E.On Mehr Schatten als Licht beim Energieriesen

E.On trennt sich endgültig von seinen fossilen Altlasten. Anfang September soll die neue Tochter Uniper an die Börse. Über den Berg ist der gebeutelte Versorger mit der Abspaltung von Kohle und Gas noch lange nicht.

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Wie zukunftsfähig ist die neue E.On? Quelle: REUTERS

Noch ein letztes Mal wird Top-Manager Johannes Teyssen an diesem Mittwoch die Halbjahreszahlen beider Unternehmensteile des Energiekonzerns präsentieren. Zukünftig verantwortet der E.On-Vorstandschef ausschließlich die Geschäfte mit Ökostrom, die Stromnetze und den Vertrieb. Um das konventionelle Stromgeschäft mit Kohle, Gas und den Energiehandel kümmert sich sein Ex-Finanzchef Klaus Schäfer an der Spitze der neuen Tochtergesellschaft Uniper.

Mit großer Zustimmung hatten die E.On-Aktionäre der Aufteilung des Dax-Konzerns in zwei Teile auf der Hauptversammlung des Unternehmens im Juni zugestimmt. Insgesamt 99,68 Prozent des vertretenen Grundkapitals stimmten dafür. Notwendig wäre nur eine Zustimmung von mindestens 75 Prozent der anwesenden Anteilseigener gewesen.

Auch Klagen gegen die beschlossene Abspaltung des Geschäfts mit der fossilen Stromerzeugung in die neue Tochtergesellschaft Uniper gab es keine. Damit ist der Weg frei für die Börsennotierung der neuen Tochter. Für Anfang September ist sie geplant. Für jeweils zehn E.On-Aktien erhält jeder E.On-Aktionär ein Uniper-Wertpapier. Zunächst will der Essener Energiekonzern die Mehrheit von 53,35 Prozent vom Tochterunternehmen abspalten. Die restlichen Anteile sollen aus steuerlichen Gründen erst ab dem Jahr 2018 folgen.

Die wichtigsten Fragen zur E.On-Aufspaltung

Auch wenn damit der Börsengang der neuen Kohle- und Gas-Tochter Uniper erst einmal nicht mehr Geld in die Kasse des Versorgers spielt, ist E.On-Chef Teyssen sichtlich erleichtert, dass die Aktionäre die Aufspaltung ohne Widerstand mittragen. „Für Uniper öffnet sich der Weg in eine eigene Zukunft als selbständiges Unternehmen, das mit einer fokussierten Strategie seine Stärken im klassischen Energiegeschäft voll ausspielen kann“, sagte Teyssen im Juni. Doch ob die Spaltung des finanziell angeschlagenen Energieversorgers in zwei Teile die Heilung beider Unternehmen bringen wird, das muss sich erst noch zeigen. Zweifel sind angebracht.

Teure Atom-Folgekosten

Wie der Konkurrent RWE aus Essen, kämpft auch E.On mit den gefallenen Strom-Großhandelspreisen. Diese sind zwar in den vergangenen Wochen etwas gestiegen. Doch das reicht nicht. Das fossile Stromgeschäft bleibt unter Druck. Im vergangenen Jahr fuhr E.On einen Verlust von sieben Milliarden Euro ein. Im ersten Quartal 2016 konnte der Dax-Konzern hauptsächlich wegen günstigerer Gasbezüge vom russischen Gazprom-Konzern seinen Gewinn steigern. In den ersten drei Monaten dieses Jahres verbesserte sich der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um acht Prozent auf rund drei Milliarden Euro. Doch diese Zahlen können nicht darüber hinwegtäuschen: Es gibt mehr Schatten als Licht bei der neuen grünen E.On und deren Tochter Uniper.

Erster Makel für die neue grüne E.On: Sie muss noch für etliche Jahre mit den Folgen der Atom-Ära leben. Für Anleger, die auf nachhaltige Investitionen setzen, dürfte das ein No-Go-Kriterium sein. Zwar wird der letzte Atommeiler in Deutschland spätestens im Jahr 2022 abgeschaltet. Aber bis dahin sind es noch sieben Jahre.

Und wirklich Schluss ist dann auch noch nicht mit dem leidigen Atom. Die Meiler müssen abgerissen und entsorgt werden. Die Endlagerung des radioaktiven Mülls kostet Milliarden. Rund zehn Milliarden Euro muss E.On voraussichtlich in den von der Bundesregierung geplanten Atom-Fonds einzahlen. Über den Fonds soll die Endlagerung des verstrahlten Atom-Mülls finanziert werden. Ende des Jahres soll dazu ein neues Atom-Gesetz verabschiedet werden.

Noch streiten die vier Atombetreiber E.On, RWE, Vattenfall und EnBW mit der Bundesregierung darüber, wer genau wie viel in den Fonds einzahlen muss. E.On Finanzchef Michael Sen verwies darauf, dass der Konzern zwar über liquide Mittel in Milliardenhöhe verfüge, dennoch müsse der Versorger wegen der Atom-Altlasten womöglich Zukunftsinvestitionen verschieben und zusätzliche Kosten einsparen. Möglich sei auch eine Kapitalerhöhung, sagte Senn Anfang des Jahres. Die Atom-Folgekosten belasten also die neue grüne E.On immens. Dabei benötigt die das Geld eigentlich dringend, um das Geschäft mit Ökostrom voranzutreiben.

