Handelskrieg Solarzoll-Irrsinn geht in die zweite Runde

Die USA gehen mit massiven Strafzöllen gegen chinesische Solarzellen vor. Die Entscheidung setzt die europäische Kommission gehörig unter Druck.

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Einfuhr unerwünscht - auf chinesische Solarmodule gelten in den USA nun Strafzölle von bis zu 250 Prozent. Die EU prüft, ob sie ähnlich hart gegen Billigimporte vorgehen soll. Ob der Branche damit wirklich geholfen ist, bleibt fraglich. Quelle: rtr

Vor wenigen Wochen erschütterten die Nachrichten über Pleiten und Insolvenzen in der Solarbranche Deutschland noch. Jetzt ist es ruhiger geworden. Einige Unternehmen wie etwa Sovello sind vom Markt verschwunden, andere wie Q-Cells haben neue finanzkräftige Eigentümer, wieder andere wie Conergy scheinen sich langsam aus eigener Kraft zu erholen. Der Markt hat sich gesund geschrumpft.

Neuer Rückschlag für Solarworld
SolarworldDer Bonner Solarmodulhersteller kommt nach seinem scharfen Kapital- und Schuldenschnitt vom Frühjahr nur langsam wieder in Tritt. Die konzernweite Absatzmenge sei im ersten Halbjahr nach vorläufigen Zahlen zwar um mehr als die Hälfte auf 357 Megawatt gestiegen, teilte Solarworld mit. Hierzu habe aber vor allem das Auslandsgeschäft beigetragen. In Deutschland sei der Markt weiter schwach. Das Umsatzziel für 2014 von mehr als 680 Millionen Euro werde deshalb wahrscheinlich nicht erreicht. In den ersten sechs Monaten wuchs der Konzernumsatz um 13 Prozent auf 228 Millionen Euro, blieb dabei aber leicht unter den Erwartungen des Unternehmens. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie bereinigt um Sondereffekte des internen Umbaus kam Solarworld auf einen leichten Gewinn von einer Million Euro (Vorjahreshalbjahr: -37 Millionen Euro). Ein insgesamt positives operatives Ergebnis erwartet das Unternehmen weiterhin für 2015. Mit der Restrukturierung hatte Solarworld seinen Schuldenberg um mehr als die Hälfte auf 427 Millionen Euro verringert. Dabei mussten Aktionäre und Gläubiger hohe Verluste hinnehmen. Erst vor kurzem hatte sich der Konzern mit einem wichtigen Rohstoff-Lieferanten auf neue Verträge geeinigt - musste im Gegenzug aber viel Geld in den Wind schreiben. Quelle: dpa
Nordex Der Windkraftanlagenbauer Nordex will seine Geschäfte in Südamerika ausbauen. Schon heute verkaufe Nordex vor allem in Uruguay mit einigem Erfolg, sagte Vorstandschef Jürgen Zeschky. Auch in Chile werde Nordex aktiv sein. „Diese Länder haben einen ungestillten Hunger nach Energie und zahlen für Strom aus heimischen Kraftwerken gutes Geld.“ In den USA habe sich Nordex dagegen bescheidene Ziele gesteckt. „Ich würde nicht so weit gehen, diese Strategie "Rosinen picken" zu nennen, aber dem härtesten Wettbewerb gehen wir so aus dem Weg“, sagte Zeschky. Der Umsatzanteil Amerikas liege bei 18 Prozent. Nach einem guten ersten Quartal hatte Nordex seine Prognose für 2014 zuletzt angehoben. Erwartet werden nun ein Auftragseingang von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro und ein Umsatz von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Die Ebit-Marge für 2014 - also das Verhältnis von operativem Ergebnis und Umsatz - wird laut Zeschky 4 bis 5 Prozent betragen. Nordex werde sein Werk in Rostock für rund 25 Millionen Euro ausbauen, kündigte Zeschky an. Dort sind etwa 1400 Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt wolle Nordex bis 2016 rund 50 Millionen Euro in seine Kerntechnologie „Rotorblatt“ investieren. Hintergrund sind die größeren Dimensionen der Rotorblätter und zugehörigen Werkzeuge, die den Umbau der bestehenden Produktionshallen notwendig machen. Quelle: dpa
SolarworldDie Sanierung ist planmäßig abgeschlossen, die Verluste sind eingedämmt (auf 427 Mio. Euro) - jetzt müssen nur noch die Umsätze wieder fließen. Der Photovoltaikkonzern Solarworld sieht sich nach dem drastischen Kapital- und Schuldenschnitt wieder gut aufgestellt. „Wir kommen nicht nur in ruhigeres Fahrwasser, wir nehmen auch massiv Fahrt auf“, sagte Konzernchef Frank Asbeck im Mai bei der Hauptversammlung des Unternehmens in Bonn. Solarworld profitiere von dem Einstieg des Emirats Katar sowie von der Übernahme von Fertigungskapazitäten von Bosch in Thüringen. Der Unternehmenschef geht von einem Wachstum des globalen Photovoltaikmarktes aus, mit einem Schwerpunkt in Asien und in den USA. Allein im ersten Quartal seien in den USA fast so viele Neuanlagen installiert worden wie in dem rückläufigen Markt Deutschland für das ganze Jahr 2014 erwartet wird. Quelle: dpa
