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Energiewirtschaft Taktischer Rabatt

Gazprom gewährt Eon mehr als zehn Prozent Nachlass auf den Gastarif – allerdings nur, damit die überholten Knebel-Verträge bleiben.

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Eon-Chef Johannes Teyssen konnte beim russischen Gazprom einen pauschalen Nachlass auf den Gaspreis aushandeln - Der Rabatt hat allerdings auch negative Folgen Quelle: dpa

Im Endspurt wichtiger Verhandlungen reden die Russen für gewöhnlich nur mit den obersten Generälen. Also musste Eon-Chef Johannes Teyssen jüngst binnen fünf Tagen gleich zweimal nach Russland jetten: Erst traf der deutsche Energiemanager in Sankt Petersburg Gazprom-Chef Alexej Miller, vorigen Dienstag besuchte er den Putin-Vertrauten in Moskau. Beide Männer bauen gerade ihre Konzerne um, beide haben für das Gas-Exportgeschäft ihre Leute – doch diesmal ging es darum, wie die Gasverträge der nächsten Jahre aussehen soll. Chefsache, hüben wie drüben.

Nettogewinn dank russischem Rabatt

Auf den ersten Blick hat sich das Klinkenputzen für Johannes Teyssen gelohnt: Er kann sich feiern lassen, den Russen einen pauschalen Nachlass auf den Gaspreis aus dem Ärmel geleiert zu haben. Der russische Rabatt, der sich nach Angaben eines Insiders auf einen „niedrigen zweistelligen Prozentbetrag“ beläuft, spült dem Konzern rückwirkend Sondereffekte im Wert von einer Milliarde Euro in die Halbjahresbilanz. Eon korrigierte sogleich den Nettogewinn-Ausblick für 2012 von 4,1 bis 4,5 Milliarden Euro – fast doppelt so viel wie ursprünglich geplant.

Was Verbraucher zahlen
Stromverbraucher finden bei der Zusammensetzung des Strompreises einen Posten namens EEG-Umlage. Sie ist seit dem Jahr 2000 im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) verankert, um Ökoenergien zu fördern. Quelle: dpa
Derzeit sind 3,59 Cent je Kilowattstunde zu zahlen. Bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden pro Jahr sind das für eine Familie Ökoförderkosten von 125 Euro pro Jahr. Gezahlt wird die Differenz zwischen dem Marktpreis, etwa für eine Kilowattstunde Solarstrom, und dem festen Fördersatz. Ein Beispiel: Quelle: dpa
Derzeit bekommt ein Hausbesitzer mit einer Solaranlage auf dem Dach 19,5 Cent pro Kilowattstunde. Wird der Strom an der Strombörse für 7 Cent verkauft, müssen die Verbraucher 12,5 Cent über die EEG-Umlage bezahlen. Quelle: dpa
Die Verwalter des Umlage-Kontos, die Übertragungsnetzbetreiber, berechnen angesichts der Anlagenzahl und Erfahrungswerten beim Wetter die möglichen Förderzahlungen und geben immer zum 15. Oktober eine Umlage für das kommende Jahr an. Verrechnen sie sich, wird das mit der nächsten Umlage korrigiert. Für 2013 werden Steigerungen bei der Umlage vorausgesagt. Quelle: dpa
Diese wären aber nicht primär dem rasant steigenden Anteil erneuerbarer Energien am Strommix (derzeit 20 Prozent) anzulasten. Industrieunternehmen wurden teilweise von Ökoförderkosten befreit, um sie in Deutschland zu halten. Gleiches gilt für Netznutzungskosten. Lasten werden also auf weniger Schultern verteilt. Quelle: dpa
Hinzu kommt eine teure Marktprämie für Besitzer von Wind- und Solarparks, die Strom selbst vermarkten. Und die mögliche Steigerung liegt in der Umlageberechnung begründet. Da immer mehr Solarstrom mittags den Börsenstrompreis senkt, wächst die Differenz zum Fördersatz und damit die Kosten für die Bürger. Der Solarstrom wird so also Opfer des eigenen Erfolges. Quelle: dpa

Gazprom gibt nach, so scheint es. Mit dem Rabatt, den hinter den Kulissen Ruhrgas-Chef Klaus Schäfer mit Gazprom-Exportchef Alexander Medwedew ausbaldowert hat, ist bei Russlands größtem Gaskunden und Deutschlands größtem Gasversorger Ruhrgas die schlimmste Not passé. In den Krisenjahren 2010 und 2011 hatte der Versorger noch Verluste über einer Milliarde Euro gemacht. Ruhrgas konnte sich nicht am billigeren Spot-Markt mit Flüssiggas versorgen konnte, da man sich über Mindestabnahme-Mengen an Gazprom geknebelt hatte. Jetzt sinken die Preise auf Befehl des Kremls – und zwar auch für andere große Versorger, die die Causa Ruhrgas als Präzedenzfall für eigene Preisverhandlungen nehmen.

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