Innogy-Zerschlagung RWE mit Milliardengewinn im Rücken

Innogy wird aufgeteilt. Dabei könnten viele Jobs wegfallen. Quelle: dpa

RWE kehrte vor der Zerschlagung des Energiekonzerns Innogy 2017 in die Gewinnzone zurück. E.On und RWE versprechen sich große Synergieeffekte, zugleich droht bei Innogy der Verlust Tausender Arbeitsplätze.

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Der Energiekonzern RWE kann mit einem Milliardengewinn im Rücken die geplante Zerschlagung der Tochter-Innogy vorantreiben. Nach einem Rekordverlust von 5,7 Milliarden Euro 2016 fuhr der Versorger im vergangenen Jahr einen Nettogewinn von 1,9 Milliarden Euro ein. "Wir wollten RWE 2017 strategisch neu positionieren und finanziell konsolidieren. Beides ist gelungen", sagte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz am Dienstag. Er will am Vormittag in Essen mit E.ON-Chef Johannes Teyssen die Pläne zur Aufteilung der Innogy-Geschäfte vorstellen.

"Wir sind wieder gut aufgestellt", sagte Schmitz. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sei um 6,5 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro gestiegen. RWE profitierte insbesondere von einem überraschend positiven Ergebnis in der Stromerzeugung. 2018 werde das Ebitda des Konzerns auf 4,9 bis 5,2 Milliarden Euro schrumpfen, da dann der Tiefpunkt der Strompreise der vergangenen Jahre durchschlage. Die Aktionäre sollen für 2017 eine Dividende von 1,50 Euro je Aktie erhalten, inklusive einer Sonderausschüttung von einem Euro. Für 2018 soll die ordentliche Dividende auf 70 Cent je Papier steigen.

Die Befürchtungen vor einem Abbau von tausenden Arbeitsplätzen bei der Zerschlagung des Energiekonzerns Innogy haben dabei neue Nahrung erhalten. Der Energiekonzern E.On teilte am Montagabend mit, nach der geplanten Übernahme der Netz- und Vertriebsgeschäfte von Innogy könnten bis zu 5000 der über 70.000 Arbeitsplätze wegfallen, die die fusionierten Bereiche derzeit hätten. Die Gewerkschaften Verdi und IGBCE hatten zuvor betont, sie gingen von einem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen aus. E.On warb damit, dass gleichzeitig im kommenden Jahrzehnt wohl tausende neue Arbeitsplätze geschaffen würden.

Die Aufsichtsräte von E.On und RWE haben der geplanten Zerschlagung von Innogy zugestimmt. Bis zu 5000 Arbeitsplätze könnten bei der Neuordnung der Energiekonzerne wegfallen.

Die Aufsichtsräte von E.On und RWE stimmten dem Deal zu. Bei RWE soll die geplante Übernahme des Ökostromgeschäfts von Innogy und von E.On keine Jobs kosten. E.On erwartet durch den Deal Synergieeffekte von jährlich 600 bis 800 Millionen Euro. Der Konzern legte am Montagabend auch Zahlen zum Geschäftsjahr vor. Nach einem Verlust von 16 Milliarden Euro 2016 fuhr der Versorger einen Gewinn von 4,2 Milliarden Euro ein. Für 2017 sollen die Anleger eine Dividende von 30 Cent je Aktie erhalten, für 2018 peilt E.On 43 Cent an.

E.On-Chef Johannes Teyssen und RWE-Boss Rolf Martin Schmitz wollen am Dienstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz ihre Pläne erläutern. Zuvor legt auch RWE seinen Jahresbericht vor. "Durch den strategischen Tausch von Geschäftsbereichen schaffen wir zwei hochgradig fokussierte Unternehmen, die eine bessere Zukunft für die europäische Energielandschaft gestalten werden", betonte Teyssen in einer Erklärung. "In der Transformation der Energiewelt sind erneuerbare Energien und konventionelle Kraftwerke zwei Seiten einer Medaille", sagte Schmitz. RWE werde zu einem starken Partner der Energiewende über Deutschland hinaus.

Am Montagvormittag hatte Innogy-Chef Uwe Tigges angekündigt, ungeachtet der Zerschlagungspläne von E.On und RWE die Kern- und Wachstumsgeschäfte mit Milliardensummen auszubauen und zugleich die laufenden Kosten senken. Die Gründung von Innogy vor rund zwei Jahren sei wegen des "weltweiten Siegeszugs der Erneuerbaren" der richtige Schritt gewesen. Von den am Sonntag angekündigten Plänen zur Aufteilung des Konzerns war Tigges nach eigenen Worten am Samstagabend überrascht worden. Die Transaktion soll bis Ende 2019 abgeschlossen sein.

Tigges versuchte in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden internen Brief, die Mitarbeiter zu beruhigen. "Uns ist völlig klar, dass Sie diese Nachrichten verunsichern", schrieb der 57-Jährige, der früher Konzernbetriebsratschef von RWE war. "Vorstand und Aufsichtsrat werden die vorgeschlagene Transaktion sorgfältig prüfen. Wir versichern Ihnen, dass die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Unternehmens ebenso wie die unserer Aktionäre weiterhin an vorderster Stelle von uns verfolgt werden."

E.On sichert sich das lukrative Netzgeschäft der RWE-Ökostromtochter Innogy, gibt sein Wind- und Sonnenstromgeschäft, sowie die Beteiligung an zwei Atommeilern an RWE. E.On ist der Gewinner, Innogy der Verlierer.
von Angela Hennersdorf

Zeitweise hatten sich Finanzkreisen zufolge auch einige ausländische Konzerne an Innogy interessiert gezeigt. Reuters hatte von Insidern erfahren, dass RWE auch mit dem italienischen Versorger Enel, der französischen Engie und Iberdrola aus Spanien gesprochen habe. Mit Iberdrola habe RWE vor Weihnachten sogar kurz vor einer Einigung gestanden. Zwei Banker, die in der Vergangenheit für Innogy gearbeitet haben, sagten, ein Gegenangebot sei unwahrscheinlich.

Die Börse jubelte über die Pläne der Konzerne. Innogy-Aktien legten um 12,1 Prozent zu, RWE um 9,2 und E.On um 5,4 Prozent.

Verdi gibt schon grünes Licht

Verdi und die Gewerkschaft IG BCE begrüßten die Pläne. Sie sähen sie als Chance für alle Beteiligten, starke und investitionskräftige Unternehmen aufzubauen und Perspektiven für Wachstum und Arbeitsplätze zu erschließen. "Die Gewerkschaften gingen vom Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und der Fortgeltung der Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen aus." Die Bundesregierung zeigte sich ebenfalls wohlwollend.

Die Kommunen - sie halten knapp 23 Prozent der RWE-Anteile - gab es nach anfänglichen Zweifeln Rückendeckung. Das Vorhaben sei strategisch und finanzwirtschaftlich grundsätzlich positiv zu werten, hieß es in einer Mitteilung. "Wir begrüßen außerdem, dass ein deutsches Unternehmen neuer Partner der RWE AG und damit indirekt auch für die Kommunen wird." Sie würden den Prozess positiv begleiten, aber dabei auch Wert darauf legen, dass die kommunalen Interessen gewahrt und gestärkt würden.

von Reuters

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