Gazprom-Pipeline Voscherau wird Gas-Lobbyist für Russland

Hamburgs Ex-Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) soll die umstrittene Pipeline „South Stream“ vorantreiben, mit der Russland seine Gaslieferungen nach Europa erhöhen will.

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Henning Voscherau, ehemaliger Erster Bürgermeister von Hamburg. Quelle: dpa

Nach Ex-Kanzler Gerhard Schröder rückt offenbar ein weiterer angesehener SPD-Politiker in die Dienste des russischen Staatskonzerns Gazprom: Henning Voscherau, der von 1988 bis 1997 Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg war, soll ab April den Aufsichtsrat des Pipeline-Konsortiums South Stream Transport AG leiten.

Gazprom-Chef Alexej Miller kündigte am Montag in Moskau an, den 70-Jährigen auf der für April angesetzten Wahl des Aufsichtsrats nominieren zu wollen.

Der Job ist politisch heikel: Über die Pipeline „South Stream“, mit deren Bau Gazprom im Dezember dieses Jahres beginnen will, will Russland die Gaslieferungen nach Europa erhöhen. Kritiker des Projekts befürchten, dass dies die Abhängigkeit der EU-Länder von Russland weiter erhöhen könnte. Als Alternative zu „South Stream“ hatte die Europäische Union die Pipeline „Nabucco“ forciert, die Gas aus Zentralasien unter Umgehung Russlands nach Europa transportieren sollte. Mangels Lieferverträge und angesichts überbordender Kosten steht das Projekt aber vor dem Scheitern.

Voscherau soll also den Türöffner für Russland spielen: Um den Bau der 24 Milliarden Euro teuren Gazprom-Pipeline ökonomisch zu rechtfertigen, braucht der vom Kreml kontrollierte Konzern feste und langfristige Gaslieferverträge. Die unterschreiben Europas Versorger aber nicht mehr wie selbstverständlich, da russisches Gas wegen der Ölpreis-Bindung und Mindestabnahmemengen zuweilen als überteuert gelten.

Die Russen sind fest davon überzeugt, dass vor allem die Deutschen mit der Energiewende auf ihr Gas angewiesen sind. Um dies den Bundesbürgern glaubhaft beizubringen, setzt der Monopolist auf die Dienste eines seriösen und angesehenen Politikers, der als Kreml-Lobbyist bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist. Voscherau sitzt im Kuratorium der Hamburger Zeit-Stiftung, im Aufsichtsrat der Bucerius Law School – und war zuletzt sogar als Bundespräsident im Gespräch. Einen saubereren Lobbyisten hätte Gazprom kaum finden können.

So überraschend die Wahl des SPD-Politikers scheint – die Personalie macht Sinn: Henning Voscherau ist der Bruder von Eggert Voscherau, der den Aufsichtsrat des Chemieriesen BASF leitet und bis 2008 in dessen Vorstand saß. Über die Tochtergesellschaft Wintershall ist BASF wiederum an der South Stream Transport AG beteiligt, die alsbald den Offshore-Bauabschnitt der Pipeline im Schwarzen Meer bauen soll.

Über familiäre und freundschaftliche Beziehungen finden die Russen regelmäßig loyale Führungskräfte für Politik und Wirtschaft – nicht nur in Russland, sondern neuerdings auch in Deutschland.

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