Dubai Atlantis The Palm: Das spektakulärste Hotel der Welt

In den Unterwassersuiten des Hotels Atlantis The Palm in Dubai lassen sich Walhaie und Thunfische vom Bett aus beobachten. Das derzeit spektakulärste Hotel der Welt geht nun in Betrieb.

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77 Zentimeter dicke Quelle: reuters

Es gibt nur wenige Hotelsuiten, wo man die Gardine zum Schlafzimmer die ganze Nacht über offenlässt – obwohl sich vor dem Fenster Dutzende Zuschauer zusammengerottet haben. Erst dann verziehen sich die Neugierigen, wenn beispielsweise ein vier Meter langer Walhai an der riesigen, drei mal drei Meter großen Schlafzimmerscheibe vorbeigleitet und den Schwarm Papageienfische aufmischt. Auch der eine oder andere Hotelgast dürfte dann zusammenzucken. Denn gerade einmal 77 Zentimeter Acrylglas trennen sein Bett von der wilden Jagd da draußen, die Frank Sinatra auf Wunsch musikalisch untermalt. „Unforgettable“, klingt es dann aus den im Zimmer versteckten Lautsprecherboxen. Yeah, recht hat der Mann.

Die beiden Unterwassersuiten sind wohl das Schönste und Beste, was das neue Mega-Hotel Atlantis The Palm zu bieten hat: Luxusdomizile, die über drei Etagen reichen und an ein Riesen-Aquarium mit elf Millionen Liter Wasser Inhalt grenzen, in denen sich 65 000 Fische, Haie und Delfine tummeln. Beklemmungen dürfte beim Blick auf all das Wasser vor dem Fenster der Gast zu keinem Zeitpunkt bekommen. Der Blick ins tiefdunkle Blau und auf die bunten Fischschwärme lässt vielmehr große Gelassenheit aufkommen. Man kommt sich vor wie ein Taucher, braucht sich aber keine Gedanken über den Füllstand der Pressluftflaschen, über Grundzeiten oder Sicherheitsstopps zu machen.

Die Gratwanderung ist geglückt

Pratham Kumar Bajracharya bietet sich der atemberaubende Blick praktisch jeden Tag. Aufgewachsen ist er in einem Dorf in Nepal, in gut 3000 Meter Höhe, mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Himalaya. Jetzt serviert er als Butler den Gästen des Atlantis Erdbeeren und Champagner auf dem Meeresgrund. Ebenso wenig hätte es sich sein Kollege Alan Aguilar träumen lassen, mal mit Taucherbrille vor den Augen, einer Pressluftflasche im Nacken und einem Gummiwischer in der Hand ein neun Quadratmeter großes Badezimmerfenster im Meer zu putzen. Aguera hat auf seiner philippinischen Heimatinsel Schwimmen gelernt, in den Emiraten in Ferienhotels als Tauchlehrer gejobbt – und gleitet nun Tag für Tag mit Reinigungsgeräten in 15 Meter Wassertiefe durch künstlich gealterte Ruinen vom Reißbrett.

Das riesige Wasserbecken ist das Herz des Atlantis The Palm, eines Hotel-Kolosses mit insgesamt 1539 Zimmern, zu denen jene zwei spektakuläre Unterwassersuiten gehören. Wer heute noch in Dubai auffallen will, muss so etwas bauen, weiter an der Schraube drehen, noch ausgefallener, verrückter, überdrehter bauen – ohne ins Absurde abzudriften. Die Gratwanderung ist bei diesem Projekt geglückt. Das Atlantis ist die erste Hoteleröffnung auf der palmenförmigen Landgewinnung vor der Küste Dubais und zugleich die weltweit spektakulärste Herbergseinweihung des Jahres.

