




Der durch die Atomwende unter Druck geratenen Energiekonzern RWE verkauft sein Tafelsilber. Vorstandschef Peter Terium kündigte am Dienstag an, die Tochter RWE Dea zu veräußern. Branchenexperten schätzen den Wert des Hamburger Öl- und Gasförderers mit rund 1300 Mitarbeitern auf mehr als vier Milliarden Euro. Das Geld könnte der Versorger gut gebrauchen, hat RWE doch Schulden von 33 Milliarden Euro. Zudem kommt der bereits länger laufende Verkauf anderer Beteiligungen nur schleppend voran. Dank seiner günstigen, aber klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke konnte RWE zwar 2012 seinen Betriebsgewinn steigern. Spätestens nach 2013 erwartet Terium aber deutlich schrumpfende Gewinne.
RWE wolle sich aus der Erforschung und Förderung von Erdöl und Erdgas zurückziehen. Der Konzern beabsichtige daher, sämtliche Anteile von RWE Dea zu veräußern. Die Details der Transaktion seien noch offen. Der Versorger werde aber dadurch seine Investitionen deutlich entlasten. Schon Teriums Vorgänger Jürgen Großmann hatte einen Verkauf des 113 Jahre alten Unternehmens geprüft, später aber lediglich einzelne Teile, wie die Beteiligungen an Öl- und Gasfeldern, zur Disposition gestellt. Aus Konzernkreisen war aber bereits in der Vergangenheit zu hören, dass RWE Dea hohe Investitionen verschlinge, die sich erst nach längerer Zeit bezahlt machten. Dies könne sich RWE nicht mehr leisten.
RWE nach 20 Monaten Energiewende
RWE konnte den Umsatz zwischen 2010 und 2012 bei 52 bzw. 53,2 Milliarden Euro stabil halten.
Der Konzernüberschuss fiel beträchtlich von 7,7 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 5,8 Milliarden Euro im Jahr 2011. 2012 gelang es RWE seine betriebliches Ergebnis = Konzernüberschuss wieder zu verbessern und weist 6,4 Milliarden Euro aus.
Der Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen (Ebitda) fiel von 10,3 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 9,3 Milliarden Euro im Jahr 2012. 2011 lag er bei 8,5 Milliarden Euro.
Der Wert stieg zwischen 2010 und 2012 von 29,0 auf 34,2.
Die bereits abgeschalteten Kraftwerke entsprechen 7,3 Prozent der Gesamtstromkapazität von RWE. Weitere 9,9 Prozent stehen aus.
Der Gasanteil sank von 22 Prozent auf 18 Prozent im Jahr 2012.
Steinkohle hat bei RWE an Bedeutung verloren, der Anteil sankt von 29 Prozent im Jahr 2010 auf 26 Prozent im Jahr 2012.
Braunkohle hat an Bedeutung gewonnen. Der Anteil liegt nun bei 36 Prozent - 2010 waren es noch 31 Prozent.
RWE hat den Anteil der erneuerbaren Energie von 4 Prozent im Jahr 2010 auf 5,1 Prozent im Jahr 2012 gesteigert.
Für diesen Bereich macht RWE leider keine Angaben.
Der Börsenwert fiel von 28 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 19,1 Milliarden Euro im Jahr 2012. Immerhin hat sich RWE im Vergleich zu 2011 wieder deutlich verbessert (2011: 16,5 Milliarden Euro).
RWE ist stark verschuldet. Der hohe Braunkohleanteil bei der Verstromung verhindert den Gewinnabsturz.
Bei Anlegern stieß der geplante Dea-Verkauf weitgehend auf Zustimmung. RWE-Aktien kletterten im Dax um bis zu 4,8 Prozent auf 30,05 Euro, den höchsten Stand seit mehr als sieben Wochen. Die Absicht, RWE Dea komplett zu verkaufen, sei eine positive Überraschung, meint DZ-Bank-Analyst Marc Nettelbeck. Die Auswirkungen auf die RWE-Bilanz seien aber kaum abschätzbar - "wir erwarten aktuell nicht, dass RWE Dea in einem Stück verkauft werden kann".
RWE Dea hatte im vergangenen Jahr dank gestiegener Gas- und Ölpreise sein betriebliches Ergebnis um fast ein Viertel auf 685 Millionen Euro gesteigert. Dea ist in gut ein Dutzend Ländern mit Lizenzen und Büros präsent. Dazu gehören Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Dänemark und Ägypten. Weitere Förderanlagen sind in Algerien und Libyen im Aufbau. In Deutschland betreibt RWE Dea darüber hinaus große unterirdische Erdgasspeicher.