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Bioenergie Die Strombauern

Wie ein Dorf im Sauerland energieautark wurde, was Anhänger erneuerbarer Energien davon lernen können – und was nicht.

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Traktor Quelle: Dirk Krüll für WirtschaftsWoche

Milchbauer Hubertus Peitz hat sich neue Tiere zugelegt. Mehrere Millionen sogar. Allerdings sind die Tierchen nur den Bruchteil eines Millimeters groß. Trotzdem holen sie Peitz, so wie seine Kühe, manchmal nachts aus dem Bett. Dann muss der 42-Jährige nachsehen, ob es ihnen zu warm oder zu kalt ist und ob sie genug Futter haben. Zu fressen bekommen sie Mais und Stroh, aber auch Gülle, Exkremente von Nutztieren. Diese wenig appetitliche Mischung bekommt den Tierchen bestens. Es sind Mikroorganismen – unter anderem Essigsäure- und Methanbakterien.

In zwei runden, jeweils drei Meter hohen geschlossenen Silos zersetzen sie in Ebbinghof, einem beschaulichen Weiler im nordrhein-westfälischen Hochsauerland, landwirtschaftliche Abfälle. Am Ende dieses Gärungsprozesses im Fermenter scheiden sie eine Mischung aus Methan und Kohlendioxid aus, kurz: Biogas. Das strömt durch ein unterirdisches Rohr zu einem Schuppen auf Peitz’ Nachbarhof und treibt dort ein Blockheizkraftwerk von der Größe eines Kleinwagens an, das Strom und Wärme produziert.

Die vom niedersächsischen Anlagenbauer Bioconstruct entwickelte Technik steht auf einem Hügel direkt neben den Kuhställen. Auf den ersten Blick sieht es hier nach traditioneller Landidylle aus. Doch wer sich zwischen den schmucken Fachwerkhäusern der knapp 30 Dorfbewohner umsieht, stößt immer wieder auf modernste Technik.

Lokale Stromwende beschlossen

Denn die Biogasanlage von Bauer Peitz ist zwar die jüngste, beileibe aber nicht die einzige regenerative Energiequelle, aus der die Ebbinghofer erfolgreich schöpfen, seit sie 2007 die lokale Energiewende beschlossen haben. Fortan wollten sie Strom und Wärme möglichst komplett selbst erzeugen – umweltverträglich vor Ort und unabhängig von den Schwankungen der Energiepreise.

Überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist

Das Ziel haben sie längst erreicht: Heute kommt der elektrische Strom von mehreren Fotovoltaikanlagen und zwei Windrädern. Und ein gemeinsames Heiznetz versorgt die Höfe mit der Wärme des Blockheizkraftwerks und eines zentralen Brenners, in dem Holzhackschnitzel verfeuert werden. Insgesamt produziert Ebbinghof heute rund fünfmal so viel Strom und doppelt so viel Wärme, wie der Ort selbst benötigt. Den überschüssigen Strom speisen die Bauern für gutes Geld ins Netz der RWE ein. Das macht die autarke Energieerzeugung lukrativ.

Damit stehen die Ebbinghofer exemplarisch für immer mehr ländliche Gemeinden, die Strom und Wärme aus erneuerbaren Energiequellen über den eigenen Bedarf hinaus erzeugen. Gut 150 sind es bereits bundesweit. Tendenz steigend. Dafür gibt es einen guten Grund, weiß Jörg Mayer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien: „Viele sehen darin einen Wirtschaftsmotor für die Region – und es entstehen neue Jobs.“

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