Allianz steigt aus Kohle-Geschäft aus Wie Anleger die Märkte grüner machen

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London: Der Exölmanager

Die Wege des Herrn sind unergründlich (Römer 11, 33–36). Warum also sollte nicht ein ehemaliger Ölmanager an der Spitze der Church of England (CofE) einer der Pioniere beim Verkauf von Investments in fossile Energieträger sein? Vor seiner Priesterweihe arbeitete Justin Welby elf Jahre in der Ölindustrie beim französischen Mineralölmulti Elf Aquitaine und der britischen Enterprise Oil. Unter seiner Führung als Oberhaupt der Anglikanischen Kirche (85 Millionen Gläubige in 165 Ländern) beginnt die Kirche sich seit diesem Jahr aus Investitionen in fossile Brennstoffe zurückzuziehen – teilweise.

Als CO2-Schleudern hat Edward Mason, Leiter der Abteilung für Ethische Investitionen der Kirche, 13 Unternehmen ausgeguckt, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit dem Abbau von Kohle oder der Gewinnung von Energie aus Ölsanden erzielen. „Das sind die schlimmsten Umweltsünder“, sagt Mason. „Der Klimawandel ist das dringlichste moralische Thema unserer Welt.“ Und Glaubensbruder und Vize-Investor Pastor Richard Burridge betont, bei der Anglikanischen Kirche spielten christliche und biblische Werte auch bei Investitionen eine wichtige Rolle. „Im Hinblick auf den Klimawandel ziehen wir deshalb vor allem die Rolle des Menschen in der Schöpfung, seine Aufgabe als Bewahrer der natürlichen Ordnung unseres Planeten heran.“

DAX Footprint

Das Anlageportfolio der Anglikanischen Kirche ist 6,7 Milliarden Pfund schwer und soll etwa fünf Prozent Rendite pro Jahr abwerfen. 2014 erreichten die kirchlichen Fondsmanager 14 Prozent, in den letzten 30 Jahren waren es durchschnittlich knapp zehn Prozent pro Jahr.

Die Entscheidung, Aktien wegen ihrer Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen der Kirche zu verkaufen, ist für die Fondsmanager der CofE nur der allerletzte Schritt. „Eigentlich ziehen wir es vor, auf die Energie- und Rohstoffkonzerne Druck auszuüben, damit sie ihre Umweltstandards verbessern. Nur wenn sie sich nicht ändern wollen oder können, entscheiden wir uns zum Ausstieg“, sagt Burridge.

Die Mineralölkonzerne BP und Royal Dutch Shell allerdings bleiben mit zusammen über 110 Millionen Euro Depotwert Schwergewichte. Die Kirche hofft, die beiden Ölmultis zu umweltfreundlicherem Verhalten zu zwingen. „Die Mineralölkonzerne haben wir gewarnt, dass unsere Unterstützung für das Management nicht bedingungslos ist“, sagt Mason.

Aus diesem Grunde brachte die Church of England dieses Jahr erstmals bei der Hauptversammlung der beiden Konzerne erfolgreich Resolutionen ein, die von denen konkrete Pläne zum Kampf gegen den Klimawandel verlangen.

Kiel: Der Klimaforscher

Ein rationaler Wissenschaftler, der die Dinge genauso sieht wie die Theologen der Anglikaner? Auch solche Allianzen schmiedet der Kampf gegen die Klimakiller an den Kapitalmärkten.

Der Klimawandel verändert den Weinanbau
Bei vier Grad Erwärmung lägen die Bedingungen der Champagne in England.
An der Südküste Australiens würde die Weinqualität leiden.
Auch in den USA würden sich die idealen Anbaugebiete verlagern.
Und in Neuseeland würde es für Weinanbau im Norden zu heiß.

Mojib Latif ist Klimaforscher am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Er sagt: „Bis jetzt haben die Klimagipfel mit den vielen Ankündigungen nichts gebracht. Seit Beginn der Verhandlungen steigen die Kohlendioxid-Emissionen.“ Immer mehr fossile Energieträger wie Kohle und Öl würden verbrannt. Ausgerechnet ein deutsches Unternehmen, der Energieversorger RWE, zähle zu den größten CO2-Emittenten unter den europäischen Stromerzeugern. „Es ist höchste Zeit, diese Kraftwerke abzuschalten“, fordert Latif. Gerade in Deutschland, wo mit Wind und Sonne nachweislich eine Alternative zu den fossilen Brennstoffen vorhanden sei.

In Deutschland sei die Energiewende zwar schon gut vorangekommen. Immerhin habe es das Land geschafft, die erneuerbaren Energien bezahlbar zu machen. Gleichzeitig aber hielte die Bundesregierung die heimischen Braun- und Steinkohlekraftwerke mit Subventionen weiter am Leben.

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