Fracking auf dem Rückzug Wie Amerikas Traum vom Ölreichtum zerplatzt

Dank neuer Technik wurden die USA im vergangenen Jahr zum größten Ölförderland der Welt. Seitdem der Ölpreis auf Tiefstwerten verharrt, lohnen sich immer weniger der Bohrprojekte. Investoren und Industrie bangen um ihren Einsatz. Eine Reise zu Menschen, die vom großen Boom träumten – und nun die Krise fürchten.

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Ölförderung rentiert sich nicht mehr Quelle: Getty Images

Wenn Bernell McGehee bis ganz ans Ende eines Waldweges gefahren ist, seinen braunen Geländewagen abgestellt hat und auf die offene Lichtung tritt, dann sieht er sie: die Erfüllung seines Traums. Beziehungsweise das, was er bisher dafür hielt.

Auf 70 Metern ragt ein Ölbohrturm in den Himmel, umringt von Lastwagen, Treibstofftanks, Wohncontainern und Baumaschinen. Hier ist McGehee in seinem Element. „Die Leute von der Erschließungsfirma haben senkrecht in den Schiefer gebohrt“, erklärt er, und seine Hand schraubt sich von oben nach unten durch die Luft, hält inne und schraubt waagerecht weiter: „Jetzt bohren sie horizontal.“ Mit dem Finger malt er zwei Linien in die Staubschicht auf der Heckscheibe. „Dann pressen sie Wasser in die beiden Bohrlöcher und sprengen das Gestein. Bumm.“

McGehee spreizt die Finger. „Dann kommt das Öl raus, bestes Louisiana Light Sweet. Diese Ölsorte ist so hochwertig, die können Sie direkt in den Tank Ihres Diesel füllen.“ Und nicht nur dem Tank tut dieses Öl Gutes. Sondern auch McGehees Konto. Der 700-Seelen-Gemeinde Liberty, in der er lebt. Dem ganzen Bundesstaat Mississippi. Das dachten sie hier, im Süden der Vereinigten Staaten, in den vergangenen Jahren jedenfalls; als die Ölpreise hoch waren und die Leute glaubten, aus unkonventionellen Quellen gewonnenes Öl bereite die Basis für eine neue Ära des Wohlstandes.

So schlagen sich die Förderkonzerne
Anlage von ExxonMobil Quelle: Reuters
Bp Quelle: Presse
Chevron Quelle: AP
Logo von Total Quelle: REUTERS
Rosneft: Der WackelkandidatDer staatliche russische Ölriese ist hoch verschuldet. Rosneft leidet unter den Sanktionen des Westens gegen Russland wegen der Ukraine-Krise. Vergangene Woche musste Rosneft-Chef Igor Sechin Präsident Wladimir Putin melden, dass er 2015 die Investitionen um zehn Prozent kürzen wird.Umsatz** : 37 Mrd. Dollar (-8 %)Gewinn** : 4,5 Mrd. Dollar (-4 %) ** 3. Quartal 2014 im Vergleich zum Vorjahresquartal Quelle: REUTERS
Royal Dutch Shell Quelle: REUTERS

Nun aber sieht es hier, auf McGehees Lichtung, so aus: „Trinidad Rig Number125“ ist einer von neun Bohrtürmen in der Gegend. An zwei Türmen wird noch gearbeitet, der Rest ist stillgelegt. „In drei Monaten“, sagt McGehee, der als Buchhalter in Liberty arbeitet, „wird hier wahrscheinlich überhaupt nicht mehr gebohrt.“

Es wäre ein jähes Ende für den Fracking-Ölboom, der noch vor Kurzem Bevölkerung und Politik in Mississippi in Atem hielt und fünf Ölfirmen mit Tausenden von Arbeitern anlockte. Wer wie McGehee hier Land besitzt, sah sich schon als Ölbaron. Andere hofften auf das schnelle Geld als Vermieter, Handwerker, Restaurantbesitzer – oder Hotelier. Noch bevor der erste Tropfen Öl auf dem Land der Kommune gefördert wurde, überwiesen Ölfirmen 30 Millionen Euro für die Förderrechte.

