dena-Studie Fossile Kraftwerke auch 2050 unverzichtbar

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Deutschland wird zum Stromimporteur


Die Stromproduktion aus Windkraft- und Solaranlagen ist kaum kalkulierbar. Die bestehenden Netze sind mit den starken Schwankungen überfordert. Quelle: dpa

Zu den größten Problemen zählt die Überproduktion aus Windkraft- und Solaranlagen sowie der Netzausbau. Ab 2020 werde es zunehmend zu Situationen kommen, in denen die Stromerzeugung die Nachfrage übersteigt, zum Beispiel bei gleichzeitig starkem Wind, starker Sonneneinstrahlung und niedrigem Verbrauch. Bis 2050 können rund 66 Terawattstunden beziehungsweise 15 Prozent des im Inland produzierten Stroms aus erneuerbaren Quellen weder im Inland noch im Ausland genutzt werden. Um die Anlagen in diesen Zeiten nicht abregeln zu müssen, wurden in der Studie drei Maßnahmen untersucht, die diesen Verlust insgesamt senken können:

  • flexiblere Gestaltung der Einspeisung aus KWK-Anlagen,
  • Errichtung zusätzlicher Speicherkapazitäten
  • stärkere Anpassung des Verbrauchs an die Erzeugung (Demand-Side-Management).

Trotz dieser temporären Überschüsse werde sich Deutschland langfristig vom Netto-Stromexporteur zum Netto-Stromimporteur wandeln. Die Studienleiter kommen zu dem Schluss: "2050 wird Deutschland im Jahressaldo etwa 134 Terawattstunden – rund 22 Prozent des inländischen Stromverbrauchs – aus dem Ausland importieren müssen, wenn nicht zusätzliche Kraftwerke im Inland gebaut werden." Um die Importe, insbesondere von Strom aus erneuerbaren Energien, handhaben zu können, müsse neben dem bestehenden europäischen Verbundnetz zusätzlich ein sogenanntes Overlaynetz eingerichtet werden, das große Strommengen mit wenig Verlust über große Entfernungen transportieren kann. Zusätzlich müssen die Übertragungs- und Verteilnetze in Deutschland erheblich ausgebaut und weiterentwickelt werden.

Erneuerbare Energien brauchen neues Marktmodell

Die Stromversorgung wird 2050 auf Grundlage des Szenarios deutlich mehr kosten als heute. Ursache hierfür sind hohe Kosten für die deutlich höheren Stromerzeugungskapazitäten, den Aus- und Umbau der Netzinfrastruktur, für Reserve- und Regelenergie, Anbindung der Offshore-Windparks und Flexibilisierungsmaßnahmen wie Stromspeicher. Die erneuerbaren Energien würden unter dem heutigen Marktdesign auch im Jahr 2050 nicht marktfähig sein. Das bedeutet, dass die Stromgestehungskosten erneuerbarer Energien nicht komplett über den Verkaufspreis an der Strombörse gedeckt werden und daher die Differenzkosten auch weiterhin auf den Endverbraucher umgelegt werden müssten.

„Wir brauchen ein neues Strommarktdesign“, sagte Kohler. „Dazu gehören ein europäischer Kapazitätsmarkt, damit sich das Bereithalten von gesicherter Kraftwerksleistung lohnt, und ein grundlegend reformiertes Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Erneuerbaren besser in den Markt und das Stromsystem integriert. Als Industrienation müssen wir uns allerdings auch fragen, wie sehr wir uns von Stromimporten abhängig machen wollen; und wie sehr andere Länder bereit sind, jederzeit Kapazitäten für den deutschen Energiebedarf zur Verfügung zu stellen."

Die Selbstverständlichkeit, mit der manche davon ausgingen, dass Leistungsdefizite im deutschen Energiesystem durch Kraftwerke aus dem Ausland gedeckt werden können, sei verwunderlich, sagte Kohler. "Das Ziel sollte sein, die Stromversorgung in Deutschland auch durch den bevorstehenden Wandlungsprozess hindurch möglichst aus eigener Kraft und zu vertretbaren Kosten zu sichern – mit einem ausgewogenen Mix aus erneuerbaren Energien, konventionellen Kraftwerken, Speichern, Netzausbau, Demand-Side-Management und einer maßgeblichen Steigerung der Energieeffizienz.“

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