Energietechnik Ein größerer Vorstand soll Siemens Energy endlich aus der Krise führen

Siemens Energy vergrößert seinen Konzernvorstand – mit Anne-Laure de Chammard (rechts) zieht eine Topmanagerin des französischen Energieversorgers Engie in das Gremium ein. Quelle: imago images

Die Engie-Managerin Anne-Laure de Chammard übernimmt die wohl schwierigste Aufgabe bei Siemens Energy. Mit dem neuen Vorstand zieht Konzernchef Bruch die operative Geschäftsverantwortung in das oberste Führungsgremium.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Der kriselnde Energietechnik-Konzern Siemens Energy will seine Restrukturierung mit der Erweiterung seines Vorstands vorantreiben. Mit der Französin Anne-Laure de Chammard, einer Topmanagerin des französischen Energieversorgers Engie, bestellt Siemens Energy eine zweite Frau in seinen dann sechsköpfigen Vorstand.

Aus den eigenen Reihen rückt Vinod Philip, zuletzt Cheftechnologe und -stratege des Konzerns, in das oberste Leitungsgremium auf. Beide hätten „alles, was es braucht, um eine der relevantesten Industrien unserer Zeit erfolgreich zu führen und zu transformieren“, sagte Chefkontrolleur Joe Kaeser laut Pressemitteilung.

Die 40-jährige Ingenieurin de Chammard übernimmt ab November im Vorstand die wohl schwierigste Aufgabe: die Leitung des soeben neu zugeschnittenen Geschäftsfelds „Transformation of Industry“ (TI). Im Geschäftsjahr 2021 kam die Sparte auf 3,9 Milliarden Euro Umsatz und war defizitär, mit einer negativen Ergebnismarge vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita-Marge) von minus 2,5 Prozent. 

Umso höher gesteckt sind die Erwartungen an die neue Vorstandskollegin. Konzernchef Christian Bruch hatte für die TI-Sparte auf einem Investorentag im Mai ambitionierte Ziele verkündet: TI soll bis 2030 jährlich um durchschnittlich 9 Prozent wachsen und bereits 2025 eine Ebita-Marge von 6 bis 8 Prozent erreichen.

Die TI-Sparte umfasst eine sehr breite Palette von Geschäften, die wenig miteinander zu tun haben: Dazu gehören Zukunftsfelder wie Automatisierung (1 Milliarde Euro Umsatz, 4 Prozent Marge) und grüne Energiesysteme wie Wasserstoff, Elektrolyzer und Fotovoltaik (27 Millionen Euro Umsatz, minus 200 Prozent Marge). 

Durch die Neuorganisation zieht die operative Verantwortung in den Konzernvorstand

Die größeren Geschäfte von TI jedoch sind Sanierungsfälle, nämlich die Industriedampfturbinen (1,3 Milliarden Euro Umsatz, 2 Prozent Marge) sowie die Kompressoren, primär für die Öl- und Gasindustrie (1,6 Milliarden Euro Umsatz, minus 7 Prozent Marge). Das Kompressorgeschäft hatte Kaeser 2015 in seiner Zeit als Siemens-Chef für 7,8 Milliarden Dollar akquiriert, durch die Übernahme der US-Firma Dresser-Rand. Seither hat sich der Umsatz in etwa halbiert.

Bei Engie gehörte de Chammard nicht dem Konzernvorstand an, sondern leitete als Bereichsvorständin das internationale Geschäft des Energieversorgers mit rund 4 Milliarden Euro Umsatz und 20.000 Mitarbeitern in 20 Ländern. Davor arbeitete die einstige Unternehmensberaterin für das französische Energie- und Umweltministerium und den Inspektions- und Zertifizierungsanbieter Buerau Veritas.

Bereits per Oktober steigt der gebürtige Inder und amerikanische Staatsbürger Vinod Philip in den Vorstand auf und verantwortet dort Schlüsselfunktionen wie Einkauf, Logistik, IT und Projektabwicklung. Der 48-Jährige mit Master in Materialwissenschaft und Master in International Business ist seit fast 20 Jahren in der Siemens-Energietechnik tätig. Vor seiner aktuellen Position leitete er den Service für fossile Kraftwerke.

Mit der Neuorganisation streicht Bruch de facto eine Führungsebene und zieht die operative Geschäftsverantwortung in den Konzernvorstand. Dort wird sich Karim Anim künftig auf fossile Kraftwerke und dazugehörige Services konzentrieren. Tim Holt behält seine Zuständigkeit für Übertragungsnetze sowie alle Aktivitäten rund um die Energiespeicherung. Finanzvorstand ist mit der Kanadierin Maria Ferraro eine weitere Frau. Mit den Neubesetzungen seien künftig fünf Nationalitäten im Vorstand vertreten, schreibt Siemens Energy.

Agrarkonzern Was wirklich hinter dem Machtkampf bei der BayWa steckt

Nach dem Abgang des BayWa-Regenten Klaus Lutz räumt sein Nachfolger auf. Es war wohl höchste Zeit: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten streicht BayWa jetzt sogar die Dividende.

Villeroy & Boch „Buttermesser werden immer weniger nachgefragt“

Gabi Schupp muss Villeroy & Boch durch die Krise führen – und eine große Übernahme stemmen.

Standort Deutschland Wenn der Aufschwung nicht kommt, dürfte es eng werden für Habeck

Robert Habeck wollte den Aufbruch – und kämpft gegen den Abstieg der deutschen Wirtschaft. Längst geht es auch um seine politische Karriere.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Bruch hatte im Mai angekündigt, die Führungsetagen auszudünnen und rund 30 Prozent der bisherigen Managementpositionen zu streichen. Damit werde das Unternehmen „breiter und flacher“.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%