Bayerische Energieversorgungsgesellschaft Aufsicht wird gegen Discount-Stromanbieter BEV aktiv

BEV: Aufsichtsbehörde wird gegen Discount-Stromanbieter aktiv Quelle: imago images

Nach massenhaften Kundenbeschwerden wird nun die Aufsichtsbehörde gegen den Billigstromanbieter BEV aktiv. Der hatte Kunden die Preise massiv erhöht, teils trotz bestehender Preisgarantie.

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Die Bundesnetzagentur wird gegen den in die Kritik geratenen Billig-Stromanbieter BEV aktiv. Sie eröffnete ein Aufsichtsverfahren wegen intransparenter Zwischenabrechnungen und Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderungen an Rechnungen für Energielieferungen. Das teilte die Aufsichtsbehörde auf ihrer Website mit.

Kunden hatten sich zuletzt massenhaft über die BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft beschwert. Vor Weihnachten hatte BEV vielen von ihnen den Strompreis massiv erhöht, WirtschaftsWoche Online hatte darüber berichtet. In vielen Fällen sollte der monatliche Grundpreis um mehrere hundert Prozent steigen.

Preiserhöhungen sind bei Billig-Stromanbietern keine Seltenheit. Oft kalkulieren diese ihre Tarife so, dass die Kosten im ersten Jahr mit Neukundenbonus nicht kostendeckend sind. Erst wenn ausreichend viele Kunden länger bleiben, kommen die Anbieter auf ihre Kosten. Das Besondere an den Preiserhöhungen von BEV war jedoch, dass auch Kunden mit Preisgarantien betroffen waren. Je nach vertraglicher Regelung sind Preiserhöhungen bei laufenden Garantien nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich.

Anfangs verwies BEV in Kundenschreiben nur recht pauschal auf Veränderungen der Kosten für Energieversorgungsunternehmen, wie zum Beispiel Großhandelspreise und Netznutzungsentgelte. Betroffene Kunden und Verbraucherschützer gehen davon aus, dass diese Preiserhöhungen daher in vielen Fällen nicht wirksam und zulässig sind.

In aktuellen Schreiben legt BEV das nun offen und bittet Kunden, der Erhöhung freiwillig zuzustimmen, weil angesichts der geänderten Rahmenbedingungen die Geschäftsgrundlage gefährdet oder weggefallen sei. Das ist ein bemerkenswerter und bislang wohl einmaliger Vorgang auf dem Strommarkt.

Vor diesen Schreiben hatten zahlreiche Kunden in den Preiserhöhungen kurz vor Weihnachten eine gezielte Strategie gesehen: Denn bei Preiserhöhungen haben Stromkunden ein Sonderkündigungsrecht. Viele BEV-Kunden dürften daher mit einer Kündigung auf die saftigen Preiserhöhungen reagiert haben. Diese könnte für sie aber nachteilige Folgen haben, da BEV versprochene Neukundenboni in der Regel an bestimmte Bedingungen zur Vertragslaufzeit knüpfte, etwa eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten. Bei einem Ausstieg vor Ablauf dieser Zeit könnten die Boni damit wegfallen.

Betroffene vermuteten darin die Strategie hinter der merkwürdigen Aktion. Sie zogen als Anhaltspunkt dafür etwa den jüngsten veröffentlichten Jahresabschluss der BEV für das Jahr 2016 heran. Demnach hatte BEV Ende 2016 allein 18,5 Millionen Euro für Wechselboni zurückgestellt, diese würden „mit einer prognostizierten Einlösequote zum Ansatz gebracht“, hieß es dort. Durch den Ausstieg zahlreicher Kunden vor Erfüllung der Bonuskriterien würde diese Einlösequote womöglich deutlich sinken.

Dem Wegfall der Boni könnten Kunden in diesem Fall nur entgehen, wenn sie keine Sonderkündigung aussprechen. Stattdessen müssten sie der Preiserhöhung schlicht widersprechen, mit Verweis auf eine eventuelle Preisgarantie. Ergänzend könnten sie eine Einzugsermächtigung widerrufen und die vereinbarten Abschläge in ursprünglicher Höhe selbst weiter zahlen. Eine höhere Summe als gemäß dem tatsächlichen Stromverbrauch zu zahlen ist, müssen die Kunden dabei nicht überweisen. Einzelne Kunden berichten zum Beispiel, dass schon elf Abschläge ausreichten, um den tatsächlichen Stromverbrauch abzudecken. Es sollte in diesem Fall kein 12. Abschlag gezahlt werden. In der Vergangenheit war BEV schon mit Abschlagserhöhungen aufgefallen, die auf einem angeblichen Mehrverbrauch basierten. Tatsächlich hatte es diesen Mehrverbrauch aber gar nicht gegeben.

Gemäß den aktuellen Kundenschreiben will BEV nun aber doch weiter zu den ursprünglichen Konditionen Strom liefern, wenn Kunden der „vorzeitigen freiwilligen Erhöhung“ widersprechen. Eine Sonderkündigung wäre demnach nicht nötig.

Nur finanziell durchhalten müsste BEV – trotz der offenbar angespannten geschäftlichen Lage – damit die Neukundenboni später auch wirklich gezahlt werden.

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