Quelle 80 ist die Letzte

Nun aber, nachdem insgesamt 80 Quellen gebohrt wurden, ist Schluss. Schuld daran sind – da sind sich die Bewohner von Liberty einig – die Scheichs im fernen Saudi-Arabien. Sie fluten den Weltmarkt mit Öl, das dieser Tage statt weit über 100 Dollar pro Barrel, wie noch im vergangenen Herbst, um die 50 Dollar kostet. Mindestens 75 aber bräuchten die Förderer. Sinkt der Preis tiefer, übersteigen die Produktionskosten den Ertrag, und die Fracking-Firmen werden nervös. Sie frieren Investitionen ein, verzichten auf Bohrungen, warten auf bessere Zeiten oder ziehen ganz ab. Das Fracking-Märchen würde dann enden.

Liberty, das bislang nur als Schlachtfeld im amerikanischen Bürgerkrieg, als Tatort zweier Morde an Schwarzen während der Bürgerrechtsbewegung und als vorübergehender Wohnort der jüngeren Schwester von Popstar Britney Spears öffentlich in Erscheinung getreten war, wollte das Drehkreuz für die Erschließung eines der wichtigsten Ölfelder der USA werden. Tuscaloosa Marine Shale heißt das Ölvorkommen. Sieben Milliarden Barrel förderbares Öl lagern hier in über 3000 Meter Tiefe, eingeschlossen in 90 Millionen Jahre altes Schiefergestein.

Und damit ist auch schon ein Problem beschrieben: Während die Saudis ihr Öl einfach aus dem Boden pumpen können, knacken die Amerikaner ihre Schieferölvorkommen nur, wenn sie das Gestein anbohren und aufsprengen. Dieses Fracking ist nicht nur mitunter riskant für die Umwelt – es ist auch teuer. Angesichts der bis vergangenen Herbst gestiegenen Ölpreise war das kein Problem. Das Schieferöl katapultierte die USA im vergangenen Jahr an die Spitze der Öl produzierenden Länder. Mit elf Millionen Barrel pro Tag zogen die USA laut Bank of America an Russland und Saudi-Arabien vorbei.

Wer vom billigen Öl profitiert – und wer verliert
Jemand arbeitet an einer Tragfläche eines Flugzeugs Quelle: PR
Autos Quelle: AP
Jemand greift nach Körperpflegeprodukten in einem Regal Quelle: REUTERS
Containerschiff Quelle: dpa
Lastwagen der Deutschen Post Quelle: dpa
Packungen mit Medikamenten Quelle: dpa
Anlage mit Tank, auf dem BASF steht Quelle: dpa

Auch am Tuscaloosa Marine Shale könnte Fracking zum Multimilliarden-Business werden: Sieben Milliarden Barrel im Boden, multipliziert mit einem Verkaufspreis von 100 Dollar pro Barrel, macht 700 Milliarden Dollar. Theoretisch.

Praktisch versiegen Öl und Geld, wenn der Barrel-Preis 75 Dollar unterschreitet. Das wissen auch die Ölscheichs im fernen Saudi-Arabien. Sie können auch für unter 75 Dollar immer noch etwas am Barrel Öl verdienen – und sehen derzeit deswegen offenbar keinen Anlass, durch eine Drosselung der Fördermenge den weltweiten Ölpreis wieder in die Höhe zu treiben. Zumindest nicht in jene Höhen, auf denen sich das Fracking auf Ölfeldern wie jenem von Bernell McGehee wieder wirklich rentieren würde. Und so ist Liberty nun wieder das verschlafene Nest, das es vor dem kleinen Ölrausch immer war.

Hoffen auf die Rückkehr zum alten Ölpreis

Dieses Schicksal teilt der Süden Mississippis mit 19 Ölförderregionen in Louisiana, Texas, Oklahoma, Arkansas und Kansas. Wo noch vor wenigen Monaten regelrechter Ölrausch herrschte, hat der Kater das Zepter übernommen. Denn auch dort, so hat eine Analyse des Marktforschers Bloomberg New Energy Finance ergeben, ist das Bohren nach Öl ökonomisch sinnlos, solange das Barrel Öl weniger als 75 Dollar kostet.

