Gerhard Schröder Warum der Rosneft-Job nicht lupenrein ist

Gerhard Schröder und Wladimir Putin. Quelle: Getty Images

Im Wahlkampf diskutiert Deutschland über Gerhard Schröder: Der Altkanzler will in den Aufsichtsrat des russischen Öl-Konzerns Rosneft einziehen. Fünf Gründe, warum das problematisch ist.

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Der Mainstream ist nicht mein Gewässer, sagt Altkanzler Gerhard Schröder. Was die Mehrheit denkt, das juckt ihn nicht, will er sagen. Und doch ärgert ihn die Kritik an seiner Kandidatur für den Rosneft-Aufsichtsrat, möglicherweise sogar dessen Vorsitz.

Als Kampagne für die CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel brandmarkt er die auf ihn einprasselnden Vorwürfe, er lasse sich für den autoritär regierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin einspannen. „Ich bin schwer zu benutzen und ich habe auch nicht den Eindruck, dass er mich benutzen will“, kontert er die Kritik.

Schröder selbst sieht seinen Job bei Rosneft stattdessen als eine Art Stabilitäts- und Friedenspolitik. Genau wie damals, als er die Forderung von US-Präsident George Bush, sich am unter falschen Vorwand begonnenen Irak-Krieg der Amerikaner zu beteiligen, ablehnte. Russisches Öl ist für die Energiesicherheit Europas tatsächlich unverzichtbar. Schröders Engagement als Aushängeschild bei einem Konzern mit dubiosen Verbindungen und Geschäftsmethoden hingegen schon. Das sind die fünf größten Probleme bei Rosneft:

1. Yukos-Affäre

Seinen Aufstieg zum heute dominierenden Ölkonzern Russlands verdankt Rosneft vor allem der Yukos-Affäre. 2003 hat der Kreml Michail Chodorkowski ins Gefängnis gebracht. Der damals reichste Mann Russlands hatte vor laufender Kamera die Korruption russischer Beamter kritisiert und damit Putin auf das Äußerste gereizt. Der Kremlchef erinnerte den Oligarchen an eigene Probleme mit der Steuerbehörde, die der politisch ambitionierte Milliardär dann auch prompt bekam.

Wem Rosneft gehört

Während Chodorkowski zehn Jahre hinter Gittern saß, wurde sein Konzern Yukos in den Bankrott getrieben und zerstückelt. Die Filetstücke landeten bei einer dubiosen Auktion über den Umweg einer Briefkastenfirma bei Rosneft. Als treibende Kraft hinter der Yukos-Zerschlagung gilt der Putin-Vertraute und damalige Vizechef der Kremlverwaltung Igor Setschin. Heute ist er Präsident von Rosneft.

2. Verflechtung von Politik und Wirtschaft

Rosneft ist kein gewöhnlicher privatwirtschaftlich organisierter Konzern. Er ist mehrheitlich staatlich und das enge Verhältnis zwischen Putin und Setschin garantiert auch die völlige Kontrolle des Kremls über Rosneft. Das bedeutet auch, dass der Konzern in politisch ambitionierten Projekten involviert ist.



Beispielsweise stützt Rosneft seit Jahren das zunehmend autokratischer werdende Regime in Venezuela durch Kredite. Insgesamt sechs Milliarden Dollar hat Rosneft bereits dort investiert. Auch bei den geplanten Ölgeschäften mit dem Iran soll Rosneft die Führungsrolle einnehmen. Rosneft liefert über seine Tochter Baschneft Treibstoff an die ostukrainischen Separatisten. Eben wegen dieser politisch engen Verzahnung zum Kreml stehen sowohl Setschin als auch Rosneft auf den westlichen Sanktionslisten.

Der Aufsichtsrat hat wenig Mitspracherechte

3. Intransparentes Geschäftsgebaren

Ein weiterer häufiger Vorwurf gegen Rosneft ist die Intransparenz der Entscheidungen und Geschäfte. Der Aufsichtsrat, für den Schröder kandidiert, hat relativ wenig Mitspracherechte, die Entscheidungen werden an anderer Stelle getroffen und wirtschaftliche Effizienz spielt dabei nicht unbedingt die wichtigste Rolle. Die Rolle Rosnefts bei der drastischen Rubelentwertung im Dezember 2014 ist bis heute ungeklärt. Selbst Zentralbankchefin Elvira Nabiullina kritisierte anschließend die Intransparenz einer von Rosneft getätigten Milliardenanleihe.

