Discounter Wie die Macht im Aldi-Reich verteilt ist

Die beiden Albrecht-Brüder haben das Aldi-Erbe gründlich abgesichtert. Doch die Zukunft des Nord-Reichs ist wackelig.

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Einkaufswagen vor einem Quelle: REUTERS

Die Weichen sind seit Jahren gestellt: Die Regelungen für den Todesfall im Discount-imperium sichern den Bestand von Aldi Süd und Nord. Karl und Theo Albrecht hatten sich schon Mitte der Neunzigerjahre aus dem Tagesgeschäft mit Konserven, Nudeln und Olivenöl zurückgezogen, familienfremden Managern die Entscheidungsmacht übertragen und ihre Firmenanteile in Stiftungen eingebracht. Theo nannte den Dauerparkplatz für seine Milliarden Markus-Stiftung – als Reminiszenz an seine Pfarrgemeinde St. Markus in Essen-Bredeney. Karl packte die Süd-Milliarden in die Siepmann-Stiftung, benannt nach dem Mädchennamen seiner Mutter Anna.

Während im Vorstand der Siepmann-Stiftung Karls Tochter Beate Heister, 58, und deren Sohn Max Heister, 34, über das Reich wachen, gehören im Norden die beiden Söhne Theo Albrechts, Theo junior, 59, und Berthold, 55, nicht nur dem Vorstand der Markus-Stiftung, sondern auch dem operativen Leitungsgremium an. Der Verwaltungsrat – im Süden nennt er sich Koordinierungsrat – ist vergleichbar mit dem Vorstand eines börsennotierten Konzerns, hier werden alle operativen Entscheidungen getroffen. Darunter sind die Regionalgesellschaften, die Einkaufsgesellschaft, die Verwaltung und Aldi International angesiedelt.

Autokratischer Führungsstil

Alle zwei Monate tagen in der Essener Nord-Zentrale die Geschäftsführer. Anwesend sind die Mitglieder des sechsköpfigen Verwaltungsrats unter der Leitung von Hartmuth Wiesemann, 65, sowie die Chefs der 35 Regionalgesellschaften, zu denen im Schnitt 50 bis 70 Aldi-Läden gehören.

Wenn die gut 40 Nord-Manager im großen Besprechungssaal in der Eckenbergstraße 16 – einem schmucklosen Waschbetonbau ohne Firmenlogo oder Fahnen – beieinander hocken, trifft die Entscheidungen nur einer: Wiesemann. Vor mehr als 50 Jahren startete er als 14-Jähriger in Essen-Schonnebeck bei Albrecht eine Lehre als Einzelhandelskaufmann – der Beginn einer außergewöhnlichen Karriere. Seit 1982 sitzt er im Verwaltungsrat, seit einigen Jahren, begleitet vom sukzessiven Rückzug des Seniors Theo, ist er der Gesamtverantwortliche.

Bis vor gut zwei Jahren war Theo noch bei jeder Konferenz dabei. Die Regionalfürsten durften brav per Handzeichen über neue Produkte abstimmen. Wichtige Entscheidungen wurden zwar diskutiert, waren aber im Familienkreis längst besiegelt. Manager, mit denen Theo unzufrieden war, ließ er im Eichenzimmer antreten, einem Besprechungsraum mit eichefurnierten Wandschränken und einem Theo-Porträt in Öl an der Wand.

Wenig Innovationen

An dem autokratischen Führungsstil hat sich nichts geändert: Wiesemann ist als Konservator im Konservendosenreich der absolute Herrscher bei Aldi Nord. Er ist Garant dafür, dass Theos Konzept auch nach dessen Tod unverändert bleibt. Veränderungswille gilt als Hochverrat: Das bekam Wiesemanns Kronprinz Stefan -Eltgen 2009 zu spüren. Das Verwaltungsratsmitglied galt als sein Nachfolger. Es gab kaum eine Branchenveranstaltung, bei der Wiesemann seinen Azubi nicht im Schlepptau gehabt hätte. Das häufige Zaudern und die Alleingänge Wiesemanns waren für den fast 20 Jahre jüngeren Eltgen allerdings häufiger Anlass für kritische Nachfragen. Die Folge: Eltgen musste gehen.

Was nun nach Wiesemann bei Aldi Nord kommt, weiß niemand. Theos Sohn Berthold hat fünf Kinder, Theo junior eines. Ob aus der dritten Generation eines Tages wieder ein Albrecht in der Führung eine Rolle spielen wird, ist völlig offen.

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