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Energie Wie Energiekonzerne ihre Atommeiler retten wollen

Bei RWE, E.On, EnBW und Vattenfall kursieren drei Szenarien, wie die vier Energieriesen möglichst viele Atommeiler retten könnten. Auf dem Spiel stehen Extragewinne von bis zu 84 Milliarden Euro.

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Ausfahrt Neckarwestheim 1 (zum Vergrößern der Grafik bitte auf das Lupensymbol klicken)

Die Szene vorige Woche hatte Symbolkraft. Eigentlich wollte der -altgediente Lobbyist des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall, der in Deutschland die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel betreibt,in der Scharnhorststraße in Berlin nur ein Papier übergeben. „Argumente für die Koalitionsverhandlungen“, so hieß die Notiz, die Noch-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), bitte schön, lesen sollte, um die Meinung der Energiekonzerne zur möglichen Zukunft der Kernkraft in Deutschland zu kennen. Die Ausführungen enthielten Tabellen über mögliche Laufzeitverlängerungen sowie Termine für die anstehenden Sicher-heits-checks in den Atommeilern.

Doch zu der Begegnung kam es nicht. Bereits Guttenbergs Vorzimmer lehnte ab: „Die Positionen der Energiewirtschaft sind dem Minister bekannt“, wurde dem Mann mit den Pro-Atom-Argumenten bedeutet. Ernüchtert musste sich der Abgewiesene eingestehen: „Unsere Argumente können auch die Politiker der sich neu bildenden Koalition nicht mehr hören. Wir müssen unsere Strategiepläne allein ausarbeiten.“

Es geht um die Vormacht auf dem Energiemarkt

Das hat jetzt in den Energiekonzernen begonnen. Bis Ende der Koalitionsverhandlungen, das Bundeskanzlerin Angela Merkel für den 9. November anvisiert, wollen die Chefs von RWE, E.On, EnBW und Vattenfall ausloten, was sie von der Koalition verlangen können. Im Zentrum steht die Frage, wer von den vier Energieriesen Kernkraftwerke zuerst abschalten muss und wer mit den kalkulatorisch längst abgeschriebenen Meilern weiter hochprofitabel Strom produziert. Es geht um die Vormacht im deutschen Energiemarkt, um Egos an der Spitze mächtiger Konzerne und um Milliarden unverhoffter Gewinne. Das Freiburger Öko-Institut errechnete, dass eine Laufzeitverlängerung von zehn Jahren – von 2021 auf 2031 – den Unternehmen bis zu 84 Milliarden Euro an Extraprofiten bringt.

Drei Modelle zeichnen sich ab, wie es nach Meinung der Energiemanager mit der Regierung unter der Christdemokratin Angela Merkel und ihrem Vize Guido Westerwelle von der FDP für die Branche weitergehen kann.

Gemeinsam ist den Szenarien – die bei RWE in Essen, E.On in Düsseldorf, EnBW in Karlsruhe und Vattenfall in Berlin gedanklich durchgespielt werden –, dass die Koalitionspartner Laufzeiten der Atommeiler nicht über das Jahr 2031 verlängern. Dann soll selbst nach Schwarz-Gelb Schluss sein mit Kernkraft.

Was hat die Regierung vor?

Die große Frage für die Konzernchefs ist, was die Regierung für die kommenden 21 Jahre bis 2031 mit den Meilern vorhat. Die Skeptiker innerhalb des Atomquartetts, darunter viele Manager um RWE-Chef Jürgen Großmann, rechnen zunächst mit Zurückhaltung bei der Kanzlerin. Sie glauben, dass Merkel in einem ersten Schritt die Stilllegung von vier Kernkraftwerken passieren lässt.

Auf der Abschaltliste stünden dann im Mai 2010 das Kernkraftwerk Neckarwestheim 1 von EnBW und wenige Monate später Biblis A von RWE – beide im Südwesten der Republik. Etwas später folgten zeitgleich Krümmel und Brunsbüttel im hohen Norden. Damit könnte die Kanzlerin zunächst einen Coup landen, um Kernkraftskeptiker in der Opposition, aber auch in den eigenen Reihen zu beruhigen. Die Stilllegungen, so das Kalkül, wären Auftakt für anschließende massive Laufzeitverlängerungen der übrigen 14 Atomkraftwerksblöcke.

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