Als Scheich Mohammed bin Rashid al Maktoum vor sieben Jahren die Pläne für das Palmeninsel-Projekt mit gut vier Kilometern Radius, mit Villen auf den Wedeln, Apartmenthäusern auf dem Stamm und Badehotels auf dem äußeren Ring vorlegte, wurde er eher verlacht. Sogar Gefolgsleute sprachen mit skeptischem Unterton von den „Visionen seiner Hoheit“. Inzwischen kann jeder Zweifler die Sand-Palme mit Google Earth auf seinen PC holen – und, sobald das Satellitenbild aktualisiert ist, das Mega-Aquarium samt Haifischbecken und Delfin-Zentrum aus der Weltraumperspektive betrachten.

Eine sechsspurige Straße führt nun über den Stamm der Palme, ein Straßentunnel unter dem Meer hindurch auf den äußeren Ring. Nur die eilig hinzugeplante Einschienenbahn ist noch in Bau und öffnet mit Verspätung erst im April 2009. Das Hotel aber ist der Zeitplanung um fünf Monate voraus. Mit dem Atlantis beginnt nun der touristische Alltag auf der bislang abgeriegelten Inselpalme.

Die ersten Gäste sind Deutsche

Ende September ist das Haus mit seinen rotbraunen Türmen, den Seestern- und Muschel-Ornamenten in Balkongittern und Säulen, den Seepferdchen aus patiniertem Kupfer und den korallenartigen Lampen in die Soft-Opening-Phase gestartet, während der das Hotel nach und nach auf vollen Betrieb hochgefahren wird und erste Gäste begrüßt. Das Grand Opening ist für den 20. November vorgesehen – als Gala mit Kylie-Minogue-Konzert. Und mit Stargast Scheich Mohammed.

Anderthalb Milliarden Dollar hat der Hotelmogul Sol Kerzner, Erfinder von Lost City in Südafrika und dem kleineren Atlantis-Vorbild auf den Bahamas, in das Projekt gemeinsam mit Partner Nakheel, dem Baukonzern aus Dubais Herrscher-Holding, investiert. Er hat im wahrsten Sinne auf Sand gebaut – und trotzdem dürfte die Rechnung aufgehen: Die Buchungslage ist schon jetzt hervorragend – bei Zimmerpreisen, die sich für ein Ferienhotel gewaschen haben. Ab rund 535 Euro kostet ein Doppelzimmer (ab 45 Quadratmeter), rund 5.000 Euro jede der beiden 165 Quadratmeter großen Unterwassersuiten, rund 18.000 Euro die 924 Quadratmeter große Brücken-Suite, welche die beiden Hotel-Türme im 22. Stockwerk verbindet. Die ersten Gäste dort sind angeblich Deutsche – eine Familie, die für vier Nächte gebucht hat. Es dürften Leute sein, die nicht auf jeden Cent schauen müssen.

Gebraten, gedünstet, gekocht

Purpurner Sonnenuntergang über dem spektakulärsten Hotel der Welt Quelle: reuters

In den letzten Wochen wurde Bauschutt im Akkord abgefahren, Staub zusammengefegt, Fenster wurden gewienert, Marmorbänke poliert. Kellner übten derweil das Eindecken in den 17 Restaurants. Vier der berühmtesten Küchenchefs der Welt trainierten ihre Crews, damit das Sushi bei Meister Nobu perfekt gerät, die Edel-Pasta bei Gianni Locatelli genau den richtigen Biss hat, die gegrillte Dorade bei Santi Santamaria perfekt gewürzt ist und am Hummersalat bei Michel Rostang jedes Detail stimmt. Die Tochter des Pariser Zwei-Sterne-Kochs überwacht die Abläufe im Restaurant, begrüßt Gäste mit Handschlag und französischem Charme: „Schließlich tragen wir Paris an den Persischen Golf“, lacht Caroline Rostang. „Wir bringen unsere Rezepte mit, unsere Köche. Wir kaufen auf den Märkten die besten Produkte und kombinieren Frankreich mit den Gewürzen der Region, bringen einen Hauch von Orient in unsere Gerichte.“

Gut nur, dass die Fische im Mega-Aquarium nicht erkennen, was hinter den Scheiben aus Acrylglas im Restaurant von Küchen-Zauberer Santi Santamaria vor sich geht: Sein Ossiano soll die beste Gaststätte des Hotels werden – und ist auf Fisch spezialisiert. Auf den Tisch kommen die Artgenossen gebraten, gedünstet, gekocht, mit Koriander und Zitrone dekoriert, mit Schalentieren kombiniert, vom Feinsten inszeniert. Und nur in dem in dezentem Grau und dunklem Violett gehaltenen Ambiente des Edel-Restaurants gilt der Dress Code „formal“. Ansonsten versteht sich das Atlantis The Palm als Fünf-Sterne-Ferienhotel, wo nur abends „smart casual“ angesagt ist.