SMA SolarSchlechter Start ins Jahr 2014: Im ersten Quartal stand beim operativen Ergebnis des Solar-Technikherstellers ein Minus von 22 Millionen Euro in den Büchern - nach einem Verlust von 8 Millionen Euro Anfang 2013. Zudem brach der Umsatz deutlich ein. Grund dafür seien zum einen Unsicherheiten in Europa wegen der Ukraine-Krise, aber auch Projektverschiebungen in Nordamerika und Währungsturbulenzen in Indien, heißt es offiziell von SMA Solar. Auf der Hauptversammlung 2014 wurde beschlossen, für das Geschäftsjahr 2013 keine Dividende auszuschütten. Große Probleme hat das Unternehmen aber schon länger. Der Weltmarktführer bei Photovoltaik-Wechselrichtern hatte 2013 einen Verlust von rund 67 Millionen Euro eingefahren - nach einem Gewinn von 75,1 Millionen Euro 2012. Mit weiteren Sparmaßnahmen will SMA Solar nun wieder in die Gewinnzone zurückkommen. Schon im Jahr 2013 hat der Wechselrichter-Hersteller seine Kosten um 180 bis 200 Millionen Euro gesenkt. Zudem will das Unternehmen in Zukunft neue Märkte erschließen und neue Produkte einführen. „Im besten Fall“, so Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon, soll 2014 ein Ergebnisplus von 20 Millionen Euro erreicht werden. Ende Mai gab SMA Solar bekannt, das Solar-Wechselrichter-Geschäft vom Mitbewerber Danfoss komplett zu kaufen und eine strategische Partnerschaft anzustreben. Quelle: dpa
SunwaysBeim Fotovoltaik-Unternehmen aus Konstanz läuft seit Ende April das offizielle Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter hat damit begonnen, den Konzern zu zerschlagen. Als ersten Schritt zur Liquidierung beantragte Sunways am 19. Mai den Widerruf der Börsenzulassung an der Frankfurter Wertpapierbörse beantragt. Gleichzeitig trat der Vorstandsvorsitzende Hoong Khoeng Cheong zurück. Das Geschäft mit Wechselrichtern und gebäudeintegrierter Photovoltaik hat bereits der chinesische Solarkonzern Shunfeng übernommen. 40 Mitarbeiter können deshalb ihren Arbeitsplatz behalten. Alle anderen hätten ihre Kündigung bereits erhalten, teilte ein Sprecher mit. Ende 2012 waren bei Sunways noch 265 Menschen beschäftigt. Die Aktionäre müssen davon ausgehen, bei der Insolvenz komplett leer auszugehen. Sunways schrieb seit Jahren rote Zahlen und wies hohe Verluste aus. Wie im Mai bekannt wurde, waren die Geschäfte des Unternehmens schon mehrere Monate vor der Zahlungsunfähigkeit fast völlig zum Erliegen gekommen. Bereits 2013 befand sich das Unternehmen einmal in einem vorläufigen Insolvenzverfahren, nachdem mehrere Banken dem Unternehmen Kredite in Millionenhöhe gekündigt hatten. Durch eine Vergleichsvereinbarung wurde das eigentliche Insolvenzverfahren damals jedoch abgewendet. Quelle: dpa
S.A.G. Solarstrom AGDie Solarkrise hat den Anlagenbauer in die Knie gezwungen. Das Unternehmen stellte am 13. Dezember 2013 einen Insolvenzantrag. Die Solarstrom AG kann nach Ansicht des Insolvenzverwalters aber gerettet werden. Mit einer Zerschlagung des Solarunternehmens sei derzeit nicht zu rechnen, teilte eine Firmensprecherin am 16. Mai am Rande einer Gläubigerversammlung mit. Die Sanierung und die Suche nach Investoren laufe positiv und werde fortgeführt, sagte Insolvenzverwalter Jörg Nerlich. Einzelheiten hierzu nannte er nicht. Nerlich erwartet den Angaben zufolge eine Insolvenzquote von rund 50 Prozent. Ob Aktionäre Geld zurück erhalten können, sei aber weiter offen. Das Freiburger Unternehmen mit heute rund 170 Mitarbeitern zählt zu den Pionieren der Solarbranche. Es war 1999 eine der ersten börsennotierten Solarfirmen in Deutschland. Quelle: dpa
ProkonDer Windkraftanlagen-Finanzierer hat im Januar beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz angemeldet. Das Verfahren wurde Anfang Mai eröffnet. Die Zukunft für die insgesamt rund 1300 Beschäftigten ist ungewiss. Gut 75.000 Anleger hatten dem Unternehmen über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Sie müssen sich auf schmerzvolle Verluste einstellen. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin schätzt, dass sie zwischen 40 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals verlieren werden. Das Geschäftsmodell des von Carsten Rodbertus 1995 gegründeten Windparkbetreibers stand seit langem in der Kritik. Quelle: dpa