„Bei 51,70 Dollar steht das Barrel nun“, sagt ein Handwerker, der seinen klapprigen Pick-up-Truck an der Exxon-Tankstelle am Ortsausgang von Liberty volltankt, beim Blick auf sein Smartphone. „Es wird dauern, bis die Dinge hier wieder anspringen.“ Aber dass es so kommt, dass Öl wieder so teuer sein wird wie vor einem Jahr, daran zweifelt er keinen Moment: „Jetzt ist eigentlich die beste Zeit für den Ort und für Firmen, um zu investieren und sich für den Boom zu rüsten.“

Die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas und Öl

Die fünf Firmen, die in der Gegend Förderrechte im großen Stil erworben haben, senden indes ganz andere Signale. Im November verkündete die texanische Ölfirma Halcon, dass sie sich wegen des niedrigen Ölpreises aus dem Tuscaloosa Marine Shale zurückziehen und stattdessen auf Ölquellen in North Dakota und Texas konzentrieren werde. Dabei hatte erst im Juni der New Yorker Hedgefonds Apollo Global Management 150 Millionen Dollar in die Firma investiert, um die Aktivitäten in Mississippi anzukurbeln.

Der Wettbewerber Comstock ließ Anleger im Dezember wissen, dass der letzte Bohrturm in der Gegend abgebaut werde und die Firma erst zurückkehre, wenn der Ölpreis sich erholt habe. Das Unternehmen Goodrich Petroleum aus Texas, dessen Geschäft enorm vom Fracking in der Region abhängt, will zwar weiterhin dort tätig sein, hat seine geplanten Investitionen allerdings von 200 auf 100 Millionen Dollar halbiert.

Die Energiefirma Sanchez, ebenfalls aus dem Nachbarstaat Texas, hat zwar angekündigt, in diesem Jahr an drei Stellen im Bereich des Tuscaloosa Marine Shale zu bohren, doch bislang sind den Worten keine Taten gefolgt. Die kanadische Energiefirma Encana schließlich, die noch im Dezember gegenüber Investoren das enorme Potenzial des Ölfeldes beschworen hat, will sich offenbar erst einmal aus der Region zurückziehen.

Welchen Staaten der niedrige Ölpreis besonders schadet
Erdölförderung Quelle: dpa
Ölförderung in Saudi-Arabien Quelle: REUTERS
Ölförderung in Russland Quelle: REUTERS
Oman Ölpreis Quelle: Richard Bartz - eigenes Werk. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons
Öl-Leitung im Niger-Delta Quelle: dpa
Ölförderpumpe in Bahrain Quelle: AP
Venezuela Ölförderung Quelle: REUTERS

Buchhalter im Ölrausch

Buchhalter McGehee, der sich seit der Ankündigung erster Bohrtrupps vor vier Jahren zum Fracking-Experten gemausert hat und heute Herausgeber der führenden Internet-Seite zum Tuscaloosa Marine Shale ist, kann all das nicht schocken. Er sieht Anzeichen, dass nicht alle Projekte in der Gegend auf Eis liegen. Am Ortseingang etwa hat Lubrizol, eine Ölfirma des Multimilliardärs Warren Buffett, ein riesiges Fabrikgelände angemietet.

Direkt gegenüber wird ein neues Fast-Food-Restaurant gebaut, und ein Stück weiter verwandelte ein Investor eine heruntergekommene Kfz-Werkstatt in ein modernes Zwischenlager für Ölbohrausrüstungen. „Für andere Städte sind solche Dinge nichts“, sagt McGehee, „aber für unseren kleinen Ort sind das bedeutende Investitionen. Und sie sagen mir: Viele glauben, dass es bald wieder bergauf geht.“

Sie glauben an das, was natürlich grundsätzlich durch die derzeitige Ölschwemme am Weltmarkt nicht außer Kraft gesetzt ist: Tendenziell werden die Rohstoffressourcen weniger, der Energiebedarf aber steigt. Eine Situation, die eigentlich langfristig nicht zu Dumpingpreisen für Energierohstoffe sorgen kann.

Preis der Ölsorte Bent am Handelsplatz London in den vergangenen zehn Jahren.