Gleichzeitig gibt es für die Fische keinen sichereren Ort als das Riesen-Aquarium, denn über ihr Wohlergehen wacht Meeresbiologe Adrian Tolliday aus London mit einem Team aus 165 Fischpflegern und drei auf Flossentiere spezialisierten Tierärzten: „Sollte Sushi-Meister Nobu hier mit Hackebeilchen und Seziermesser auftauchen und in die Becken langen wollen“, scherzt er, „werden wir das resolut zu verhindern wissen.“ Tollidays Schützlinge sind in 20 Aquarien zu Hause – allesamt garniert mit jenen künstlichen Ruinen, mit halb umgestürzten Säulen im vermeintlichen Thronsaal der Könige von Atlantis. Zwei steinerne Sessel stehen dort auf dem Meeresgrund, raketenartige Obelisken ragen Richtung Himmel. Verziert sind sie alle mit geheimnisvollen Hieroglyphen.

Die erfundene Legende, die eine amerikanische Agentur für das Hotel inszenierte, geht so – und wird wahrscheinlich von manchem Gast geglaubt: Bei den Bauarbeiten für die Palme sei man im Persischen Golf auf Ruinen einer vor Jahrtausenden untergegangenen Hochkultur auf dem Meeresgrund gestoßen und habe beschlossen, die Tempel und Artefakte derart zu konservieren, dass man um sie herum das Hotel errichtete.

Die Detailverliebtheit ging so weit, dass die erfundenen Hieroglyphen zu einer kompletten Schrift durchdekliniert und anschließend mit sämtlichen lebenden Sprachen und Schriften des Globus abgeglichen wurden, damit kein Fantasiewort einen Sinn oder gar ein Schimpfwort ergab.

Die Leute um Sol Kerzner sind sich des Erfolgs derweil so sicher, dass Alan Leibman, sein Statthalter vor Ort mit dem Titel „President and Managing Director“, schon eine Erweiterung angekündigt hat. Der Konzern wolle auf der noch unerschlossenen zweiten Hälfte des Grundstücks ein weiteres Themenhotel errichten, Arbeitstitel: „The Cove at Atlantis The Palm.“ Alles soll hier noch ein bisschen exklusiver werden. Geld dafür ist reichlich vorhanden, geplant sind Investitionen von über einer Milliarde Dollar. Davon entfallen ein paar Hunderttausend Dollar auf Taucherausrüstungen und zusätzliches Unterwasser-Reinigungsgerät. Es gibt Geld für neue Butler-Uniformen, für Betten und Whirlpools in der einen oder anderen zusätzlichen Unterwassersuite. Und natürlich auch für die Teelichter, die Pratham Kumar Bajracharya und seine Kollegen abendlich in Schälchen mit Lavasand am Beckenrand der Whirlpools aufreihen und entzünden.

Schön, dass der Butler Pratham auf Knopfdruck noch ein Gläschen Champagner und ein paar Erdbeeren auf dem Meeresgrund serviert. Und Teelichter auf dem Beckenrand des Whirlpools im angrenzenden Badezimmer drapiert, ebenfalls mit Panoramablick in die Unterwasserwelt. Der Mann aus Nepal hat beste Manieren und entschuldigt sich deshalb mehrfach, dass der Fernseher am Fußende des Bettes noch nicht montiert sei: „Sie verstehen, das Hotel ist brandneu.“ Der Einbau werde spätestens am nächsten Morgen nachgeholt. Der Fernseher wird aber nicht vermisst: Es gibt hier unten nichts Unwichtigeres.

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