E.On-Hauptversammlung Energieriese steht vor dem Neuanfang

Am Mittwoch stimmen die Aktionäre über die Aufspaltung des Energiekonzerns in zwei Teile ab. Große Investoren signalisieren Zustimmung. Kleineren geht die Aufspaltung nicht weit genug. Ob sich der Fokus von E.On auf Ökostrom und die Abtrennung der fossilen Kraftwerke rentiert, ist noch völlig offen. Teuer ist sie allemal.

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Johannes Teyssen. Quelle: AP

Es ist sein „Baby“. Und entsprechend aufgeregt ist Johannes Teyssen. Werden die E.On-Aktionäre den Strategiewechsel beim Energieriesen E.On mittragen? Am 8. Juni auf der Hauptversammlung in Essen kommt für den Konzernchef die Stunde der Wahrheit. Von den Anteilseignern, die sich auf den Weg zur Abstimmung in die Grugahalle machen, müssen 75 Prozent der Aufspaltung des Energieriesen in zwei Teile zustimmen.

Durch die halbe Welt ist Teyssen in den vergangenen Wochen getingelt, um in London, New York, Frankfurt und Boston bei den Investoren für einen Neuanfang bei E.On zu werben. Bei den großen erntete er viel Zustimmung. Kleinere, wie der für seine aggressiven Attacken bekannte Hedgefonds Knight Vinke, fordern einen noch größeren Umbau bei E.On. Eric Knight, Chef des Investmentfonds, schrieb in einem Brief an seine Investoren, er habe den E.On-Vorstand und Aufsichtsrat zu überzeugen versucht, auch Gas-Pipelines und Energienetze abzuspalten.

Ihr Wert als eigenständige Infrastruktur-Unternehmen sei weit aus größer als bei einem Energieversorger. Der Fonds hält allerdings nur rund ein Prozent der E.On-Anteile. Wirklich Einfluss nehmen kann er damit nicht. Rein aus einem finanztechnischen Blickwinkel wäre eine solche Abtrennung von Pipelines und Netzen vielleicht sogar sinnvoll, heißt es aus Konzernkreisen. Unternehmerisch mache ein Verkauf der Infrastruktur allerdings keinen Sinn. 

Die Aktionärsstruktur von E.On

Für Konzernchef Teyssen sind die Energienetze ein wichtiges Wachstumsgeschäft für seine neue E.On. Im Dezember 2014 entschied der Vorstandschef, den größten deutschen Energieversorger in zwei Teile aufzuspalten: Die „alte“ E.On trennt sich von den unrentablen Gas- und Kohlekraftwerken und fokussiert sich ganz auf Wind- und Solarstrom, kümmert sich um die abzuwickelnden Atomkraftwerke und betreibt das Geschäft mit Energienetzen. Die fossile Energieerzeugung und der Energiehandel werden in die neue selbstständige Tochtergesellschaft Uniper ausgelagert. Als Befreiungsschlag feierten Investoren die mutige Entscheidung von Konzernchef Teyssen damals. 

Die neue Tochtergesellschaft Uniper will Teyssen im zweiten Halbjahr an die Börse bringen und 53 Prozent der Papiere den Aktionären ins Depot buchen. Teyssen verspricht mit der Aufteilung ein stärkeres Profil für die „alte“ E.On, das neue Investoren anlocken soll. 

von Angela Hennersdorf, Jürgen Salz

Ob sich allerdings, wenn die Aktionäre auf der Hauptversammlung zustimmen, diese Aufteilung rentiert, das bleibt völlig offen. Bisher hat das Riesen-Projekt nur viel Geld und Zeit gekostet. Seit eineinhalb Jahren arbeiten hunderte von E.On-Mitarbeitern und Beratern an der rechtlichen und organisatorischen Teilung des Energieversorgers. Bisher sind dem Vernehmen nach dafür rund 300 Millionen Euro an zusätzliche Kosten angefallen. Geld, was der Düsseldorfer Konzern eigentlich nicht hat. In der Stromerzeugung geht es weiter bergab. Im ersten Quartal fiel der operative Gewinn mit Kohle- und Gaskraftwerken um knapp ein Drittel auf 529 Millionen Euro.

Der große Sprung ist fraglich

Einen großen Sprung nach vorn wird Teyssen mit der strategischen Neuausrichtung nicht sofort machen – das wird eher Jahre als Monate dauern.

Erstens steht eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) an. Die Reform der Bundesregierung sieht vor, dass es statt einer staatlich garantierten Vergütung für die Erzeugung von Ökostrom, zukünftig Ausschreibungen für neue Windenergie geben soll. Der Anbieter, der das günstigste Angebot macht, erhält den Zuschlag, den Wind- oder Solarpark zu bauen. Noch ist die Reform nicht beschlossen, die Wind-Lobbyisten wehren sich gegen mehr Wettbewerb und auch Umweltverbände sind gegen die Reformpläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

Eckpunkte aus E.Ons Bilanz 2015

Gabriel will mit der Reform die Kosten für die Energiewende senken. So würde die Reform des EEG für E.On bedeuten: In das regulierte Geschäft mit Wind- und Sonnenstrom kommt mehr Wettbewerb und das wird auf die Renditen im Geschäft mit Ökostrom drücken.

