Energie liefern Solarpaneele auf Dächer von Supermärkten oder Wohnhäusern- Windräder, die Kommunen selbst aufstellen oder kleineren städtischen Biogasanlagen. Schon jetzt gibt es in Deutschland über 1,3 Millionen dezentral organisierte Grünstromanlagen. Christoph Burger, Energieexperte der European School of Management in Berlin: "Das Radikale an der Energiewende ist nicht etwa der Umstieg auf die Erneuerbaren Energien, sondern dass von nun an jeder Haushalt sein eigener Energieversorger werden kann. Das kehrt die gesamte traditionelle Wertschöpfungskette um.“
Was bleibt den großen Vier - E.On, RWE, EnBW und Vattenfall - angesichts dieser Perspektiven übrig?
Im Zweifelsfall: Rückzug aus Deutschland. "Ich könnte mir vorstellen, dass Vattenfall in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren noch die Renditen seiner Braunkohlekraftwerke in Deutschland mitnehmen möchte und dann geht", glaubt Leprich. Spätestens nach dem Volksentscheid in Hamburg, wo sich die Bürger für den Rückkauf ihrer Stromnetze entschieden haben, ist klar, dass die Perspektive für den Konzern in Deutschland immer schlechter werden. Und die Schweden stehen ohnehin schon unter Druck. Als Staatskonzern ist Vattenfall an die Vorgaben der schwedischen Regierung gebunden und die sieht es überhaupt nicht gerne, dass der Konzern in Deutschland für den Braunkohle-Tagebau steht, nicht aber wie politisch gefordert für sauberen, grünen Ökostrom.
EnBW nach 2,5 Jahren Energiewende
Zwischen 2010 und 2012 stieg der Umsatz von 18,76 auf 19,25 Milliarden Euro. Von Januar bis September 2013 steigerte EnBW seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwar um 8,5 Prozent auf 15,55 Milliarden Euro.
Das Ebitda sank zwischen 2010 und 2012 von 3,3 Millionen auf 1,8 Millionen Euro. Nach den ersten neun Monaten 2013 liegt das Ebitda bei 1,5 Milliarden Euro und damit 16 Prozent unter dem Vorjahreswert. Für das Gesamtjahr rechnet EnBW mit einem Ergebnis das fünf bis zehn Prozent unter dem von 2012 liegen wird.
Der Konzernüberschuss ging von 2010 auf 2011 von einer Million auf minus 800.000 Euro zurück. 2012 lag er bei plus 473 Millionen. Von Januar bis September 2013 kam ein Überschuss von 234 Millionen Euro zustande, das entspricht einem Rückgang um 59 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
EnBW weist den Wert nur jährlich aus, daher liegen zum dritten Quartal 2013 keine neuen Zahlen vor. Der Anteil der Kernenergie ging von 48 Prozent im Jahr 2011 auf 44 Prozent im Jahr 2012 zurück, während sich der Anteil der erneuerbaren Energien von 10 Prozent auf 12 Prozent erhöhte. Braunkohle liefert gut 11 Prozent der Energie, Steinkohle 27 Prozent, Wasserkraft 9 Prozent. Windkraft unter einem Prozent.
Bleiben noch drei Kandidaten. "EnBW steht mit dem Rücken zur Wand", urteilt Leprich, der für den Konzern vor gut zwei Jahren ein Gutachten für den baden-württembergischen Konzern verfasst hat, in dem es um Geschäftsmodelle der Zukunft ging. Um zu überleben, muss EnBW aber einen Schritt zurück machen - weg vom großen Geschäft mit den großen Kraftwerken, hin zum kleinteiligen Dienstleistung für Kommunen und Privatkunden. "Wenn es EnBW gelingt, sich als regionaler Infrastrukturdienstleister in Baden-Württemberg aufzustellen, hat das Unternehmen noch eine Zukunft", glaubt Leprich. Ob das gelingt, ist völlig offen. Im Moment, so Leprich, führe EnBW eine einzige Abwehrschlacht.
Mit Stuttgart droht dem Konzern ein großer Kunde wegzubrechen. Die Stadt will ihre Wasserversorgung rekommunalisieren. Und das Dienstleistungsgeschäft das Mastiaux bis 2020 weiter ausbauen will, bringt längst nicht die Renditen, die einst die Kraftwerke brachten. Wettmachen lassen sich die Verluste damit nicht. Noch fehlen EnBW nach eigener Aussage auch die richtigen Mitarbeiter, nämlich solche mit vertrieblichen Fähigkeiten, die „das Geschäft vom Kunden her denken“, sagte Mastiaux kürzlich in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung.
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist EnBW weit hinter den Wettbewerbern zurück. Kernkraft-, sowie Braun- und Steinkohle machten im letzten Jahr noch über 70 Prozent im Strommix aus. Bei der Windkraft liegt der Anteil noch immer unter einem Prozent. Da ist noch viel Luft nach oben. Im Sommer kündigte der EnBW-Chef an, allein bei den Onshore-Anlagen die Kapazitäten von derzeit 200 Megawatt auf rund 1750 Megawatt erhöhen. „Wir werden hier deutlich Fahrt aufnehmen“, so Mastiaux‘ Worte. EnBW müsse zum "Maschinenraum der Energiewende" werden.