
Die vier Halogenlampen in der Küche flackern, fallen kurz aus, sind dann wieder da und werden schließlich endgültig dunkel. Das Stimme im Radio versiegt, der Kühlschrank wird still, die Anzeigen an der Kaffeemaschine erlöschen. Um kurz nach sieben heute Morgen fällt in ganz München und Umgebung der Strom aus. An einem der bedeutendsten Wirtschaftsstandorte der Republik stehen die Räder still, sitzen die Menschen im Dunkeln.
Viele Münchner können nicht glauben, was da passiert ist. Zunächst der Gang in den Keller: Ist eine Sicherung ausgefallen? Nein, alles in Ordnung. Viele stehen im Bademantel oder halb angezogen auf der Straße, um zu schauen, ob auch bei den Nachbarn alles dunkel ist. Ist das jetzt das Chaos als Folge der Energiewende, das viele Experten schon lange vorhersagen? Und: Wie sicher wird die Versorgung in Bayern im nahenden Winter sein? Das sind die Fragen, die sich viele heute Morgen stellen.





Schon wenige Minuten nach Beginn des Blackouts sieht man überall in der Stadt Polizeiautos mit Sirene und Blaulicht. Viele Ampeln sind ausgefallen. Jetzt regelt die Polizei den Verkehr. Die Feuerwehr rückt aus, um die vielen in Aufzügen eingeschlossenen Menschen zu befreien. U- und S-Bahnen sowie die Tram in der bayerischen Landeshauptstadt blieben mit einem Ruck stehen. Die Fahrgäste blickten sich entsetzt an.
Die größten Stromausfälle in Deutschland
Ganz Hannover und mehrere Gemeinden im Umland liegen nach Ausfällen in einem Kohlekraftwerk und in einem Umspannwerk komplett im Dunkeln. Fast 600.000 Menschen und etliche Industriebetriebe sind von dem Stromausfall betroffen. Nach rund zwei Stunden ist die Versorgung wieder hergestellt.
Der Orkan „Kyrill“ reißt zahllose Stromleitungen ab und verursacht dadurch auch in einigen Regionen Deutschlands tagelange Stromausfälle.
Mehrere Pannen im deutschen Stromnetz sorgen dafür, dass in Millionen Haushalten in Westeuropa die Lichter ausgehen. In Deutschland sitzen weit über eine Million Menschen in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen im Dunkeln.
Nach einem heftigen Wintereinbruch knicken mehr als 80 Strommasten im Münsterland um. Zeitweise sind mehr als 250.000 Menschen von der Versorgung abgeschnitten, Tausende sitzen tagelang im Dunkeln.
Nach einer Explosion in einem Frankfurter Umspannwerk sind rund 45.000 Menschen bis zu zehn Stunden lang ohne Strom, auch der Frankfurter Flughafen ist betroffen.
In Rheinland-Pfalz sind rund 540.000 Menschen betroffen. Die Stromversorgung fällt in manchen Gebieten mehr als drei Stunden aus. Der „Blackout“ wirkt sich auch in Luxemburg aus.
In Gütersloh verursacht ein Sabotageakt einen Stromausfall, der sich auf rund 300.000 Menschen auswirkt.
Nach einer halben Stunde – bei vielen Schülern brach gerade Jubel wegen eines möglichen Unterrichtsausfalls aus - gingen in einigen Stadtteilen die Lichter wieder an. Doch immer noch stehen viele U- und S-Bahnen. Auch staut sich an vielen Stellen der Stadt der Verkehr noch wegen ausgefallener Ampeln. Um kurz vor neun waren einige wenige Bezirke immer noch ohne Strom.
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Der Stromausfall geht offenbar auf "technisches Versagen" im Leitungssystem nördlich der Stadt zurück. "Wir vermuten, dass der Schaden aus dem vorgelagerten Netz kommt", sagte der Geschäftsführer der Münchner Stadtwerke (SWM) für Versorgung und Technik, Stephan Schwarz, am Donnerstagmittag. Details seien aber noch unklar. Die Leitungen, die vom Norden her in die Stadt führten, seien mit dem Netz von E.on Bayern verbunden. "Wir sind mit E.on in Kontakt, aber wir haben noch kein Ergebnis", sagte Schwarz. "Es wird vermutlich eine Stromspitze gewesen sein, die durchgelaufen ist." Dabei sei dann vermutlich zu viel Strom ins Netz geflossen. Grund dafür könnte unter anderem ein Kurzschluss sein. Aus Sicherheitsgründen schalte das Netz in solchen Fällen automatisch ab.
Schadenshöhe ist noch unklar
Zudem kam es laut SWM in der Folge der technischen Störung unter anderem auch zu einer Explosion im Umspannwerk Bogenhausen. Augenzeugen hatten bereits von der Explosion berichtet und gemutmaßt, sie sei die Ursache für den Blackout gewesen. Schwarz betonte, der Vorfall "hatte mit der Energiewende und der ganzen Diskussion um sichere Netze nichts zu tun". Ein Bezug zur Energiewende sei "völlig verfehlt". "Das was heute passiert ist, das hätte auch vor 20 Jahren passieren können."
Nach SWM-Angaben waren rund 450.000 Kunden im südlichen Stadtgebiet zeitweise ohne Strom. Bei der Feuerwehr gingen binnen zwei Stunden 1000 Notrufe ein. Um 8 Uhr hatten zunächst alle Haushalte wieder Strom - allerdings kam es wenige Minuten später erneut zu einem vorübergehenden Stromausfall in den Stadtteilen Bogenhausen und Aubing sowie in der Stadt Moosburg im Landkreis Freising. Für viele Münchener war der Online-Kurznachrichtendienst Twitter die wichtigste Informationsquelle. Bevor die Stadtwerke sich zu Wort meldeten, informierten die Münchner sich gegenseitig per Twitter über den Zustand in ihren Stadtteilen. „Die Kommunikation hätte man vielleicht noch ein bisschen verbessern können“, räumte Schwarz ein. Wie hoch der entstandene Schaden ist, konnten die Stadtwerke zunächst noch nicht beziffern. Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) gab zu bedenken: „Bereits ein einstündiger deutschlandweiter Stromausfall an einem Werktag im Winter kann einen wirtschaftlichen Schaden von einer Milliarde Euro verursachen.“
Mit Material von dadp