McGehee ist deswegen fest davon überzeugt, dass das Öl eines nicht sehr fernen Tages ein Segen sein wird – für Liberty, für die ganze Region und für seine Familie. Die McGehees haben ihren Landbesitz und die damit verbundenen Förderrechte in eine Holding eingebracht, und bei dieser Holding können Ölfirmen nun vorstellig werden und ihre Angebote unterbreiten. An vier Ölquellen auf dem Land der Familie wird bereits gefördert, an fünf Stellen wurden Bohrungen vereinbart und über zwei weitere wird gerade verhandelt. „Macht insgesamt elf Quellen, vorausgesetzt natürlich, dass irgendwann endlich wieder gebohrt wird“, meint McGehee.

Die Holding kassiert Pacht und ist als Eigentümerin der Förderrechte auch an den Erträgen der Quelle beteiligt. Die können ganz erheblich sein: Ölfirmen erzielten bis zum Versiegen einer Ölquelle 10, manchmal auch 20 Millionen Dollar Gewinn. Ein Fünftel davon steht den Eigentümern der Förderrechte zu. Diesen Betrag müssen sich allerdings oft Dutzende, manchmal Hunderte Landbesitzer teilen. Über seinen persönlichen Ertrag aus den vier Quellen verrät McGehee nur so viel: „Noch kann ich nicht vorzeitig in Ruhestand gehen.“

Abruptes Ende des Ölrauschs in North Dakota

2000 Kilometer nordwestlich von Liberty, in North Dakota, ist der Traum vom vorzeitigen Ruhestand für etliche Landbesitzer schon wahr geworden. In dem kargen Bundesstaat an der kanadischen Grenze wurden vor knapp zehn Jahren neue Schieferölvorkommen entdeckt und seither flächendeckend erschlossen.

Aus einem der ärmsten Bundesstaaten wurde schlagartig einer der reichsten. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt dort heute 30 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Viele Landbesitzer verdienen Zehntausende Dollar pro Monat durch die Ölförderung, manche sogar einige Hunderttausend Dollar. So brachte der Boom jährlich Hunderte neue Millionäre hervor, sanierte den Haushalt des Staates und verdoppelte die Einwohnerzahl etlicher Dörfer und Städte.

North Dakota ist das, was die Menschen in Liberty im Hinterkopf haben, wenn sie vom Öl sprechen. Doch zugleich ist North Dakota den Menschen in Mississippi auch ein warnendes Beispiel. Denn so märchenhaft der Aufstieg in Zeiten teuren Öls war, so schmerzhaft droht der Absturz. Bei diesem Preis ist selbst die Förderung in North Dakota, wo die Bohrer leichter an das Öl kommen als in Mississippi, kaum kostendeckend.

Die wichtigsten Export- und Importländer von Erdöl
Nigerianische Arbeiter an einer Öl-Leitung Quelle: dpa
Rang 5: Vereinigte Arabische EmirateExport: 120,6 Millionen Tonnen Anteil an Gesamtexporten: 5,8 Prozent Quelle: AP
Rang 4: IrakExport: 120,7 Millionen Tonnen Anteil an den Gesamtexporten: 5,8 Prozent Quelle: dapd
Rang 3: KanadaExport: 128,0 Millionen Tonnen Anteil am Gesamtexport: 6,1 Prozent Quelle: REUTERS
Rang 2: RusslandExport: 239,4 Millionen Tonnen Anteil an Gesamtexporten: 11,4 Prozent Quelle: dpa
Rang 1: Saudi-ArabienExport: 375,5 Millionen Tonnen Anteil am Gesamtexport: 17,9 Prozent Quelle: dpa
Die größten ÖlimporteureRang 6: DeutschlandImport: 93,4 Millionen Tonnen Anteil an den globalen Importen: 4,3 Prozent Quelle: dpa

Tausende Arbeiter in North Dakota hat der Ölpreisverfall in den vergangenen Wochen schon den Job gekostet. Allein der Förderkonzern Schlumberger entließ auf einen Schlag 9000 Mitarbeiter. Die Zahl der aktiven Bohrtürme sank auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren: 187 Bohrtürme gab es im Januar des vorigen Jahres, ein Jahr später waren es nur noch 161. „Im Juni werden es nur noch 50 sein“, meint Jim Arthaud, Chef der Firma MBI Energy Services, die die Ölförderer mit technischer Ausrüstung beliefert. „Dann werden 20 000 weitere Jobs weg sein.“