Rosneft-Posten: Altkanzler Schröder lässt sich nicht beirren

Ein weiteres Beispiel ist der Verkauf von 20 Prozent der Aktien Ende 2016. Offiziell sollte der Einstieg von Glencore und dem Katar-Fonds QIA dem russischen Staat 10,2 Milliarden Euro an Privatisierungseinnahmen bringen. Das Geld wurde dringend benötigt, um Haushaltslöcher zu stopfen. Doch bis heute sind die Bedingungen, zu denen die beiden Bewerber eingestiegen sind, völlig unklar. Unter anderem gibt es um die Finanzierung des Geschäfts weiterhin jede Menge Fragezeichen.

4. Justiz als Erfüllungsgehilfe

Nicht nur gegenüber Yukos, auch in weiteren Fällen demonstriert Setschin seinen Einfluss auf die russische Justiz. Kam die Nachrichtenagentur RBK in einem dubiosen Verleumdungsprozess noch verhältnismäßig glimpflich davon, hat nun ein Gericht den Mischkonzern AfK Sistema in einem von Juristen als fragwürdig eingestuften Prozess zu zwei Milliarden Euro Schadenersatz an Rosneft verurteilt. Rosneft wirft Sistema vor, den Ölkonzern Baschneft durch die Vorbereitung eines IPO geschädigt zu haben, obwohl die Marktkapitalisierung Baschnefts in der Zeit deutlich stieg.

Clou des Verfahrens ist allerdings, dass Rosneft Baschneft gar nicht von Sistema kaufte, sondern vom russischen Staat, der keine Ansprüche gegenüber Sistema hatte. Auch ein derzeit laufender Korruptionsprozess gegen den russischen Ex-Wirtschaftsminister wirft ein fahles Licht auf das Geschäftsgebaren bei Rosneft.

5. Deals mit dubiosen Staaten

Rosneft zieht auch mal politisch motivierte Projekte im Sinne des Kreml durch: Venezuela erhält von Rosneft immer wieder Geld, mit dem sich das angeschlagene Regime um den autoritären Präsidenten und Putin-Freund Nicolás Maduro halten kann. Ein Blick in die frische Halbjahresbilanz von Rosneft zeigt, dass das Unternehmen erst vor wenigen Monaten dem klammen Land mit etwa 900 Millionen Euro ausgeholfen hat. Das Geld gilt als Vorauszahlung für künftige Öllieferungen des staatlichen venezolanischen Ölkonzerns PDVSA an Rosneft. Mittel, die der Pleitestaat dringend benötigt. Im vergangenen Jahr beliefen sich solche Geschäfte auf 1,35 Milliarden Euro. Insgesamt hat Rosneft in den vergangenen Jahren gut fünf Milliarden Euro nach Caracas überwiesen.

Auch nach Nordkorea führen Spuren – obwohl die internationale Gemeinschaft sich auf Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang geeinigt hat, die auch Kohle-, Öl- und Gaslieferungen aus China und Russland umfassen. Theoretisch zumindest. Tatsächlich stehen zwar auch die Firmen NNK und NNK-Primorsknefteprodukt seit Sommer auf der schwarzen Liste der USA. Doch nach Angaben der Amerikaner gingen allein von NNK Ölprodukte im Wert von über einer Million Dollar in den vergangenen Monaten in Richtung des Diktators Kim Jong-un.

Moskau beruft sich auf ethische Motive, die Grundversorgung der nordkoreanischen Bevölkerung. Die darf, so sehen es die Regeln der UN vor, tatsächlich durch Sanktionen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Dennoch gibt es auch Beobachter, die darauf hinweisen, dass es Russland und Rosneft mehr ums Geschäft als um Mitmenschlichkeit geht. Öllieferant NNK und seine Schwesterfirma gehören dem früheren Rosneft-Präsidenten Eduard Khudainatov. Er hat die Firma nach seinem Ausscheiden bei Rosneft 2012 gegründet – mithilfe seines Freundes und Nachfolgers an der Rosneft-Spitze: Igor Setschin. Kein Wunder, dass NNK sich Rosneft so schnell wie erfolgreich als Geschäftspartner andienen konnte.

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