Noch ein letztes Mal wird Top-Manager Johannes Teyssen an diesem Mittwoch die Halbjahreszahlen beider Unternehmensteile des Energiekonzerns präsentieren. Zukünftig verantwortet der E.On-Vorstandschef ausschließlich die Geschäfte mit Ökostrom, die Stromnetze und den Vertrieb. Um das konventionelle Stromgeschäft mit Kohle, Gas und den Energiehandel kümmert sich sein Ex-Finanzchef Klaus Schäfer an der Spitze der neuen Tochtergesellschaft Uniper.
Mit großer Zustimmung hatten die E.On-Aktionäre der Aufteilung des Dax-Konzerns in zwei Teile auf der Hauptversammlung des Unternehmens im Juni zugestimmt. Insgesamt 99,68 Prozent des vertretenen Grundkapitals stimmten dafür. Notwendig wäre nur eine Zustimmung von mindestens 75 Prozent der anwesenden Anteilseigener gewesen.
Auch Klagen gegen die beschlossene Abspaltung des Geschäfts mit der fossilen Stromerzeugung in die neue Tochtergesellschaft Uniper gab es keine. Damit ist der Weg frei für die Börsennotierung der neuen Tochter. Für Anfang September ist sie geplant. Für jeweils zehn E.On-Aktien erhält jeder E.On-Aktionär ein Uniper-Wertpapier. Zunächst will der Essener Energiekonzern die Mehrheit von 53,35 Prozent vom Tochterunternehmen abspalten. Die restlichen Anteile sollen aus steuerlichen Gründen erst ab dem Jahr 2018 folgen.
Die wichtigsten Fragen zur E.On-Aufspaltung
Der Energieriese trennt seine konventionellen Gas-, Wasser- und Kohlekraftwerke sowie den Energiehandel ab vom Rest des Konzerns mit den Wind- und Sonnenenergieanlagen, den Stromnetzen sowie den modernen Energie-Dienstleistungsangeboten. Alte und neue Energie hätten sich so stark auseinanderentwickelt, dass beide Bereiche getrennt mehr Zukunft hätten, sagt E.On-Chef Johannes Teyssen. Das sei „Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Eon und Uniper“, schrieb er vor kurzem an die Aktionäre. Aus der alten E.On werden zwei Unternehmen: Der Mutterkonzern schrumpft auf 40.000 Mitarbeiter, 14.000 Beschäftigte arbeiten bei Uniper.
Operativ arbeiten E.On und Uniper schon seit Jahresbeginn komplett getrennt. Im nächsten Schritt nutzt Uniper Kreditzusagen mehrerer Banken über rund 2,5 Milliarden Euro, um alte Kredite der E.On-Mutter abzulösen und sich so auch finanziell auf eigene Füße zustellen. Wenn die Hauptversammlung zustimmt, werden beide Konzernteile dann auch rechtlich getrennt. E.On legt seinen Aktionären gut 53 Prozent der Uniper-Aktien in ihre Depots. Für jeweils 10 E.On-Papiere gibt es einen Uniper-Anteilsschein. Später will sich E.On über die Börse auch vom Rest der Papiere trennen. Läuft alles reibungslos, könnte Uniper schon im dritten Quartal 2016 erstmals eine eigene Bilanz vorlegen.
Es gibt viel Zustimmung für Teyssens Plan. Allerdings haben die Aktionäre angesichts der Krise in der Branche auch das Gefühl, gar keine andere Wahl zu haben. „Wir begrüßen die Aufspaltung. Sie ist aus unserer Sicht alternativlos, um beide Unternehmensteile für die nächsten Jahre über Wasser zu halten“, sagt zum Beispiel der Fondsmanager Thomas Deser von Union Investment. Die Fondsgesellschaft zählt mit gut einem Prozent der E.On-Aktien zu den 20 größten Aktionären. Auch die Aktionärsvereinigung DSW will zustimmen – trotz Bedenken. „Unter der neuen Uniper-Flagge wird das Kohlekraftwerk auch nicht rentabler“, sagt DSW-Geschäftsführer Thomas Hechtfischer.
In der konventionellen Stromerzeugung vor allem mit Gaskraftwerken wird nichts mehr verdient. Die Gewinne schrumpfen immer weiter, weil subventionierter Ökostrom die Märkte flutet – zuletzt auch im ersten Quartal 2016. Wer soll vor diesem Hintergrund eigentlich künftig Aktien des Kraftwerksunternehmens Uniper kaufen, fragen die Aktionärsvertreter. Uniper hat ja selbst gleich zu Beginn ein Sparprogramm und den Verkauf von Firmenbeteiligungen angekündigt. Erst etwa ab 2018 erwartet Uniper wieder eine Belebung des Marktes für konventionelle Stromerzeugung.
