trennt sich Krüger sogar von seinem geliebten Fußballengagement. Mehr als 25 Jahre lang sponserte er den derzeitigen Fünftligisten SV Bergisch Gladbach. Damit ist nun Schluss. Krüger: „Ich muss zusehen, dass ich meinen Laden hier am Laufen halte. Wir haben erneut einige große Projekte vor.“ Dafür müsse viel Geld in die Hand genommen werden. Einen zweistelligen Millionenbetrag hat er schon investiert. Eine neue Produktionslinie ist einsatzbereit. Spätestens zum Weihnachtsgeschäft sollen Geräte und Kapseln in den Regalen stehen.

Preislich liegen die Maschinen, die laut Brancheninformationen in China gefertigt werden, mit rund 100 Euro im Rahmen der Konkurrenzmodelle. Bei den von Bosch und Krups produzierten Geräten für Kraft und Nestlé liegen die Basisgeräte ebenfalls bei rund 100 Euro. Lediglich Tchibo liegt bei 69 Euro. Sparen kann der Kunde bei K-fee dann jedoch bei den Kapseln. „Der Kapselpreis wird unter dem Abgabepreis der derzeitigen Marktführer liegen“, heißt es aus dem Hause Krüger. Ähnlich wie bei den Pad-Systemen dürfte eine Tasse Kaffee aus dem K-fee-System-Automat damit rund 20 Prozent billiger sein als das jeweilige Gebräu der Markenkonkurrenz.

Krügers Risikobereitschaft hat sich stets ausgezahlt. Denn er profitiert vom Wachstum der Billigketten und in jüngster Zeit davon, dass sich auch Vollsortimenter wie Rewe-Supermärkte und Real-SB-Warenhäuser verstärkt mit Eigenmarken bestücken, um gegen Aldi und Lidl zu bestehen. Für seine Mitarbeiter ist Krüger, der ab und an seinem Namen auch mal einen Ehrendoktortitel voranstellt, ein Chef zum Anfassen, ständig erreichbar, „24 Stunden am Tag – und wenn es notwendig ist, nehme ich die Nacht dazu“. Schon durch diese Omnipräsenz erneuert er täglich seine Autorität.

„Et muss vorwärtsjonn“

Krüger ist der Urtyp eines Fabrikanten, einer der letzten echten Patriarchen, rastlos, stur und durchsetzungsstark: „Wer sich in der Wirtschaft ausruht, der hat schon verloren. Hellwach müssen wir sein. Ich mag kein Gejammer.“ Delegieren fällt ihm schwer, ohne ihn läuft nichts. Jedenfalls glaubt Krüger das. Er kann aufbrausend sein, oft hört man ein „Zack, zack“ durch die Büroflure hallen. Einer seiner Leitsätze: „Et muss vorwärtsjonn.“

In Sachen Generationswechsel geht es in Bergisch Gladbach jedoch nicht so richtig vorwärts. Tochter Anke ist schon lange im Vertrieb des väterlichen Unternehmens tätig, Sohn Marc, den potenziellen Nachfolger, hat der Senior erst im April ins Unternehmen geholt. „Ich stelle ihm mit den Geschäftsführern Rolf Walendy und Guido Colsman zwei gute Leute zur Seite. Und ich bin ja auch noch da.“ Typisch Krüger.

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