Gründertagebuch Wer nicht aufpasst, wird kopiert

Rund ein Jahr nach der Gründung will Suncoal expandieren. Die Suche nach einem Standort ist nicht einfach. Ein anderes Thema ist die Geheimhaltung, denn wer nicht aufpasst, wird kopiert.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Trockenübung: Hans-Joachim von Massow (links) und Praktikant Christoph Hallemann testen, wie schnell aus feuchtem Schlamm im Trockenschrank Kohle wird Quelle: Jens Tönnesmann

Hochbetrieb bei Suncoal Industries in Königs Wusterhausen: Im Labor stehen junge Frauen und Männer in weißen Kitteln mit Pipetten und Reagenzgläsern in den Händen. Nebenan ist Teambesprechung. Die vier Gründer Hans-Joachim von Massow, Friedrich von Ploetz, Tobias Wittmann und Christian von Olshausen stehen vor einer weißen Tafel und tragen die Aufgaben dieser Woche in eine große Tabelle ein: Woran arbeiten die Mitarbeiter und Praktikanten? Welche Testreihen stehen an, wie viele Fässer müssen mit Kohle befüllt und verschickt werden?

Kohle. Das ist das Produkt der vier Gründer. Besondere Kohle, die auch an diesem Morgen in der Produktionshalle entsteht. In einem großen, in silberne Isolierfolie verpackten Kessel wird Grünschnitt bei 200 Grad mit Wasser verkocht. So entsteht „Suncoal“, das dann als Energieträger verwertet werden kann. Suncoal soll einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, indem sie fossile Kohle mit ihren schädlichen Kohlendioxidemissionen ersetzt. Außerdem löst Suncoal Entsorgungsprobleme, wenn sie aus Grünschnitt oder Bioabfällen wie Klärschlamm hergestellt wird.

Eine Idee, mit der die Gründer im Sommer 2008 den WirtschaftsWoche-Gründerwettbewerb gewonnen haben, der jetzt in die nächste Runde geht. Seitdem berichtet Mitgründer von Massow über die Fortschritte im Gründertagebuch in der WirtschaftsWoche. In Folge fünf schreibt er über die Expansionspläne der Jungunternehmer, die Zuversicht trotz der Wirtschaftskrise und den Jahresabschluss.

"Wir nehmen einen großen Trockenschrank in Betrieb"

09. Februar

Wir nehmen einen großen Trockenschrank in Betrieb. Darin können wir den feuchten Schlamm, den unsere Anlage erzeugt, zu Kohle trocknen, bevor wir sie ausliefern. Er ist eine Übergangslösung: Sobald wir im industriellen Maßstab produzieren, können wir die entstehende Wärme nutzen, um die Kohle zu trocknen und so Energie sparen.

10. Februar

Wir warten auf ein Paket mit einer chemischen Substanz, die wir testen wollen – leider ist sie in Reinform auf dem Markt kaum zu bekommen. Christian startet deswegen erst mal eine andere Versuchsreihe. Mit den Ergebnissen wollen wir die Industrieanlage noch genauer planen. Bei den Experimenten hilft uns die Steuerungssoftware, die unser IT-Experte Matthias entwickelt hat. Damit können wir sehr flexibel Parameter variieren, Messkurven verfolgen und Zusammenhänge analysieren.

11. Februar

Termin in Berlin. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe veranstaltet eine Tagung. Tobias präsentiert unsere Technologie vor Forschern aus der Wissenschaft und Wirtschaft, die sich aus unterschiedlichen Gründen dafür interessieren: Suncoal lässt sich nicht nur als Energieträger nutzen. Sie kann auch als erneuerbarer Kohlenstoff in der Chemie-Industrie oder als Bodenverbesserer vermarktet werden. Bis dahin muss aber noch vieles geforscht werden.

12. Februar

Manchmal machen wir uns Sorgen, dass der Klimaschutz in der Wirtschaftskrise vernachlässigt werden könnte. Dabei lässt sich beides verbinden. Das ist auch die Botschaft des „Shell Energiedialogs“ , an dem wir heute teilnehmen. Die Wirtschaftskrise ist ein aktuelles Problem, die Klimakrise eine langfristige Herausforderung für die nächsten Jahrzehnte. Durch die Förderung innovativer Zukunftstechnologien profitieren beide: Wirtschaft und Umwelt.