Doch die Ruhe in der Branche ist trügerisch. Die großen Umbrüche stehen noch bevor. Die Entscheidung des US-Handelsministeriums Solarzellen- und module aus China mit Einfuhrzöllen zwischen 18 und 250 Prozent zu belegen, wird weitreichende Folgen auch für Europa haben.

Wen die US-Solarzölle am härtesten Treffen

Die Anti-Subventionszölle gehen auf eine Petition von sieben amerikanischen Solarunternehmen zurück, die Klage bei der US-Behörde eingereicht hatten. Zu den Unterzeichnern zählt auch die amerikanische Tochter des deutschen Solarunternehmen Solarworld. Der Kurs des Bonner Unternehmens reagierte prompt auf die Nachrichten aus den USA. Das hat der Konzern auch dringend nötig, denn hierzulande kämpft Solarworld mit tiefroten Zahlen. Die USA sind einer der wichtigsten Märkte für Hersteller von Solarzellen.

Der Chef der Solarworld-US-Tochter Gordon Brinser kommentierte den Beschluss gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg mit den Worten: „Durch die Entscheidung des Handelsministeriums hat die Industrie wieder die Chance, ihre Position gleichberechtigt zurückzuerobern.“ Ob diese Rechnung so aufgeht, bleibt abzuwarten.

