
Gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Stefan Mappus (CDU), und den Morgan-Stanley-Banker Dirk Notheis ermittel die Staatsanwaltschaft Stuttgart im Zusammenhang mit dem Erwerb der Aktien des baden-württembergischen Energieversorgers EnBW durch das Land im Dezember 2010. Es geht um den Verdacht der Untreue und der Beihilfe dazu.
Die Strafverfolger schlugen massiv zu: Gleich an acht Orten, in Pforzheim, Mühlacker, Bad Soden, Ettlingen, Frankfurt, Düsseldorf, Karlsruhe und Stuttgart, wurden von über 50 Polizisten Privatwohnungen und Büros durchsucht. Dabei wurden Schriftstücke und Daten „sichergestellt“, wie es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft heißt.
Die EnBW-Geschäftsfelder
Den größten Anteil am EnBW-Geschäft macht das Stromnetz und der Stromvertrieb aus. Hierauf entfielen im Geschäftsjahr 57,2 Prozent des Umsatzes. Der Ertrag stieg von 10,2 Milliarden Euro im Jahr 2010 um 5,4 Prozent auf 10,7 Milliarden.
29 Prozent macht das Geschäft mit Stromerzeugung und Stromhandel am EnBW-Umsatz aus. Dort verzeichnete der Konzern 2011 den größten Umsatzsprung. Erwirtschaftete der er damit 2010 noch 4,8 Milliarden Euro, waren es vergangenes Jahr 13,1 Prozent mehr (5,4 Milliarden).
Gas ist mit einem Umsatzanteil von 9,7 Prozent das drittgrößte Geschäft für EnBW. In diesem Segment verzeichnete der Konzern im Geschäftsjahr 2011 den niedrigsten Umsatzanstieg. Der Ertrag kletterte um 1,7 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro (2010: 1,8 Milliarden Euro).
Die kleinste Geschäftseinheit sind nach Ertrag die Energie- und Umweltdienstleistungen. Sie machten mit ihren 780,4 Millionen Euro im Jahr 2011 einen Umsatzanteil von 4,1 Prozent aus. Immerhin stieg der Umsatz der Sparte am zweithöchsten (9,7 Prozent). 2010 erwirtschaftete die Einheit noch 711,2 Millionen Euro.
Bei der Staatsanwaltschaft, die lange zögerte, Ermittlungen aufzunehmen, löste der Rechnungshofbericht über den Verkauf der Anteile des französischen Energiekonzerns EdF an EnBW an das Land Baden-Württemberg die Argwohn aus, die zu dem Anfangsverdacht führt. Danach war der Erwerb der Aktien „nicht ordnungsgemäß vorbereitet.“ Auch habe eine „ausreichende Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht stattgefunden“.
Die Staatsanwaltschaft stößt sich ferner daran, dass das Verkaufsverfahren bei Vertragsschluss sowohl der Landesverfassung als auch der Landeshaushaltsordnung widersprochen, „weil weder Landtag noch das Finanzministerium informiert worden“ seien. Es sei möglich, dass sich der Verkaufspreis um 181 Millionen Euro erhöht haben könnte, weil EdF Kaufpreiskonditionen zugestanden wurden, die nicht nachvollziehbar seien, so die Strafverfolger.
Der Rechnungshofbericht belastet den früheren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Stefan Mappus (CDU) und seinen Investmentberater Notheis nach Ansicht der Staatsanwaltschaft offenbar schwer. Wer meinte, es hätte um den Anteilsverkauf zwischen EdF und dem Land Verhandlungen mit harten Bandagen gegeben, wird eines Besseren belehrt.
In dem 95-seitigen Gutachten wird ein Vermerk zitiert, den ein Rechtsanwalt einer renommierten Kanzlei nach einem Gespräch zwischen Mappus, Notheis und dem EdF-Chef Henri Proglio anfertigte. In dem Bericht soll Informanten aus dem Landtag zufolge, der dort seit geraumer Zeit vorliegt, dieser Vermerk mit den Worten zitiert sein, dass Ministerpräsident Mappus erklärte habe, der Buchwert der Aktie liege bei 39,90 Euro. Dies sei der Kaufpreis. Proglio soll erklärt haben, er wünsche 40 Euro pro Aktie und Mappus daraufhin erklärt habe, 40 Euro seien auch in Ordnung.
Tage später soll Mappus nach Erkenntnissen der Rechnungsprüfer einen Kaufpreis von 41,50 Euro versprochen haben, um auch noch die voraussichtliche Dividende für das Jahr 2010 einzupreisen. Eine solche Dividendenkompensation sei, so sagen andere Investmentbanker, allerdings nicht unüblich. Dass aber die Ministerien nicht eingebunden waren, begründet gerade den Untreueverdacht, den die Staatsanwälte in Stuttgart offenbar nun zum spektakulären Handeln zwang.