Atomkosten belasten Neuausrichtung von E.On 

Die zusätzlichen Atomkosten belasten außerdem die Neuausrichtung von E.On. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KfK) hatte Ende April vorgeschlagen, dass die Verantwortung für den Abriss der Meiler bei den Energieversorgern verbleibt. Für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls sollen die Atomkraftwerksbetreiber E.On, RWE, Vattenfall und EnBW insgesamt rund 23 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen.

Wer übernimmt die Zukunft, wer den Ballast?
Eon übernimmt 33 Millionen Kunden – in Deutschland, Großbritannien, Skandinavien, Osteuropa oder der Türkei. Das Geschäft ist solide, die Margen sind aber dünn. Neue Produkte und Dienstleistungen müssen her. Das Problem: Eon wird sich mit neuen, schlagkräftigen Konkurrenten messen. Die heißen, Google, Apple oder Samsung. Fazit: Hoffnungswert. Quelle: AP
Jahrzehntelang produzierten Kohle- und Gaskraftwerke nicht nur Strom, sondern auch Unmengen an Geld. Strom wurde eben in großen, zentralen Anlagen produziert. Jetzt hat per Gesetz grüner Strom Vorrang im Netz und drängt die großen Kraftwerke aus dem Markt. Allein in den ersten neun Monaten brach das Ebitda der Sparte um 32 Prozent ein. Uniper muss retten was noch zu retten ist. Fazit: Sanierungsfall. Quelle: dpa
Eon stieg spät in das Geschäft mit erneuerbaren Energien ein. Inzwischen hat das Unternehmen aber schon Windanlagen mit mehr als vier Gigawatt Leistung installiert – das entspricht rund vier Kernkraftwerken. Bei Offshore-Wind sieht sich Eon weltweit an Nummer zwei, bei Onshore auf Position zwölf. Bald schon wird beim Ebitda die Milliardenmarke geknackt – kein Wunder das Eon die Sparte behält. Fazit: Zukunftsgeschäft. Quelle: obs
Eons Stromleitungen reichen theoretisch 25 Mal um die Erde. Eine Million Kilometer hat der Konzern verlegt. Das Netz will Eon auch behalten und hat gute Gründe: Die Renditen werden zwar von Regulierungsbehörden gedeckelt, aber lieber kleine Renditen als gar keine Renditen wie bald in der Stromproduktion. Fazit: Solides Geschäft. Quelle: dpa
Den Großhandel gibt Eon ab, damit Uniper den Strom aus den Kraftwerken wenigstens selbst vermarkten kann. Die Tochter bewegt Milliarden, kauft Kohle zum Verfeuern ein und bringt russisches Gas in Europa unter. Das war früher einmal ein einträgliches Geschäft, aber auch die Zeiten sind längst vorbei. Fazit: Spekulationsobjekt. Quelle: AP
Jahrelang hat Eon gekämpft, um einen eigenen Zugang zu den russischen Gasfeldern zu bekommen, jetzt übernimmt Uniper das Geschäft. Die neue Gesellschaft ist an einem lukrativen Feld in Westsibirien beteiligt, Juschno Russkoje, fördert dort pro Jahr knapp sechs Milliarden Kubikmeter Gas und fährt solide Gewinne ein. Dumm nur, dass neben dem Strompreis auch der Ölpreis im Keller ist, aber das muss ja nicht so bleiben. Fazit: Dauerbrenner. Quelle: obs
Jahrzehntelang haben die Atomkonzerne mit ihren Reaktoren unverschämt viel Geld verdient, jetzt sind die Anlagen nur noch eine einzige Last. Die Reaktoren müssen teuer abgebaut und die Brennelemente noch teurer entsorgt werden. Kein Wunder, dass Eon die Aufgabe gerne Uniper überlassen hätte. Daraus wird aber nichts: Mit einem neuen Gesetz schob die Bundesregierung dem einen Riegel vor, Eon muss sich um die drei noch aktiven und fünf bereits im Rückbau befindlichen Reaktoren kümmern. Fazit: Ballast. Quelle: dpa

Die bisherigen Rückstellungen der Konzerne dafür in Höhe von 17,2 Milliarden Euro sollen sofort in Bar nach der Einrichtung des Fonds gezahlt werden, was spätestens 2017 der Fall sein könnte. Für den geplanten Aufschlag in Höhe von sechs Milliarden Euro, falls die Kosten für den Atom-Folgekosten steigen, haben die Energiekonzerne bis 2022 Zeit. Um diesen Aufschlag wird weiter gestritten.

Während E.On signalisierte, den Kompromiss zu tragen und den Aufschlag zu zahlen, ist Konkurrent RWE aus Essen nicht bereit, diesen Risikoaufschlag zu zahlen. Teurer wird es auf jeden Fall für E.On & Co.

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