BASF zwischen den Fronten

Der graue Kasten ist breit und hoch wie ein Mehrfamilienhaus. Ohne ihn ginge in Amerikas größtem BASF-Standort in Geismar, Louisiana, nicht viel. Im Inneren der monströsen Anlage werden gewaltige Ströme von Erdgas in die Bestandteile Kohlenmonoxid und Wasserstoff zerlegt. Diese Gase wiederum schießen dann durch Rohre zu den verschiedenen Reaktoren und Produktionsstätten auf dem Gelände, wo sie zu Ausgangssubstanzen für Schaumstoffmatratzen, Zahnpasta, Pflanzenschutzmitteln oder Textilien weiterverarbeitet werden.

Der Verfall des Ölpreises kommt beim Verbraucher an

„Die Erdgas-Aufspaltung ist das Herzstück unseres Standortes“, sagt Tom Yura, BASF-Chef in Geismar, „denn sie liefert unsere wichtigsten Rohstoffe.“ Genau aus diesem Grund haben Yura und seine 1500 Mitarbeiter den Ölpreis nicht weniger genau im Blick als die Arbeiter auf den Ölfeldern von Mississippi und North Dakota. Die Perspektive allerdings ist eine andere: Je tiefer der Ölpreis sinkt, umso billiger wird in der Regel auch das Erdgas, und umso glücklicher ist Yura. Zumindest bis zu einer bestimmten Grenze.

„80 Prozent der gesamten Kosten des Standortes entfallen auf Erdgas und Öl“, meint Yura, „da können Sie sich ausrechnen, wie wir uns freuen, wenn der Ölpreis um ein, zwei Dollar pro Barrel sinkt.“

Wie Rubel- und Ölkrise auf Dax-Unternehmen wirken
HeidelbergCementDer Baustoffkonzern ist einer der Profiteure der Turbulenzen am Energiemarkt. Denn normalerweise sind die Ausgaben für Energie mit rund 1,6 Milliarden Euro einer der größten Kostentreiber des Dax-Konzerns, fast ein Drittel davon geht für Öl drauf. Die Analysten der Privatbank M.M. Warburg schätzen die Einsparungen der Heidelberger dank des niedrigen Ölpreises auf rund 100 Millionen Euro. Das könnte auch den Kurs befeuern, die Analysten bewerten die Aktie als Kauf mit einem Preisziel von 70 Euro (aktuell 57,50 Euro, Stand 18.12.2014). Quelle: Presse
AdidasDer Sportartikelhersteller ist einer der Hauptleidtragenden der Russland-Krise. Schon im Sommer kurz nach der Fußball-WM musste der Konzern seine Gewinnprognose kassieren – gegen die Verluste aus dem Russland-Geschäft kommt nicht mal der Verkauf des Vier-Sterne-Trikots an. Schon jetzt hat der Konzern angekündigt, im kommenden Jahr weniger neue Geschäfte in Russland zu eröffnen als ursprünglich geplant. Quelle: dpa
HenkelZwar bekommet auch Henkel die Krise in Russland zu spüren. Rund sieben Prozent der Verkäufe sind dort zu verorten. Allerdings werden diese negativen Effekte laut den Warburg-Analysten wohl kompensiert. Zum einen durch positive Effekte beim starken Dollar, zum anderen weil auch Henkel vom niedrigen Ölpreis profitiert. Immerhin rund 20 Millionen Euro könne der Konzern durch einen Rubel-Fall von zehn Prozent einsparen, so die Schätzungen der Analysten. Das beziehe sich vor allem auf die Produktion in der Waschmittelsparte. Quelle: dpa
E.OnDas Geschäft des Konzerns in Russland leidet unter dem fallenden Rubel. Während die Warburg-Analysten zunächst mit einem Zuwachs der Sparte gerechnet hatten, wurde dieser jetzt nach unten korrigiert. Der niedrige Ölpreis bringt dem Konzern geringe Einsparungen, der Großteil des Geschäfts ist vom Gaspreis abhängig. Quelle: dapd
RWEBeim Konkurrent RWE drängt vor allem der Verkauf der Öl- und Gastochter Dea. Eigentlich sollte das Unternehmen an den russischen Oligarchen Mikhail Fridman und dessen Investmentfirma LetterOne verkauft werden. Angesichts des stark sinkenden Ölpreises wird die Zeit allerdings knapp. RWE ist in Sorge, dass der Oligarch den Verkaufspreis von rund 5,1 Milliarden Euro noch drücken könnte.   Quelle: dpa
Deutsche PostDer niedrige Ölpreis bringt der Deutschen Post leichte Vorteile. Kostenvorteile in der Expresszustellung und bei Nachsendeaufträgen werden an die Kunden weitergegeben, in Verwaltung und Service sinken die Betriebskosten leicht. Der Absturz des Rubel hat keinen wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen. Quelle: REUTERS
DaimlerZwar rechnen die Analysten der Privatbank M.M. Warburg mit einer um ein Viertel niedrigeren Nachfrage nach Lastkraftwagen in Russland. Auf Daimler hat das jedoch nur geringen Einfluss, laut M.M.Warburg läge er gemessen am gesamten Lkw-Absatz von Daimler unter einem Prozent. Andererseits hält Daimler eine 15-Prozent-Beteiligung am russischen Lkw-Hersteller Kamaz. Dort könnten die Einnahmen deutlich sinken. Ansonsten hat der russische Markt nur begrenzten Einfluss auf die Geschäfte. Es ist zu erwarten, dass Daimler die Preise für in Russland verkaufte Fahrzeuge erhöht, um den gefallenen Wechselkurs auszugleichen. Die Nachfrage – insbesondere nach der hochpreisigen S-Klasse – ist sehr stabil, so dass Preiserhöhungen keinen großen Einfluss haben sollten. Daimler selbst erläutert die Auswirkungen des Rubel-Verfalls nicht. Vielmehr deutete der Konzern an, dass er im kommenden Jahr Rückenwind von der Währungsseite für die USA und Kanada erwartet, während Rubel, brasilianischer Real und japanischer Yen den positiven Effekt wieder abschwächen. Quelle: dpa

