Eigentümer Der Mann, der Schiesser fallen ließ

Der Schweizer Unternehmer und Schiesser-Eigentümer Thomas Bechtler ist schwer zu fassen. Wer ist der Mann, der das einstige Feinripp-Vorzeigeunternehmen fallen ließ?

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Der 59-Jährige Bechtler lenkt die Geschicke des Familienkonglomerats Hesta. Hesta ist eine Beteiligungsholding im schweizerischen Steuerparadies Zug. Hesta war einmal ein florierender Mischkonzern mit zahlreichen produzierenden Unternehmen. Heute verwaltet der Industriellenspross Bechtler fast nur noch die Familienbesitztümer – von Fonds über Immobilien bis zum Übrigbleibsel Schiesser. Regelmäßig tauchen die Bechtlers unter den 300 reichsten Schweizern auf. Mit einem geschätzten Vermögen von 100 bis 200 Millionen Franken rangieren sie im hinteren Drittel.

Zur Hesta gehört die im gleichen Gebäude residierende Hesta Tex, Dachgesellschaft der Schiesser Group im schweizerischen Küsnacht. Diese wiederum fungiert als Mutter der deutschen Schiesser in Radolfzell.

Die Familie Bechtler brachte über Jahrzehnte unternehmerische Tätigkeit und Kunstmäzenatentum trefflich unter einen Hut, „die, so scheint es, seither zwar Künstler und Kunstfreunde hervorbringt, industriell aber laufend abbaut“, schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“ vor einigen Jahren.

Kernstück der Hesta-Aktivitäten war die Zellweger-Luwa-Gruppe, eine Ansammlung von Unternehmen aus der Gasanalytik, Luft- und Klimatechnik sowie Textilelektronik. Die Industriegruppe wurde vor Jahren zerlegt und verkauft. Abgesehen vom Wäschehersteller Schiesser hatte Bechtler damit seine einst hochgesteckten industriellen Ambitionen begraben – und nun auch die Lust an Unterhosen.

Bechtler, der sieben Kinder aus drei Ehen hat, gehört zum innersten Zirkel des Schweizer Establishments. Der promovierte Rechtswissenschaftler mit Harvard-Abschluss wohnt in der kleinen Steueroase Bäch am Zürichsee und hat die künstlerischen Interessen der Familie geerbt. Er frönt der Sammelleidenschaft und fördert zeitgenössische Künstler wie Peter Fischli und David Weiss, zwei der renommiertesten Schweizer Gegenwartskünstler. Als Präsident des Zürcher Kunsthauses ließ der Rotarier und Menschenrechtsaktivist Bechtler seine Beziehungen in die Wirtschaft spielen. Als er Sponsoren für eine Ausstellung suchte, sprach Bechtler bei Rainer Gut vor, dem Ehrenpräsidenten der Großbank Credit Suisse. Es war der Beginn der engen Zusammenarbeit zwischen Bank und Museum. Noch heute sitzt Bechtler im Verwaltungsrat der Credit Suisse.

Zu Schiesser schweigt Bechtler. Statements zur Insolvenz verbreitet ein externer Souffleur. Man werde kein Geld mehr nachschießen. „Wir sind als Investor jetzt raus“ und „Schiesser ist nie auf einen grünen Zweig gekommen,“ gibt der Schweizer Manager-Flüsterer Jörg Neef als Hesta-Sprecher stellvertretend zu Protokoll. Von Bechtler hingegen keine Spur.

In Radolfzell hat sich Bechtler ohnehin so gut wie nie blicken lassen. Er kümmerte sich mehr um Menschenrechtsverletzungen im Kongo. Der Schweizer gründete Anfang 2006 mit weiteren Persönlichkeiten das Komitee Zürich von Human Rights Watch, einem weltweiten Netzwerk, das für Menschenrechtsfragen sensibilisieren möchte.

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