Klima "Mischung aus Dummheit und Arroganz"

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Klimawandel

Dann kann der gegenwärtige Anstieg doch wie damals natürliche Ursachen haben.

Das wäre eine Fehlinterpretation. Der entscheidende Unterschied besteht im Tempo der Erwärmung. Der schnelle und steile Anstieg der Temperaturen in den vergangenen 40 Jahren lässt sich nur durch den parallelen starken Anstieg der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre erklären. Dass natürliche Einflüsse den Effekt noch verstärken oder auch dagegen wirken, ist davon unbenommen.

Kann man das noch glauben? Kritiker sprechen von Manipulation und Trickserei.

Ich kann nicht für jeden beteiligten Forscher eine Ehrenerklärung abgeben. Dennoch glaube ich nicht an bewusste Fälscherei.

Wie entstanden die Fehler dann?

Da war eine Mischung aus Dummheit und Arroganz am Werk. Der eigentliche Sündenfall dabei war, dass sich der Rat entgegen seiner Regeln in seinen Aussagen nicht mehr allein auf wissenschaftlich legitime Quellen verlassen hat. Stattdessen hat er bei manchen Themen auf Zeitungsartikel und Berichte von Interessenverbänden zurückgegriffen. Schlimmer noch: Es ist der Eindruck entstanden, dass Umwelt- und Naturschutzverbände, aber auch wirtschaftliche Interessen direkten Einfluss auf Aussagen des IPCC nehmen konnten. Ich will hoffen, dass dies nicht wirklich passiert ist.

Die Frage ist doch, was war die Triebfeder dahinter? Womöglich sehen sich Klimaforscher ja in der Rolle des Weltenretters, der Öffentlichkeit und Politik mit Dramatisierungen und Alarmismus aufrütteln will.

Zweifellos gibt es Kollegen mit einem solchen Sendungsbewusstsein. Aber das ist nicht die Rolle eines Wissenschaftlers. Forscher sollten nicht emotional mit ihrem Thema umgehen, sondern Distanz halten. Und auf gar keinen Fall sollten sie neben Wissenschaft Politik als Nebengeschäft machen wollen. Ihre Aufgabe ist es, wichtige Erkenntnisse zu liefern, die angemessenen Schlüsse daraus müssen Politik und Öffentlichkeit ziehen.

Sehen Sie diese Zurückhaltung beim Chef des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, der die Kanzlerin in Klimafragen berät?

Es ist schon etwas eigenartig, dass im wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für die globale Umweltentwicklung einzig zwei Klimaforscher des PIK sitzen, die im Wesentlichen das Gleiche sagen. Ich würde schon empfehlen, die ganze Breite des Wissens einzusammeln und sich auf dieser Grundlage eine Meinung zu bilden. Sonst wird das Gremium zu einer Art Hilfstruppe für die Politik.

Mit Herrn Schellnhuber als Lautsprecher?

Jedenfalls mischt er sich mit konkreten politischen Forderungen in die Tagespolitik ein. Die Bundesregierung sollte sich meines Erachtens schon überlegen, ob diese Art der Einmischung das ist, wofür sie Wissenschaft bezahlt.

Hätten sich kritische Wissenschaftler wie Sie nicht viel früher und viel lauter zu Wort melden müssen?

Ich glaube sagen zu können, nie mit meiner Meinung hinter dem Berg gehalten zu haben. Und es gab schon immer eine kritische Gruppe an Klimaforschern, die mit dem Vorgehen des IPCC nicht so ganz einverstanden war. Die werden jetzt in ihrer Präsenz nach außen wie intern mutiger.

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