Energiewende Teyssen gibt E.On neuen Kurs

Seit 2010 ist Johannes Teyssen E.On-Chef. Quelle: REUTERS

Die Energiewende hat dem alten Geschäftsmodell der großen Konzerne schwer zugesetzt. E.On-Chef Teyssen hat darauf mit einem radikalen Kurswechsel reagiert, der für dauerhafte Gewinne sorgen soll.

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„Energie war noch nie langweilig - aber heute passiert unglaublich viel“, hat E.On-Chef Johannes Teyssen die Lage auf dem Strommarkt in Deutschland beschrieben. Er selbst hat daran gehörigen Anteil. In nicht einmal vier Jahren hat Teyssen den weit verzweigten Riesen E.On in seine Einzelteile zerlegt und steht kurz davor, einen Energiekonzern ohne eigene Stromproduktion zu bauen.

Wie das bei seinen Aktionären ankommt, kann er an diesem Mittwoch bei der Hauptversammlung in Essen in Erfahrung bringen.

Seit 2010 ist Teyssen E.On-Chef. Für die großen Energiekonzerne in Deutschland war die Welt da noch halbwegs in Ordnung. Jahrzehntelang lebten sie bestens davon, das gesamte Stromgeschäft von der Erzeugung, über die Verteilnetze und den Handel bis zum Vertrieb zu kontrollieren. Doch dann kamen die Atomkatastrophe von Fukushima und die Energiewende. Die Folge: Die Geschäftsmodelle der Versorger erodierten mehr und mehr. Bei E.On türmte sich 2016 ein Rekordverlust von rund 16 Milliarden Euro auf.

Teyssen hatte da bereits reagiert und den ersten seiner spektakulären Coups gelandet. Ende 2014 kündigte er überraschend die Aufspaltung von E.On an. Die gesamte konventionelle Stromerzeugung aus Kohle und Gas wurde ausgegliedert und an die Börse gebracht. „Die drastischen Veränderung der globalen Energiemärkte erfordern einen mutigen Neuanfang“, begründete Teyssen den Schritt. E.On sollte ergrünen und Strom künftig allein mit erneuerbaren Energien erzeugen. Teyssens Vorhaben, auf diesem Weg auch die Atomkraftwerke von E.On abzuspalten, durchkreuzte allerdings die Politik. Im vergangenen Herbst dann Teil 2 der Teyssen-Revolution. Die Restbeteiligung von knapp 47 Prozent an Uniper, wie die E.On-Abspaltung inzwischen heißt, wird an den finnischen Uniper-Konzern verkauft. Rund 3,8 Milliarden Euro kann E.On dafür einstreichen. Die Wurzeln von E.On in der konventionellen Stromproduktion hat Teyssen damit endgültig gekappt. Das war aber, wie sich inzwischen gezeigt hat, nur ein Zwischenschritt.

Teyssens Ziel ist ein Konzern, der nichts mehr mit der Stromerzeugung zu tun hat, sondern die Energie nur noch transportiert und an 50 Millionen Kunden in Europa verkauft. Dabei helfen soll ihm ausgerechnet der ewige Rivale RWE, der gemeinsam mit E.On die RWE-Tochter Innogy zerschlagen will. „Einen der kreativsten Gestaltungsdeals der deutschen Industriegeschichte“, hat der nie um große Worte verlegene Teyssen die Vereinbarung genannt.

E.On bekommt dadurch unter anderem Zugriff auf zusätzliche Verteilnetze in vielen deutschen Regionen und sichere Einnahmen. Rund 80 Prozent der Erträge sollen künftig aus dem vom Staat regulierten Geschäft kommen. Kritikern ist das nicht geheuer. E.On werde künftig rund ein Drittel des deutschen Stromverteilnetzes kontrollieren, argumentiert beispielsweise der Ökostrom-Anbieter Lichtblick. Für die Haushalte, auf deren Stromrechnungen die Netzentgelte schon jetzt den größte Posten ausmachten, sei das keine gute Nachricht.

Was die Verteilnetze bedeuten, hat Teyssen schon vor dem Deal mit RWE klar gemacht: Sie würden zum „Internet der Energiewende“. Die Netze sein „das sich am schnellsten wandelnde und wachsende Geschäft der neuen Energiewelt“, sagte er Teyssen der „WAZ“ und fügte hinzu: „Uns wird sicher nicht langweilig.“

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