Eine politische Idee ist die von SPD und Grünen geforderte „Windprämie“. Die Grünen fordern etwa, Windkraftbetreiber sollen jährlich 10.000 Euro für jede neu gebaute Anlage an die Kommunen zahlen. Das erhöhe die Akzeptanz. Was halten Sie von dem Vorschlag?
Wir befürworten die Idee, dass man die Menschen vor Ort in geeigneter Weise am Erfolg der erneuerbaren Energien beteiligt. Hier liegen von unterschiedlichen Akteuren erfolgversprechende Modelle auf dem Tisch. Wichtig ist, dass diejenigen, die die Anlagen herstellen, aufbauen und betreiben auch bereit sind, finanziell in die Pflicht zu gehen. Und da ist die Antwort: ja, wir sind bereit. Weil wir verstanden haben und es für richtig empfinden, dass die Menschen vor Ort teilhaben.
Ende September 2019 hat sich die Große Koalition im Klimaschutzprogramm 2030 auf einen umstrittenen Kompromiss geeinigt: Neue Windkraftanlagen sollen nun mindestens 1000 Meter von Siedlungen entfernt gebaut werden. Als schützenswertes Wohngebiet gilt bereits eine Siedlung ab fünf Häusern – selbst wenn die Häuser noch gar nicht gebaut sind. Ihre Reaktion?
Wir müssen alles das, was wir an Erneuerbaren ausbauen können, soweit es rechtlich möglich, finanziell darstellbar und von der Akzeptanz her machbar ist, auch tun. Wenn man jetzt bundesweit pauschale Mindestabstände einführen würde, kann ich das tatsächlich nicht verstehen. Das ist das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Was wir brauchen, sind Flächen. Bundesweit pauschale Mindestabstandsregeln um jede kleinere Anzahl von Häusern herum werden aber erstmal die Zahl der verfügbaren Flächen für neue Windenergieanlagen drastisch reduzieren. Das kann nicht richtig sein.
Wie ist es aktuell geregelt?
Es gibt bereits Abstandsregelungen, für jedes Projekt individuell, das funktioniert seit Jahren. Bei einer bundesweit einheitlichen Mindestabstandsregelung aber scheren wir sehr unterschiedliche lokale Gegebenheiten über einen Kamm. Das hätte auch Auswirkungen auf bereits bestehende Planungen, so dass vieles von dem, was heute Rechtssicherheit gibt, plötzlich nochmal infrage gestellt wird. Das würde unsere Situation als Hersteller eher noch verschärfen.
Anwohner beklagen sich vor allem über die Lautstärke der Windräder, den Infraschall, der den Schlaf störe, den Schatten der Rotorblätter und auch den Werteverlust ihrer Immobilie. Können Sie die Anwohner verstehen?
Klar! Meine Eltern wohnen in einem Haus in dessen näherer Umgebung später ein Autobahnkreuz gebaut wurde. Und natürlich führte diese Autobahn zu einer Entwertung der dortigen Häuser. Insofern habe ich Verständnis dafür, dass Leute gegen Windenergieanlagen sind.
Über die Frage, was bei Umsetzung dieser 1000-Meter-Abstandsregelung passieren würde, gibt es Unklarheit. Das Umweltbundesamt sagt, die potenziellen Bauflächen würden um 20 bis 50 Prozent reduziert werden. Das Potsdamer Forschungsinstitut IASS rechnet gar mit einer Reduzierung von 65 Prozent, das Fraunhofer Institut geht nur von einer Reduktion von zehn bis 15 Prozent aus.
Die Annahmen sind dabei unterschiedlich: Worauf bezieht sich der pauschale Mindestabstand? Das ist ja im Moment die politische Diskussion. Das führt maßgeblich dazu, dass man zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommt. Unterm Strich ist festzuhalten: Mindestabstände werden die verfügbaren Flächen und die Zahl der Anlagen in jedem Fall reduzieren und nicht erhöhen. Und wir haben auch eine Studie gemacht, in der wir in Szenarien haben ausrechnen lassen, welche Auswirkungen der Ausbau der Onshore-Windenergie für die Arbeitsplätze und die Wertschöpfung in der Branche bedeuten. Wir haben drei Szenarien ausgerechnet. Im sogenannten „Gegenwind“-Szenario mit etwa 1 GW-Ausbau pro Jahr, da sind wir im Moment, droht uns ein Verlust von Arbeitsplätzen in der Größenordnung von etwas mehr als einem Viertel.
Wie viel ist das?
Allein im Kernbereich Windenergie arbeiten in Deutschland rund 65.000 Menschen.
Demnach sind im schlimmsten Szenario fast 17.000 Arbeitsplätze in der Branche in Deutschland gefährdet.
Das ist schon erheblich. Und man sieht ja heute schon die Bremsspuren in der Branche.
Der deutsche Windkraftanlagen-Marktführer Enercon aus dem ostfriesländischen Aurich baut in Deutschland bis zu 3000 Arbeitsplätze ab, weil Aufträge ausbleiben. Droht Ähnliches auch bei GE Deutschland?
Nein. Wir haben uns frühzeitig auf dem Weltmarkt diversifiziert und damit heute ein gutes Auslandsgeschäft. Mittlerweile werden die Anlagen auch auf andere Kontinente exportiert. Das sorgt in der Fabrik hier in Deutschland für eine Auslastung, die uns für eine Reihe von Jahren gut beschäftigt halten wird. Wenn wir aber irgendwann annähernd 100 Prozent unserer Produktion exportieren, stellt sich die Frage: warum hier am Standort? Mit allem, was damit zusammenhängt. An einem Standort wie Deutschland mit hohen Kosten braucht man auf mittlere Sicht einen Heimatmarkt.
Wie sieht das momentan aus?
Wir hatten in der Vergangenheit von 500 Anlagen pro Jahr etwa 150 Anlagen für den deutschen Markt, also rund 30 Prozent. Das ist drastisch eingebrochen.