19. Februar

In der Nähe unseres Firmensitzes im Hafen Königs Wusterhausen besichtigen wir brachliegende Flächen, die für eine größere Produktionsanlage infrage kommen. Manche sind zu klein, andere liegen zu nah an bestehenden Anlagen oder Wohnhäusern. Es ist uns aber wichtig, hier etwas zu finden.

Trotz der Pendelei aus Berlin ist der Hafen schon jetzt ein ausgezeichneter Standort, nicht nur, weil das Umfeld stimmt: Täglich sehen wir Güterzüge und Lastwagen, die hier Kohleladungen aus der Lausitz in Richtung Berlin verschiffen. Aber auch die Verkehrsanbindung ist gut, die Wege zu den Behörden sind kurz und die Unterstützung durch Land und Landkreis sehr gut. Außerdem arbeitet unser Gesellschafter Bodo Wolf ganz in der Nähe. All das sollte man bei der Wahl eines Standorts bedenken.

Experimente: Laborleiter Mike Kleinert (links) und Mitarbeiterin Sonja Acosta testen chemische Substanzen, um den Produktionsprozess zu verbessern Quelle: Jens Tönnesmann

02. März

Verfahrenstechniker Jochen telefoniert mit einem Zulieferer und steht dabei vor einer schwierigen Frage, mit der viele technologiebasierte Unternehmen konfrontiert sind: Bestellen wir für den Ausbau unserer Anlage Standardteile, die günstiger sind und schneller geliefert werden können? Oder Maßanfertigungen, die teurer sind und eine längere Lieferzeit haben? Wir entscheiden dies für jede Komponente einzeln.

03. März

Endlich: Ein großes Paket wird angeliefert. Darin steckt der Kanister mit der braunen Flüssigkeit, auf die wir gewartet haben. Um die Prozesse zu optimieren, testen wir nicht nur verschiedene Arten von Biomasse, wie etwa Stroh und Gräser, sondern untersuchen auch einzelne Substanzen im Detail. Unsere Chemikerin Isabella und Laborleiter Mike starten sofort die Experimente.

Technische Details zurückhalten

05. März

Das Bundeslandwirtschaftsministerium veranstaltet eine Tagung zur Nutzung von Kohle aus Biomasse. Viele Forscher und Unternehmer sind anwesend und präsentieren ihre Technologien. Tobias beobachtet eine Gruppe von Teilnehmern, die alle Vorträge filmt. Auch wenn heute keine Geheimnisse verraten werden, ist Geheimhaltung ein wichtiges Thema bei Technologieentwicklung. Wer nicht aufpasst, wird kopiert – oft ohne Rücksicht auf Patent- und Markenschutz. Deswegen geben wir ganz bewusst bestimmte Daten nicht heraus und veröffentlichen auch keine Bilder, die technische Details preisgeben könnten.

13. März

Wir füllen Kohle in blaue Fässer, die wir an Forschungspartner verschicken, damit sie eigene Versuche machen können. Heute geht ein Fass auf eine besonders lange Reise: nach Brasilien, wo ein Partner bestimmte Anwendungen von Suncoal unter den besonderen klimatischen Bedingungen dort untersucht.

19. März

Unser Steuerberater stellt uns den vorläufigen Jahresabschluss vor. In wenigen Wochen soll er auf der Gesellschafterversammlung verabschiedet werden. Aber wir wissen: Wir sind im Plan!

25. März

Tobias hat eine Testreihe abgeschlossen. Ergebnis: Suncoal lässt sich günstiger trocknen als die Abfälle, aus denen sie gemacht wird. Denn unser Verfahren zerstört die Struktur der Biomasse. So wird das darin gebundene Wasser freigesetzt und kann leichter abgepresst oder verdunstet werden.

31. März

Telefonat mit Stefan Fischhuber, Partner bei der Personalberatung Heidrick & Struggles. Wir sprechen über den Beirat, den wir aufbauen wollen. Er gibt uns wertvolle Tipps und vermittelt einige gute Kontakte. Außerdem reden wir darüber, wie wichtig ein funktionierendes Team ist. Da können wir uns glücklich schätzen: Unsere Mitarbeiter, Praktikanten und wir sind ein starkes Team!

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%