
Es ist das größte Experiment, das ein Dax-Konzern wagt. Der Energieriese E.On spaltet sich in zwei neue Gesellschaften auf, und gut ein halbes Jahr bevor die zwei neuen Unternehmen an den Start gehen sollen, sind Details noch weitegehend unklar.
Für die Aktionäre ist es schwierig, sich zu informieren, in was sie zukünftig ihr Geld investieren. Viele Anteilseigner wollen mehr Details über den Weg der Zukunfts-Eon. Nur mit High-Tech-Steuergeräten für den Strom- und Energieverbrauch ließen sich die 40.000 Mitarbeiter der neuen E.On doch kaum beschäftigen.
Doch konkrete Antworten über neue Produkte, Dienste und vor allem Ertragsperspektiven der beiden neuen Gesellschaften kann der E.On-Vorstand nicht geben, selbst zu konkreten Bilanzkennzahlen kann E.On-Chef Johannes Teyssen keine Aussagen machen und vertröstet die Aktionäre auf die Hauptversammlung im nächsten Jahr. Nicht einmal Aussagen zum Verschuldungsgrad der beiden Unternehmen oder zur Eigenkapitalausstattung will Teyssen machen. Nur so viel: „Wir schwimmen uns frei.“
Die künftige E.On-Struktur
E.On will das Geschäft mit der Stromerzeugung aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken sowie der Energiehandel 2016 mehrheitlich an die eigenen Aktionäre verschenk und an die Börse bringen. Die übrigen Anteile will E.On danach in kleineren Schritten über die Börse verkaufen. Der verbleibende Konzern besteht dann eigenen Angaben zufolge mit insgesamt 40.000 Mitarbeitern und 33 Millionen Kunden aus den drei Säulen: Erneuerbare Energien, Energienetze und Kundenlösungen.
Quelle: Nachrichtenagentur Reuters (Stand: Dezember 2014)
Im Bereich Erneuerbare Energien steht E.On nach eigener Einschätzung weltweit auf Platz drei der Offshore-Windkraftbetreiber. In europäischen Gewässern betreibt E.On Anlagen mit einer Kapazität von 0,7 Gigawatt (GW). An Land betreibt der Versorger derzeit Windparks mit einer installierten Kapazität von 3,6 GW, davon 1,1 GW in Europa und 2,5 GW in den USA. Vorstandschef Johannes Teyssen kündigte an, im Zuge der Neuausrichtung das Solargeschäft auszubauen. Die Wasserkraftwerke sollen dagegen mit den Atom- und Kohlekraftwerken in die neue Gesellschaft ausgegliedert werden. 2013 setzte E.On im Bereich Erneuerbare Energien mit rund 1700 Mitarbeitern 2,436 Milliarden Euro um, das Ebitda belief sich auf 1,431 Milliarden Euro.
E.On verfügt über mehr als eine Million Kilometer Stromnetze, davon 411.000 Kilometer in Deutschland, 136.000 in Schweden, 314.000 im übrigen Europa und 200.000 Kilometer in der Türkei. Neben Investitionen ins Netz plant Teyssen Zukäufe in ausgewählten Regionen.
Der Geschäftsbereich Kundenlösungen umfasst rund 33 Millionen Kunden, 7,7 Millionen in Großbritannien, 6,1 Millionen in Deutschland, 10,4 Millionen im übrigen Europa und neun Millionen in der Türkei. E.On will durch die Modernisierung seiner Netze den Kunden künftig neue Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema Energieeffizienz und dezentrale Erzeugung liefern.
Bei den ausgegliederten Geschäftsteilen - Stromerzeugung aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken sowie der Energiehandel - werden künftig noch 20.000 Mitarbeiter beschäftigt sein. Das Ebitda auf Basis von 2013 beträgt gut vier Milliarden Euro.
Zumindest für ihn persönlich gilt das: Denn ab 1. Januar 2016 wird Teyssen Chef der neuen E.On, in das der Energieversorger das Geschäft mit den erneuerbaren Energien packt. Das konventionelle Kraftwerksgeschäft wird in die neue Gesellschaft mit dem Namen Uniper ausgegliedert. Rumschlagen mit dem verlustreichen Geschäft mit konventionellen Kraftwerken muss sich dann ab Januar 2016 der neue Uniper-Chef, Klaus Schäfer, noch Finanzvorstand von E.On.
Die Zweifel mehren sich
Vehement verteidigt Teyssen auf der Hauptversammlung die Aufspaltung des Konzerns. Damit könnte sich die jeweilige Gesellschaft besser auf das jeweilige Geschäft fokussieren. Die Pläne zur Aufspaltung finden bei den Aktionären auch insgesamt Unterstützung. Sorgen bereiten den Aktionären aber vor allem die Finanzierung des Ausstiegs aus der Kernenergie.
In das künftige Unternehmen Uniper packt der Energieversorger nicht nur die konventionellen Gas- und Kohlekraftwerke, sondern auch seine Atomkraftwerke, die im Zuge der Energiewende sukzessive bis 2022 abgeschaltet werden. Für Deutschland hat E.On für den Rückbau und Atomaltlasten Rückstellungen von 14,5 Milliarden Euro vorgesehen. Doch die Zweifel mehren sich, ob diese Rückstellungen reichen.
Alexander Elsman von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK) weist auf der Hauptversammlung darauf hin, die Erfahrung lehre, dass solche Großprojekte immer teurer würden als ursprünglich geplant.
Klar ist, dass bei E.On die Gewinne weiter schrumpfen. Im ersten Quartal 2015 ging der Ertrag wegen der niedrigen Öl- und Börsenstrompreise um fast ein Zehntel zurück. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ist im ersten Quartal 2015 um neun Prozent auf 2,83 Milliarden Euro gesunken. Unter dem Strich zog der Überschuss unter anderem wegen höherer Einmal-Buchgewinne um 39 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro an. Der Umsatz sank um zwei Prozent auf 30,6 Milliarden Euro.
Zu all der Kritik der Aktionäre am Geschäft musste sich Teyssen auch noch viel Kritik anhören an der Unternehmenskultur anhören. Zwei Anteilseignerinnen warfen dem Konzern vor allem vor, dass der gesamte Vorstand immer noch männlich ist. Von Erneuerung spreche Teyssen im Zuge der Aufspaltung. Doch auch nach der Aufspaltung in zwei Gesellschaften, findet sich in beiden Führungsgremien keine einziges weibliches Vorstandsmitglied.