Energie LNG-Infrastruktur wächst – Scholz eröffnet zweites Terminal

Das schwimmende LNG-Terminal «Neptune» im vorpommerschen Lubmin. Quelle: dpa

Am Samstag wird Bundeskanzler Olaf Scholz das zweite LNG-Terminal eröffnen - der Start wird jedoch von Kritik begleitet.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Deutlich weniger als ein Jahr hat es gedauert, bis die ersten LNG-Terminals in Deutschland betriebsbereit waren. Nach Wilhelmshaven gibt Kanzler Scholz nun auch in Lubmin den Startschuss.

Erst das niedersächsische Wilhelmshaven, nun Lubmin in Vorpommern – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am Samstag das zweite deutsche Terminal zum Import von Flüssigerdgas offiziell eröffnen. Zur Übergabe der letzten ausstehenden Genehmigung an die Betreiber wird auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) erwartet. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist erkrankt und nimmt daher nicht an der Eröffnung teil.

Wie das Terminal in Niedersachsen steht die Lubminer Anlage für die Bemühungen Deutschlands, Alternativen zu schaffen für ausbleibende russische Gaslieferungen. Die Terminals stehen ebenso für das hohe Tempo, das die Verantwortlichen beim Aufbau einer eigenen deutschen Import-Infrastruktur für Flüssigerdgas (LNG) an den Tag gelegt haben. Innerhalb von Monaten wurden die Terminals geplant, genehmigt und gebaut.

Wie das Terminal in Niedersachsen steht die Lubminer Anlage für die Bemühungen Deutschlands, Alternativen zu schaffen für ausbleibende russische Gaslieferungen. Die Terminals stehen ebenso für das hohe Tempo, das die Verantwortlichen beim Aufbau einer eigenen deutschen Import-Infrastruktur für Flüssigerdgas (LNG) an den Tag gelegt haben. Innerhalb von Monaten wurden die Terminals geplant, genehmigt und gebaut.

Der Weg zu Deutschlands erstem LNG-Terminal

In den vergangenen Jahren hatte Deutschland einen Großteil seines Erdgases über die deutsch-russische Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 bezogen. Nach vorhergehenden Drosselungen kommt gar nichts mehr über diesen Weg. Außerdem ist die Leitung wie die nie in Betrieb gegangene Schwesterleitung Nord Stream 2 durch mutmaßliche Sabotage stark beschädigt.

Einspeisekapazität von etwa fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas

Flüssigerdgas (LNG) wird aus mehreren Regionen der Welt per Schiff geliefert, wieder in Gas umgewandelt und in das Gasnetz eingespeist. Neben einem stärkeren Bezug etwa von Pipeline-Gas aus Norwegen soll LNG ausbleibende russische Lieferungen ersetzen. Wie in Wilhelmshaven nimmt in Lubmin ein Spezialschiff das LNG auf, wandelt es um und speist es ein. Diese schwimmenden Terminals konnten schneller in Stellung gebracht werden als feste Anlagen, die auch geplant sind. Der Bund hat mehrere schwimmende Terminals gechartert. Ein weiteres soll in Kürze in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein an den Start gehen.

Die bereits eingesetzten oder eingeplanten schwimmenden Terminals haben je nach örtlichen Gegebenheit eine Einspeisekapazität von etwa fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich. Allein über Nord Stream 1 kamen 2021 fast 60 Milliarden Kubikmeter. Nach früheren Angaben will Deutschland im Winter 2023/24 etwa ein Drittel des bisherigen Gasbedarfs über die schwimmenden LNG-Terminals decken. Dafür sollen bis dahin weitere an den Start gehen - etwa in Stade in Niedersachsen und ein zusätzliches vor Lubmin.

Das russische Pipelinegas fehlt, jetzt soll LNG die Wirtschaft befeuern. Der rasante Aufbau von Importterminals weckt Hoffnung. Aber wer liefert das Gas? Die Deutschen stecken in einem teuren Bieterkampf.
von Florian Güßgen

Zuletzt wurde etwa von Umweltverbänden kritisiert, dass Deutschland langfristig Überkapazitäten für den Gasimport schafft und so auch den angestrebten Ausstieg aus fossilen Energieträgern behindert. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte darauf verwiesen, dass es bei geplanten Projekten auch Unsicherheiten gebe und man Sicherheitspuffer für mögliche Ausfälle schaffen wolle. Zudem gehe es auch um eine Erweiterung der Infrastruktur auf europäischer Ebene, von der auch andere Länder profitieren könnten.

