Drohnen-Angriff in Saudi-Arabien Nach der Öl-Attacke droht Europa der Inflations-Hammer

Mehrere Drohnenangriffe haben die größte Ölraffinerie in Saudi-Arabien getroffen und Brände ausgelöst Quelle: dpa

Nach den Drohnen-Angriffen auf Öl-Raffinerien in Saudi-Arabien blicken alle auf den Ölpreis. Der ist zu Handelsbeginn stark gestiegen – mit möglicherweise gravierenden Spätfolgen für Europa.

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Fast senkrecht zeigt sie nach oben, die Linie, die den Ölpreis nach Handelsbeginn am Montagmorgen abbildet. Von Freitag auf Montag ist der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent um zeitweise 20 Prozent gestiegen, um dann wieder etwas zu fallen. Am Vormittag stabilisierte sich der Preis bei gut 66 Dollar gegenüber 60 Dollar am Freitag.

Es ist der höchste Kurssprung seit 1991 – und kommt doch nicht überraschend, nachdem am Wochenende die größte Öl-Raffinerie Saudi-Arabiens Ziel eines Drohnen-Angriffs wurde. Immerhin produzieren sie fünf Prozent des weltweit gehandelten Öls.

Die Frage ist nun, wie sich der Preis weiter entwickeln wird – und welche Auswirkungen der gestiegene Ölpreis auf die Wirtschaft hat.

Andere Öl-fördernde Länder wie die USA haben bereits angekündigt, ihre Fördermenge hochzufahren. Ohnehin war das Problem zuletzt nicht Öl-Knappheit, sondern eher ein Überfluss des Rohstoffs. Der sorgte dafür, dass der Preis immer weiter fiel, bis sich die ölfördernden Staaten im Rahmen der Opec darauf einigten, die Fördermenge künstlich gering zu halten. Diesen Entschluss könnten sie nun aufheben. Die USA waren ohnehin nie Teil des Künstliche-Knappheit-Deals und können so nach Gusto mehr fördern.

Öl-Knappheit beherrschbar, Konflikt-Eskalation fatal

Kurzfristig dürfte die Weltwirtschaft so kaum Konsequenzen aus der Drohnen-Attacke spüren, vermuten Experten. Der aktuelle Ölpreis sei im langjährigen Vergleich eher niedrig, argumentiert der Mineralölwirtschaftsverband (MWV). Der Preis habe schon mal über längere Zeit bei mehr als 100 Dollar gelegen. Der MWV bilanziert: „Eine Engpass-Gefahr beim Öl besteht für Deutschland also nicht.“

Auch Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, gibt sich unaufgeregt. Nach dem abrupten Anstieg werde sich der Ölpreis bald wieder normalisieren, vermutete Fuest: „Dauerhaft steigende Ölpreise und folglich Belastungen für die Konjunktur sind nur zu erwarten, wenn das Ölangebot tatsächlich dauerhaft verknappt wird.“

Genau hier sind sich die Experten uneins. War die Drohnen-Attacke ein einmaliger, verschmerzbarer Zwischenfall – oder kündigt sie eine längere Destabilisierung an?  Während Fuest einen längeren Konflikt als unwahrscheinlich betrachtet, sind andere deutlich weniger optimistisch.

„Der Angriff zeigt, wie verwundbar die saudische Ölproduktion ist“, analysiert Ulrich Leuchtmann, Devisen-Experte der Commerzbank. Kommt es zu einem Konflikt, könnten die Folgen unabsehbar sein. „Nicht alle dürften dem ‚stabilen Genie‘ im Weißen Haus zutrauen, dass er diese Krise souverän managt.“ So hat Trumps Regierung Iran für den Angriff verantwortlich gemacht, obwohl zuvor Huthi-Rebellen aus dem Jemen die Tat für sich beansprucht hatten. So oder so ist die Lage in der Region angespannt: Der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran sowie wiederum Iran und den USA hat deutlich an Schärfe zugenommen, allen Geplänkeln am Rande des G7-Gipfels zum Trotz.

Bleibt der Ölpreis hoch, würde das bald die Wirtschaft treffen, davon ist Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg-Bank, überzeugt. „Plötzliche große Ausschläge beim Ölpreis, die durch ein verringertes Angebot entstehen, wirken wie eine Steuer auf Öl-Konsumenten“, analysiert er. „Sie können das weltweite Wirtschaftswachstum beeinträchtigen, vor allem in einer Zeit, in der das Vertrauen ohnehin brüchig ist.“

Um die konkreten Auswirkungen auf Europa zu zeigen, hat Schmieding eine Faustformel parat: Steigt der Ölpreis um zehn Dollar pro Barrel, so steigt innerhalb von zwei Monaten die Inflation in Europa um 0,3 Prozentpunkte. Im selben Umfang fällt das verfügbare Einkommen der Haushalte.

Gerade für Deutschland könnte das kritisch sein, sagt Schmieding: „Für Länder wie Deutschland, die bereits an der Schwelle zur Rezession stehen kann das den Unterschied machen zwischen Stagnation oder einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt.“

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