China kontert mit Zöllen auf Polysilizium


Wovor die EU heimische Unternehmen schützen will
Die EU droht der mächtigen Solarbranche Chinas mit Strafzöllen. Im September 2012 eröffnete die EU-Kommission ein Antidumping-Verfahren zu Einfuhren chinesischer Hersteller. Wegen des hohen Wertes der Importe von 21 Milliarden Euro pro Jahr ist der Fall beispiellos. Die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge sehen Zölle in Höhe von 37 bis 68 Prozent auf Solarpaneele vor. Wer kooperiert und seine Zahlen plausibel darlegt, wird mit einem geringen Satz belegt. Schon ab dem 5. Juni 2013 könnten die Zölle in Kraft treten. Chinas Hersteller protestieren gegen die Abgabe und werfen der EU Protektionismus vor. Quelle: dpa
Chinesische Fahrräder dürfen seit bald 20 Jahren nicht ungestraft über europäische Straßen rollen. Im September 1993 verhängte die EU Strafzölle gegen Kompletträder aus Vietnam und China. Zunächst lag der Zoll bei rund 30 Prozent, später wurden Fahrräder aus China mit 48,5 Prozent Anti-Dumpingzoll belegt, Räder aus Vietnam mit 34,5 Prozent. Im Sommer 2010 lief der Strafzoll gegen Fahrräder aus Vietnam aus. Chinesische Hersteller müssen nach wie vor blechen, die EU verlängerte die Anti-Dumping-Maßnahme im Oktober 2011 um weitere fünf Jahre. Gebracht hat es wenig, wie eine Untersuchung der EU zeigt. Die europäische Fahrradproduktion ging weiter zurück, die Gewinnspanne blieb unzureichend. "Jede Möglichkeit, Wachstum und Gewinn zu steigern, wurde durch den von Preis und Menge der gedumpten Einfuhren ausgeübten Druck untergraben", heißt es in dem Papier. Trotz der Strafzölle waren die China-Importe um mehr als die Hälfte günstiger als europäische Fahrräder. Quelle: dpa
Einer der jüngsten Strafzölle der EU richtet sich gegen chinesisches Hochglanzpapier. Seit Mai 2011 müssen europäische Druckereien, die ihre Kataloge auf China-Papier drucken wollen, vier bis zwölf Prozent Aufschlag an die Zollbehörden zahlen. Dazu kommen zwischen acht und 35,1 Prozent an Anti-Dumping-Zoll. Experten der Europäischen Kommission schätzen, dass chinesisches Hochglanzpapier durch diese Strafzölle in Summe um 20 bis 39 Prozent teurer wird. Das gilt für die nächsten fünf Jahre. Seit 2004 baut China seine Papier-Produktionskapazitäten jährlich um rund 26 Prozent aus. Europas Papierwirtschaft schrumpft derweil. Spürbar positive Effekte hat der Zoll auf die deutschen Papierhersteller bisher keine. Quelle: dpa
Lederschuhe aus China und Vietnam....... belegt die EU 2006 mit einem Strafzoll. Doch statt wie üblich den Bannstrahl fünf Jahre lang über die Dumping-Latschen zu legen, galt die Regelung zunächst nur bis 2008. Das griff den italienischen Schuhhändlern zu kurz und sie liefen - selbstverständlich auf nicht chinesischem Schuhwerk - Sturm. Damit gerieten sie allerdings zwischen die Fronten. Die Schuhzollfrage spaltete Europa. In Süd- und Osteuropas sowie in Frankreich, wo es noch eine heimische Schuhproduktion gab, forderten die Regierungen Schutzmaßnahmen. Deutschland, dessen Schuhindustrie bereits überwiegend in Asien produzierte, lehnte die Zölle entschieden ab. Am Ende der Debatte hielt die EU an den Strafzölle bis 2011 fest. Seit April vergangenen Jahres wird keine Abgabe mehr verlangt. Quelle: REUTERS
Für Glasfaser aus China gilt seit März 2011 ein Strafzoll von 13,8 Prozent. Glasfasern werden in der Baubranche, der Autoproduktion und der Windkraftindustrie verarbeitet. Vertreter aus dem letztgenannten Industriezweig sind mit der Regelung nicht zufrieden. "Die Windbranche ist heutzutage eine weltweite Industrie und Handelsbeschränkungen helfen sicherlich nicht, die Kosten für Energie zu reduzieren", sagte Peter Brun, Vize-Chef des weltgrößten Turbinen-Herstellers Vestas. Auch Roland Garsch, Geschäftsführer der Polychem, die Glasfaserprodukte verkauft, ist skeptisch: "Diese Strafzölle werden sich negativ auf die verarbeitende Glasfaserindustrie in Europa auswirken, die überwiegend aus Klein- und Mittelbetrieben besteht". Quelle: dpa
Der SchraubenkriegAn dieser Abgabe hat sich die EU die Zähne ausgebissen. Im Januar 2009 verhängte die Kommission Strafzölle von bis zu 85 Prozent gegen Schrauben und Bolzen made in China. Peking setzte sich zur Wehr. Die Klage bei der Welthandelsorganisation WTO in Genf hatte Erfolg. Die WTO urteilte, dass die EU Exporteure aus der Volksrepublik benachteilige und damit gegen internationales Handelsrecht verstoße. Sie rügte die EU. Mehr kann die WTO aber nicht tun, ein Zwang den Strafzoll zurückzuziehen besteht für die WTO-Mitglieder nicht. Peking nahm die Sache daraufhin selbst in die Hand und konterte mit Zöllen auf Schrauben aus Europa. Die Abgabe liegt bei 6 bis 26 Prozent und gilt für fünf Jahre. Quelle: obs
Dass die EU keine Bananen mehr aus Latein- und Mittelamerika haben wollte, nahmen die deutschen Fruchthändler ihr ganz schön krumm. Die Verordnung trat 1993 in Kraft und sollte Produzenten in europäischen Übersee-Departements wie den französischen Antillen vor sogenannte Dollarbananen schützen. 1500 DM Strafzoll mussten deutsche Importeure Mitte der 90er Jahre auf eine Tonne Bananen aus Lateinamerika löhnen. Sogar Bundeskanzler Helmut Kohl - im allgemeinen mehr mit Birnen als Bananen in Verbindung gebracht - schaltet sich ein und sagte den Fruchthändlern seine Unterstützung zu. Ohne Erfolg. Der "Bananenkrieg" zwischen der EU und Lateinamerika dauert fast fünfzehn Jahre. Erst am 15. Dezember 2009 trafen Vertreter aus der EU, der USA und Lateinamerikas eine abschließende Übereinkunft. Die Zölle wurden schrittweise abgebaut. Quelle: dpa/dpaweb

