
Der Handelskonzern Metro will den Chef des von einer Korruptionsaffäre gebeutelten Elektronikhändlers Media Markt beurlauben. Ein Metro-Sprecher bestätigte Medienberichte, wonach der Haupteigner Metro bei den Minderheitsgesellschaftern auf eine Suspendierung des Managers dringe: „Wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt."
Was Metro dem Manager vorwirft, blieb offen. Media-Markt-Deutschland-Chef Michael R. gehört auch der Geschäftsführung der gemeinsamen Dachgesellschaft der Elektronikhandelsketten Media Markt und Saturn an. Am Mittwoch waren fünf Personen unter dem Verdacht der Korruption bei Media Markt festgenommen worden. Dabei handelte es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Augsburg um den für Süddeutschland zuständigen Media-Markt-Manager Bruno H., dessen Ehefrau und drei Geschäftspartner.
Hintergrund sei der Verdacht, dass ein Werbeunternehmer Schmiergeld in Millionenhöhe gezahlt und im Gegenzug exklusiv DSL-Verträge in den Märkten angeboten haben soll. Insgesamt werde gegen 19 Personen ermittelt. Media-Saturn will sich nach eigenen Angaben von dem Regionalmanager trennen. Zudem prüfe das Unternehmen Schadenersatzansprüche gegen die Beteiligten. Aussagen von Insidern und interne Unterlagen, die der WirtschaftsWoche vorliegen, zeigen im Detail, welchen Spuren die Ermittler folgen.
Projekt Limette
Anfang August 2010 hatten vier Geschäftsführer der MediaSaturn Holding in Ingolstadt gleichlautende Schreiben erhalten. "Die Firma Marketing Vision aus Wetzlar", hieß es darin, habe leitende MediaSaturn-Mitarbeiter "mit mehreren Millionen über Kickbacks geschmiert, um weiterhin überteuerte Agentur-Aufträge" zu bekommen. Ein Absender fehlt, die Inhalte deuten aber auf einen Insider aus dem Agenturumfeld hin.
Jahrelang war die Agenturgruppe Marketing Vision (MV) um den Wetzlarer Unternehmer Peter N. exklusiver Geschäftspartner von Media Markt für bundesweite Promotion-Aktionen für DSL-Produkte. Seine Gruppe heuerte Subunternehmer an, die in den Media Märkten für den Abschluss von DSL-Internet- und Telefonverträgen warben oder Sony-Produkte unters Volk brachten. MediaSaturn wurden anschließend die Arbeitsstunden der sogenannten Promotoren in Rechnung gestellt.
Die Geschäftsbeziehung zwischen MediaSaturn und MV war bereits beendet, als die anonymen Schreiben eintrafen: Wenige Monate zuvor hatte die Agentur Insolvenz angemeldet. Doch die Empfänger der Briefe nahmen die Vorwürfe ernst. Über die Konzernmutter Metro wurden nicht nur Mitarbeiter der internen Revision auf den Fall angesetzt, sondern auch Spezialisten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Der Name ihrer streng geheimen Aufklärungsmission: "Projekt Limette".
Die Recherchetruppe wühlte sich durch Handelsregisterakten und Buchhaltungsunterlagen, befragte einzelne Mitarbeiter und legte Monate später die Ergebnisse der Untersuchung vor. Ob Korruption im Spiel war, konnte zwar nicht geklärt werden, so der Tenor des vertraulichen Berichts, der der WirtschaftsWoche vorliegt. Doch die Fakten zu Unternehmensbeteiligungen und zu den handelnden Personen, die in den anonymen Schreiben geschildert wurden, seien "grundsätzlich richtig".