Außerdem hat E.On auf Druck der Politik seine deutsche Atomsparte anders als geplant nicht der Erzeugungstochter Uniper zugeschlagen. Das ist unlogisch, denn für die Kernenergie des Konzerns in Schweden ist Uniper zuständig. Auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Fonds, die immer beliebter werden, könnten E.On-Aktien wegen des Atomanteils meiden. „Ein schwerer Geburtsfehler“, sagt DSW-Mann Hechtfischer. Für 2016 haben beide Unternehmen Dividenden versprochen, aber die Analysten fürchten, dass sich das angesichts der schrumpfenden Erträge später ändern könnte.
Branchenweit müssen die Stromkunden mit weiteren Erhöhungen rechnen – allein schon, weil der teure Ausbau der Netze über den Strompreis mitfinanziert wird. Auch die EEG-Umlage dürfte weiter steigen. Angesichts der schlechten Ertragslage bei E.On ist dann kaum damit zu rechnen, dass der Konzern seine Strompreise für die Endverbraucher stabil hält. Allein 2015 habe der Energieriese seinen Kunden Strompreiserhöhungen zwischen drei und elf Prozent ins Haus geschickt, sagt Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW. Der Großkonzern gehöre wie RWE regelmäßig zu den teuersten Stromanbietern im Vergleich – woran sich auch durch die Abspaltung nichts ändern dürfte.
Auch wenn damit der Börsengang der neuen Kohle- und Gas-Tochter Uniper erst einmal nicht mehr Geld in die Kasse des Versorgers spielt, ist E.On-Chef Teyssen sichtlich erleichtert, dass die Aktionäre die Aufspaltung ohne Widerstand mittragen. „Für Uniper öffnet sich der Weg in eine eigene Zukunft als selbständiges Unternehmen, das mit einer fokussierten Strategie seine Stärken im klassischen Energiegeschäft voll ausspielen kann“, sagte Teyssen im Juni. Doch ob die Spaltung des finanziell angeschlagenen Energieversorgers in zwei Teile die Heilung beider Unternehmen bringen wird, das muss sich erst noch zeigen. Zweifel sind angebracht.
Teure Atom-Folgekosten
Wie der Konkurrent RWE aus Essen, kämpft auch E.On mit den gefallenen Strom-Großhandelspreisen. Diese sind zwar in den vergangenen Wochen etwas gestiegen. Doch das reicht nicht. Das fossile Stromgeschäft bleibt unter Druck. Im vergangenen Jahr fuhr E.On einen Verlust von sieben Milliarden Euro ein. Im ersten Quartal 2016 konnte der Dax-Konzern hauptsächlich wegen günstigerer Gasbezüge vom russischen Gazprom-Konzern seinen Gewinn steigern. In den ersten drei Monaten dieses Jahres verbesserte sich der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) um acht Prozent auf rund drei Milliarden Euro. Doch diese Zahlen können nicht darüber hinwegtäuschen: Es gibt mehr Schatten als Licht bei der neuen grünen E.On und deren Tochter Uniper.
Erster Makel für die neue grüne E.On: Sie muss noch für etliche Jahre mit den Folgen der Atom-Ära leben. Für Anleger, die auf nachhaltige Investitionen setzen, dürfte das ein No-Go-Kriterium sein. Zwar wird der letzte Atommeiler in Deutschland spätestens im Jahr 2022 abgeschaltet. Aber bis dahin sind es noch sieben Jahre.
Und wirklich Schluss ist dann auch noch nicht mit dem leidigen Atom. Die Meiler müssen abgerissen und entsorgt werden. Die Endlagerung des radioaktiven Mülls kostet Milliarden. Rund zehn Milliarden Euro muss E.On voraussichtlich in den von der Bundesregierung geplanten Atom-Fonds einzahlen. Über den Fonds soll die Endlagerung des verstrahlten Atom-Mülls finanziert werden. Ende des Jahres soll dazu ein neues Atom-Gesetz verabschiedet werden.
Noch streiten die vier Atombetreiber E.On, RWE, Vattenfall und EnBW mit der Bundesregierung darüber, wer genau wie viel in den Fonds einzahlen muss. E.On Finanzchef Michael Sen verwies darauf, dass der Konzern zwar über liquide Mittel in Milliardenhöhe verfüge, dennoch müsse der Versorger wegen der Atom-Altlasten womöglich Zukunftsinvestitionen verschieben und zusätzliche Kosten einsparen. Möglich sei auch eine Kapitalerhöhung, sagte Senn Anfang des Jahres. Die Atom-Folgekosten belasten also die neue grüne E.On immens. Dabei benötigt die das Geld eigentlich dringend, um das Geschäft mit Ökostrom voranzutreiben.