War vergangenes Jahr noch vor einer Gasmangellage in diesem Winter gewarnt worden, erscheint das Szenario derzeit unwahrscheinlich. Zuletzt waren die Gasspeicher in Deutschland noch zu über 90 Prozent gefüllt. Unter anderem haben Privathaushalte und Wirtschaft ihren Verbrauch gesenkt.

Die Füllstände nehmen nach Beginn der Heizperiode im Herbst üblicherweise ab. Am Morgen des 14. November wurde ein Füllstand von 100 Prozent verzeichnet. Am 1. Februar sollen die Speicher laut Energiewirtschaftsgesetz noch zu 40 Prozent gefüllt sein. Im vergangenen Jahr spielten zumindest zeitweise auch direkte russische Gasimporte noch eine Rolle. Diese dürfte es bis zum nächsten Winter nicht mehr geben. Auch das Wetter ist ein Einflussfaktor. Ein strenger Winter lässt den Gasverbrauch steigen. Zuletzt waren die Temperaturen vergleichsweise mild.

Mit einer Schiffsparty ist in Wilhelmshaven das neue, schwimmende LNG-Terminal eröffnet worden. Mit dabei: Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner – alle drei in ganz besonderen Outfits.
von Florian Güßgen

Proteste angekündigt

Das Lubminer Terminal ist das nach Betreiberangaben bislang einzige komplett privat finanzierte Terminal in Deutschland. Das Unternehmen Deutsche Regas spricht von Kosten in Höhe von etwa 100 Millionen Euro, die aus Eigenkapital und von Investoren stammten. Anfang der Woche war im Rahmen eines genehmigten Testbetriebs erstmals Gas ins Gasnetz eingeleitet worden. In Wilhelmshaven war es Ende vergangenen Jahres bereits soweit gewesen. Nach Erhalt der eigentlichen Betriebsgenehmigung könne man auch jenseits der bisher geltenden Beschränkungen Gas einspeisen, hieß es von der Deutschen Regas.

Die Starts der beiden Terminals sind von Kritik begleitet. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat bereits Widerspruch gegen die Betriebsgenehmigung des Terminals in Wilhelmshaven eingelegt und fordert, die Betriebsdauer von 20 Jahren auf höchstens 10 Jahre zu beschränken. Außerdem kritisiert die DUH das Einleiten von mit Bioziden behandeltem Abwasser ins Meer.

Abbau von Jobs Früher in die Rente: So viel Abfindung brauchen Sie

In Zeiten von Personalabbau stehen oft ältere Mitarbeiter im Fokus, etwa bei Volkswagen. Mit ausreichender Abfindung können sie Einbußen bei einer Frührente ausgleichen. Wie viel? So finden Sie es in 5 Schritten heraus.

Fruchtbarkeitskliniken Warum sich viele Deutsche ihren Kinderwunsch nur in Spanien erfüllen können

Fertilitätskliniken boomen. Viele Paare zieht es nach Spanien, wo vieles möglich ist, was Deutschland nicht erlaubt.

Peter Herweck Dieser Überläufer macht Schneider Electric zum besseren Siemens

Schneider Electric ist bei KI in der Position, die Siemens gern hätte. Chef der Erfolgstruppe: Ex-Siemens-Mann Peter Herweck.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Mit Blick auf Lubmin kritisieren Verbände eine aus ihrer Sicht überstürzte Genehmigung und verweisen darauf, dass derzeit kein Gasmangel drohe. Ihrer Ansicht nach wurden etwa Auswirkungen auf den geschützten Greifswalder Bodden, durch den die Tanker das LNG transportieren, nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem gibt es Klagen von Anwohnern über Lärm, den sie mit dem Terminal in Verbindung bringen. Behörden haben bereits Messungen veranlasst. Für die offizielle Eröffnung sind Proteste angekündigt.

Lesen Sie auch: Der schnelle Aufbau der LNG-Terminals – und seine Risiken

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%