Denn China geht prompt seinerseits Zöllen gegen ausländische Hersteller vor. Chinesische Produzenten haben ein entsprechendes Anti-Dumping-Verfahren gegen Polysilizium aus Europa beim Handelsministerium angestoßen. Polysilizium ist einer der wichtigsten Rohstoffe bei der Produktion von Solarmodulen.

Für deutsche Unternehmen wie Wacker Chemie eine schlechte Nachricht. Das Unternehmen macht ein Viertel seines Umsatzes mit Polysilizium für die Herstellung von Solarzellen. Der Löwenanteil geht nach Asien und dort hauptsächlich nach China. Die vier großen chinesischen Polysiliziumhersteller beschweren sich, der Import aus der EU habe in den ersten sechs Monaten um 30 Prozentpunkte zugelegt, der Preis sei aber um fast 50 Prozent gefallen - und damit weit unter den üblichen Marktwert.

Die wichtigsten Solarmärkte

Die Chinesen führen also dieselben "Antidumping"-Argumente an wie die amerikanischen Unternehmen. Wacker nennt die Vorwürfe der chinesischen Konkurrenz "halt- und substanzlos". Der Konzern unterstützt trotz der möglichen harten Konsequenzen für das eigene Geschäft nicht die Initiative EU ProSun, die Ende Juli Klage bei der EU-Kommission eingereicht hat. Die Petition geht ebenfalls auf Solarworld zurück. Konzernchef Frank Asbeck hat es geschafft, Unternehmen, die 25 Prozent des europäischen Marktanteils präsentieren hinter sich zu bringen und gemeinsam eine Petition einzureichen - in der Hoffnung auch auf dem europäischen Markt Strafzölle gegen chinesische Importe zu erwirken.