Auch hier sind die Folgen des Booms gut sichtbar: Dutzende Container beherbergen neue Mitarbeiter, für die in den vorhandenen Verwaltungsgebäuden kein Platz mehr war. „Wir nennen das unsere Bühne“, witzelt Yura. „Wer als Neuer hier eine gute Vorstellung gibt, darf nach einigen Jahren in ein richtiges Büro umziehen.“ In den vergangenen fünf Jahren hat BASF in Louisiana Investitionen von über 350 Millionen Dollar angekündigt und mehr als 100 neue Stellen geschaffen. Yura muss nicht lange überlegen, was der wichtigste Grund dafür ist: „Das Erdgas, das durch den Fracking-Boom so unglaublich billig wurde.“

Für Yura, der auch daran gemessen wird, ob die kostspieligen Erweiterungen seiner Anlagen rechtzeitig fertiggestellt werden, kommt es noch besser: Weil wegen der niedrigen Ölpreise Fracking-Projekte in Louisiana, Texas und Mississippi abgeblasen werden, bekommt er Bauleistungen nun schneller und günstiger. Auch bei der Suche nach eigenen Mitarbeitern konkurriert er nicht mehr so stark mit den Ölfirmen der Region.

Unlängst bewarben sich weit mehr als 1000 Techniker auf 20 ausgeschriebene Techniker-Stellen bei BASF. Bisher also überwiegen für die Deutschen die Vorteile des gedämpften Fracking-Booms.

Dennoch hofft auch Yura, dass die Ölpreise nicht auf Dauer unter dem Niveau bleiben, auf dem sich für die Förderer das Fracking lohnt. Denn Yura ist nicht maßlos. Er weiß: Stürzt der Ölpreis ins Bodenlose, schadet das auch seinem Arbeitgeber. „Die Fracking-Firmen sind eines unserer Erfolgsgeheimnisse“, sagt Yura. „Sie müssen so viel verdienen, dass sie am Markt bleiben und uns weiter so schön beliefern können.“

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