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Einzelhandel Sponsor für Arcandor gesucht

Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick muss die Hausbanken des früheren KarstadtQuelle-Konzerns bis zum Sommer von der Überlebenskraft des Unternehmens überzeugen und sondiert schon mal Staatsstütze für den klammen Konzern. Die Mitarbeiter schwört "Iron Eick" derweil auf harte Zeiten ein.

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Karl-Gerhard Eick wird neuer Vorstandschef des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor

Der diesjährige Karstadt-Marathon könnte als eine Art Staatshilfen-Lauf in den Annalen der Sportbewegung eingehen. Die Strecke wird die Läufer am 17. Mai durch das Presswerk des klammen Autoherstellers Opel in Bochum führen. Anschließend geht es durch Boomstädte wie Herne und Gelsenkirchen bis zum neuen Karstadt-Warenhaus in Essen. Nicht nur Opel interessiert sich inzwischen für Staatshilfen. Auch der Essener Handels- und Touristikkonzern Arcandor, zu dem Karstadt gehört, sondiert die Möglichkeiten, staatliche Kredite oder zumindest eine Bürgschaft zu erhalten.

Zwar gebe es „keine Entscheidungen", sagte ein Unternehmenssprecher. Man führe allerdings Gespräche, um sich über alle Optionen zu informieren. Dies täten auch andere Konzernchefs. Die Gespräche von Konzernchef Karl-Gerhard Eick befänden sich nicht in einem Stadium, in dem über konkrete Summen geredet werde, hieß es. Schon auf der Hauptversammlung Mitte März hatte Eick angedeutet, die Möglichkeit von Staatshilfen auszuloten.

Ob sich die Politik mit einem Arcandor-Rettungspaket indes einen Gefallen täte, ist mehr fraglich. Denn das Unternehmen leidet weniger an den Folgen der Finanzkrise als an hausgemachten Problemen. Der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff hatte das Kerngeschäft - das Verkaufen von Waren - zugunsten reinen Portfoliomanagements in den Hintergrund gedrängt. Die Folgen sind inzwischen in den Bilanzen zu besichtigen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde ein Konzernverlust von 746 Millionen Euro ausgewiesen. Auch die aktuellen Karstadt-Zahlen deuten auf Ungemach.

Den Konzern auf Diät gesetzt

Zudem hatte Middelhoff das Vertrauen der Kapitalgeber in Arcandor ruiniert. Erst als im Herbst vergangenen Jahres das Bankhaus Sal. Oppenheim mit einer Kapitalspritze und einer Minderheitsbeteiligung an Arcandor zu Hilfe eilte, waren andere Banken bereit, dem Unternehmen noch weiter Geld zu leihen. Nun steht Sal. Oppenheim wieder in der Pflicht.

Im Juni muss Konzernchef Eick einem Bankenkonsortium die Refinanzierung von Krediten über insgesamt rund 650 Millionen abtrotzen. Ob das gelingt, wird wohl auch maßgeblich davon abhängig sein, ob die Sal.-Oppenheim-Gesellschafter bereit sind, weiteres Geld zuzuschießen. Und auch die Berliner Politik dürfte sehr genau darauf achten, was der Hauptaktionär leistet, bevor Steuergelder in das Unternehmen fließen.

Klar ist schon jetzt: Der Verhandlungsmarathon mit den Banken könnte um einiges härter werden als der Karstadt-Lauf. Letzterer dürfte zudem deutlich unterhaltsamer werden, schließlich wird das prominente Schwergewicht Reiner Calmund sein läuferisches Glück versuchen.

Ex-Fußballmanager "Iron Calli" hat indes Symbolkraft für den gesamten Arcandor-Konzern. Das Essener Unternehmen steuert in ähnlicher Verfassung wie der XXL-Mann auf den Finanzmarathon zu. Zwar wurde der Konzern in den vergangenen Monaten auf Diät gesetzt, doch für die Gesamtkondition hat das offenbar noch nicht allzu viel gebracht.

Eick - selbst passionierter Läufer - weiß um das Dilemma und gibt inzwischen selbst den "Iron Eick". In der Mitarbeiterzeitung stimmt er seine Belegschaft schon mal auf harte Einschnitte ein: „Wir werden nicht umhinkommen, über sämtliche Kostenstrukturen nachzudenken. Da führt gar nichts dran vorbei. Denn leider müssen wir im Zweifel eher von Umsatzrückgängen ausgehen". Was das Unternehmen jetzt unbedingt brauche, sei Profitabilität. „Denn so, wie Arcandor, als Ganzes betrachtet, zurzeit dasteht, ist das auf Dauer nicht tragbar."

Wie schon bei der Hauptversammlung betont er, dass es von fundamentaler Bedeutung ist, angesichts der knappen Finanzlage die Liquidität für den Konzern sicherzustellen. Das Unternehmen sei auf die Unterstützung der Finanzwelt, also der Banken, angewiesen und könne ohne diese nicht bestehen.

An der Börse kamen seine Äußerungen zur Abhängigkeit des Unternehmens vom Wohlwollen der Banken nicht sonderlich gut an. Der Kurs der Arcandor-Aktie büßte gestern im Verlauf des Handels mehr als 14 Prozent ein. Heute Mittag liegt der Kurs fast unverändert bei 1,63 Euro.

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