
Ob es ernst oder entspannt zugeht, zeigt sich bei Johannes Teyssen nicht selten an der Krawatte. Trägt der E.On-Chef das E.On-Rot um den Hals und lutscht er eines der ausliegenden E.On-rot verpackten Bonbons, bezirzt er meist Politiker oder Chefs von Stadtwerken mit der Langfriststrategie des Düsseldorfer Energieriesen.
Hört der Spaß auf, bindet sich der 51-jährige Niedersachse Schwarz-Weiß um. Dann muss Teyssen zum Beispiel dem Aufsichtsrat in der Düsseldorfer Konzernzentrale Rede und Antwort stehen oder den Vorstand der Deutschen Bank in Frankfurt kontrollieren, deren Aufsichtsrat er angehört.
Nichts ist mehr wie vorher
Zurzeit müsste Teyssen nur noch Schwarz-Weiß umlegen. Zur Disposition steht das gesamte Geschäftsmodell seines Unternehmens, des größten Stromkonzerns zwischen Rhein und Oder. Spätestens seit Bundeskanzlerin Angela Merkel fünf Tage nach dem Erdbeben in Japan die sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke (AKW) Knall auf Fall abschalten ließ, davon zwei bei E.On, ist für Teyssen nichts mehr, wie es war. Nur zehn Monate nach seinem Amtsantritt verkörpert der gelernte Jurist und Volkswirt die Hauptfigur in einem der größten Dramen der deutschen Industriegeschichte.
Niemand sonst hierzulande muss einen Konzern so schnell neu erfinden, weil ihm zuerst eine und – womöglich in wenigen Jahren – alle anderen Superprofitquellen abhanden kommen. Gelingt es Teyssen, E.On binnen kürzester Zeit vom größten Atom- zum Top-Ökostromproduzenten des Landes zu verwandeln, winkt ihm der erste Platz unter all jenen, die den beschleunigten Schwenk zur strahlen- und abgasfreien Elektrizität zum eigenen Vorteil zu nutzen vermögen. Schlagen seine Taten fehl, bleibt von ihm und E.On nur die Erinnerung an einen von vielen überlebensunfähigen Dinosauriern und seinen erfolglosen Reiter.