Zieht die EU mit Zöllen nach?

Seit September prüft die Kommission nun die Eröffnung eines Antidumpingverfahrens. EU-Handelskommissar Karel De Gucht will binnen 15 Monaten entscheiden, ob Strafzölle gegen Peking erlassen werden. Die Entscheidung wird Juni 2013 erwartet. Der Industrieexperte der Grünen im EU-Parlament, Reinhard Bütikofer, warnte vor derartigen Vergeltungsmaßnahmen, sie könnten Europas Solarindustrie teuer zu stehen kommen. Außerdem dürfte Brüssel, so der Experte gegenüber dem Handelsblatt, die Chinesen nicht für die zum Teil hausgemachten Probleme der europäischen Solarbranche verantwortlich machen. Damit hat Bütikofer durchaus recht. Einige der deutschen Unternehmen gingen nicht pleite, weil chinesische Billigimporte auf den deutschen Markt strömten, sondern weil ihr Geschäftsmodell sehr auf den Erlösen aus der Solarförderung fußte, sie zu schnell zu stark expandierten oder schlicht gravierende Fehler im Management unterliefen.

"Qualität wird mehr zählen als der Preis"


Die Sonnenkönige der Solarbranche
Wer hat auf dem schrumpfenden Solarmarkt noch eine Chance? Das Zentrum für Solarmarktforschung (ZFS) hat exklusiv für die WirtschaftsWoche die Zukunftssaussichten der deutschen Solarindustrie unter die Lupe genommen. Und das ist das Ergebnis.... Quelle: dpa
CENTROTHERM Quelle: dpa
MANZ Quelle: Presse
SMA Quelle: dpa
SOLARWORLD Quelle: dpa
SUNWAYS Quelle: dpa
ALEO SOLAR Quelle: Pressebild

Nach dem Beschluss des US-Handelsministeriums wird sich die Lage für die europäischen Firmen voraussichtlich weiter verschärfen. Chinesische Unternehmen werden nun um so mehr versuchen, ihre Waren im zollfreien Europa abzusetzen. Fast 60 Gigawatt umfasst die Produktionsleistung der chinesischen Solarzellenhersteller - aufnehmen wird der Markt nach Meinung von Experten maximal eine zugebaute Solarleistung von 28 Gigawatt. Die Überkapazitäten werden sich weltweit in weiter sinkenden Preisen für Solarmodule niederschlagen.

Die Top-Ten-Hersteller kristalliner Solarmodule

Bis die EU-Kommission Strafzölle einführt - wenn denn überhaupt - wird die europäische Solarindustrie also weiterschrumpfen. Und zeitgleich der Zugang zu den großen Wachstumsmärkten wie China noch deutlich schwerer werden. Die Klage gegen die Polysiliziumhersteller könnte erst der Anfang sein. China denkt bereits über Schutzzölle in vielen weiteren Bereichen nach. Zuletzt drohte es mit höheren Einfuhrsteuern auf Wein aus der EU. Aktuell halten europäische Weine einen Anteil von 15 Prozent auf dem chinesischen Markt.

Sollte die EU tatsächlich Zölle auf chinesische Solarmodule erlassen, wird die Retourkutsche aus Peking nicht lange auf sich warten lassen. Ob die EU-Zölle tatsächlich den gewünschten Effekt brächten, ist zudem fraglich.

Leonard Herbig vom Zentrum für Solarmarktforschung in Berlin: “Aufgrund ihrer Kostenvorteile wären für die chinesischen Unternehmen Zölle bis zu 20 Prozent verkraftbar, ohne dass sie ihre Konkurrenzfähigkeit verlieren würden. Ohnehin sinkt die Bedeutung des Preises bei der Kaufentscheidung. Immer wichtiger wird, ob das Unternehmen die Produktgarantie über zehn Jahre und die Leistungsgarantie für bis zu 25 Jahre übernehmen kann. Dafür Gewähr zu bieten trauen immer mehr Verbraucher nur den Chinesen zu.”

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