Das Ökostrom-Geschäft ist von der Politik abhängig


Die neue grüne E.On setzt auf das staatlich regulierte und durch langfristige Verträge gesicherte Geschäft mit Ökostrom. Besonders aktiv ist der Energiekonzern bei Windkraftanlagen auf hoher See (offshore) und an Land (onshore) sowohl in Europa als auch in den USA. Zwei Drittel des Ergebnisses will E.On-Chef Teyssen künftig mit der Erzeugung von Ökostrom aus Windkraftanlagen und Solarparks erwirtschaften, sagte er im März. In Deutschland wird es mit der Reform des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) zukünftig auch Ausschreibungen für Windkraftanlagen geben. Beim Kampf um die staatlichen Fördergelder über Ausschreibungen wird E.On zwar mithalten können. Trotzdem wird das neue Ausschreibungsverfahren die Rendite von Windprojekten senken, denn zum Zuge werden die günstigsten Anbieter kommen.

Wie abhängig das Ökostrom-Geschäft von den politischen Rahmenbedingungen ist, zeigt sich jetzt etwa in Großbritannien. Eigentlich wollte E.On in Schottland in 2017 einen Windpark an Land bauen. Doch die aktuelle politische Lage im Königreich macht das Projekt unkalkulierbar. Deshalb hält Teyssen eine Millionen-Investition in das Projekt zurück.

Die Aktionärsstruktur von E.On

Seit Monaten streiten die Regierungen in Edinburgh und London über Subventionen für Windkraftanlagen an Land. Im April hatte die konservative Regierung in Großbritannien entschieden, Windanlagen an Land nicht mehr staatlich zu fördern. Das sei nicht mehr notwendig, weil Großbritannien sein Ziel, bis 2020 rund zehn Prozent des Stroms aus Windparks an Land zu gewinnen, schon erreicht habe, hieß es. Die schottische Regierung kündigte juristische Schritte gegen den Subventionsstopp an, weil sie davon überproportional betroffen sei.

In Schottland stehen Investitionen von rund vier Milliarden Euro für 35 geplante Windparks auf der Kippe. Einen davon hatte E.On geplant. Eine zweistellige Millionensumme wollte der Energieriese investieren. Im kommenden Jahr sollte der Bau beginnen. Offenbar lohnt sich das Projekt ohne staatliche Förderung für den Essener Energiekonzern doch nicht. Das zeigt: Das regulierte Geschäft mit Ökostrom ist in höchstem Maße davon abhängig, wie politische Entscheidungsträger schalten und walten. Für ein Unternehmen ist diese Unsicherheit Gift.

Hohe Abschreibungen drohen bei der Kraftwerkstochter Uniper

Auch wenn E.On das konventionellen Stromgeschäft nun in eine Tochter abspaltet, belastet diese den Mutterkonzern auch zukünftig. Offen ist die Frage, wie viel die Gas- und Kohlekraftwerke, die nun die Tochter Uniper betreibt, tatsächlich noch Wert sind. Die gefallenen Strom-Großhandelspreise machen es kaum noch möglich, die fossilen Kraftwerke wirtschaftlich zu betreiben. Stilllegen will Uniper am liebsten das eine oder andere Gaskraftwerk. Doch das ist nicht so einfach. Die Gaskraftwerke sollen vor allem dort, wo nicht genügend grüner Strom vorhanden ist, als Versorgungssicherheit herhalten. Gegen das Verbot sein Gaskraftwerk im bayerischen Irsching stillzulegen, klagt der Konzern.

Schon im April hatte Teyssen angekündigt, es werde weitere Abschreibungen auf fossile Kraftwerke geben. Grund dafür seien die weiterhin geringen Rohstoff- und Strompreise. Eine Neubewertung würde sich auch negativ auf das Ergebnis des Mutterkonzerns auswirken.

In der E.On-Bilanz sind die Anlagen von Uniper insgesamt noch mit rund 15 Milliarden Euro bewertet. Analysten schätzen den Wert auf nur noch rund fünf Milliarden Euro. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Essener Konzern Abschreibungen in Höhe von 8,8 Milliarden Euro vorgenommen. Uniper-Chef Schäfer hat bereits angekündigt, bis 2018 Beteiligungen in Höhe von mindestens zwei Milliarden Euro abstoßen zu wollen. Schäfer will außerdem zahlreiche der knapp 14.000 Jobs bei Uniper streichen. Ausgeschlossen hat Schäfer auch betriebsbedingte Kündigungen nicht.

Insidern zufolge könnte Schäfer seine Beteiligungen an einem russischen Gasfeld und an Gas-Pipelines abstoßen. In Frage käme der Anteil von 25 Prozent an dem sibirischen Gasfeld Juschno Russkoje. Die Beteiligung an diesem Gasfeld wird auf bis zu zwei Milliarden Euro geschätzt. Im Gespräch sind aus Unternehmenskreisen offenbar auch, die Uniper-Anteile an den Erdgas-Leitungen OPA, BBL und Transitgas zu versilbern. Den Wert der Anteile an den drei Gas-Pipelines schätzen Experten auf zusammen 920 Millionen Euro.


Loswerden würde Schäfer am liebsten auch den Anteil von 12,25 Prozent an dem brasilianischen Versorger Eneva. Das Paket ist allerdings umgerechnet nur rund 65 Millionen Euro wert. Ein Käufer ist außerdem weit und breit nicht in Sicht. Mit dem Verkauf von Beteiligungen könnte Schäfer die Uniper-Bilanz verbessern und vor allem das Rating des Unternehmens auf Investment-Niveau halten.

Wenn E.On-Chef Teyssen am Mittwoch die Geschäftszahlen der vergangenen sechs Monate vorlegt, dürfte Investoren vor allem der Blick in die Zukunft interessieren: Wie schlimm steht es tatsächlich um Uniper? Wie hoch ist der Korrekturbedarf bei den fossilen Kraftwerken tatsächlich? Und wie sieht damit der Ausblick für die Entwicklung der neuen grünen E.On aus?

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