
Alt ist der Gedanke wirklich. Friedrich-Wilhelm Raiffeisen hat ihn einmal in einen Leitspruch gepackt: "Was der Einzelne nicht vermag, das vermögen viele." Mitte des 19. Jahrhunderts setzte der konservative Sozialreformer das erstmals in die Praxis um. Mit "Brodvereinen" und Darlehenskassen versuchte er, die Not leidenden Bauern des Westerwaldes aus dem Würgegriff von Wucherern zu befreien.
Etwa gleichzeitig kam der liberale Politiker Hermann Schulze-Delitzsch in Preußen auf die Idee, verarmten Handwerkern mit "Rohstoff-Associationen" zu helfen. Die Kleingewerbe konnten in der Konkurrenz zu den neuen Industrieunternehmen nur überleben, wenn sie ihr Material gemeinsam günstig einkauften und sich in "Vorschuss-Vereinen" gegenseitig Geld liehen.
Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung: Auf diese Prinzipien der Pioniere berufen sich die Genossenschaften auch heute. Sie sind Unternehmen und rufen nicht nach dem Staat – dienen aber andererseits nicht in erster Linie dem Zweck, möglichst hohe Gewinne und Renditen zu erwirtschaften.
Ihr Ziel lautet vielmehr, ihren Mitgliedern durch das gemeinschaftliche Wirtschaften auf Dauer einen bestimmten wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen. Das können bei den Genossenschaften in der Landwirtschaft günstige Preise für Düngemittel sein oder bei den Wohnungsgenossenschaften eine billige und sichere Unterkunft.
Zugleich Eigentümer und Kunde
Oder es kann in einer Gemeinde "die Selbstversorgung mit Wärme und Strom, die auch in Zukunft bezahlbar bleibt und zugleich die Umwelt schont" sein, wie Zeljko Brkic es gerade seinen potenziellen Mitgenossen im Warsberger Hof erklärt. 300 Interessenten haben dem Trierer Projekt schon vor dem offiziellen Startschuss insgesamt 150.000 Euro in Aussicht gestellt.
Wer einen Genossenschaftsanteil zeichnet, ist zugleich Eigentümer und Kunde und kann bei allen wichtigen Entscheidungen mitreden. In den Generalversammlungen werde zum Beispiel festgelegt, "welche Rendite wir auszahlen und welche Rücklagen gebildet werden, damit wir in neue Anlagen investieren können", sagt Zeljko Bkric. So mobilisieren Energiegenossenschaften Geld aus den Taschen vieler Bürger für die dezentrale Energiewende – und damit für Investitionen, bei denen sich die Großen bislang Zeit gelassen haben.
Wie bei GmbHs, AGs oder GbRs ist auch bei den eGs die Vielfalt groß. So steht bei manchen die soziale Seite im Vordergrund; zum Beispiel wenn Arbeitslose gemeinsam etwas auf die Beine stellen, um sich selbst Jobs zu organisieren – beispielsweise einen genossenschaftlichen Senioren-Service. Bei anderen dominiert der unternehmerische Vorteil.