Nach den Insolvenzfällen Lichtblick für die kriselnde Solarindustrie

Ein Jahr nach der spektakulären Pleite von Solon sind viele Insolvenzfälle der Solarbranche abgearbeitet. Welche Unternehmen überlebt haben und wie ihre neuen Strategien aussehen.

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Neuer Rückschlag für Solarworld
SolarworldDer Bonner Solarmodulhersteller kommt nach seinem scharfen Kapital- und Schuldenschnitt vom Frühjahr nur langsam wieder in Tritt. Die konzernweite Absatzmenge sei im ersten Halbjahr nach vorläufigen Zahlen zwar um mehr als die Hälfte auf 357 Megawatt gestiegen, teilte Solarworld mit. Hierzu habe aber vor allem das Auslandsgeschäft beigetragen. In Deutschland sei der Markt weiter schwach. Das Umsatzziel für 2014 von mehr als 680 Millionen Euro werde deshalb wahrscheinlich nicht erreicht. In den ersten sechs Monaten wuchs der Konzernumsatz um 13 Prozent auf 228 Millionen Euro, blieb dabei aber leicht unter den Erwartungen des Unternehmens. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie bereinigt um Sondereffekte des internen Umbaus kam Solarworld auf einen leichten Gewinn von einer Million Euro (Vorjahreshalbjahr: -37 Millionen Euro). Ein insgesamt positives operatives Ergebnis erwartet das Unternehmen weiterhin für 2015. Mit der Restrukturierung hatte Solarworld seinen Schuldenberg um mehr als die Hälfte auf 427 Millionen Euro verringert. Dabei mussten Aktionäre und Gläubiger hohe Verluste hinnehmen. Erst vor kurzem hatte sich der Konzern mit einem wichtigen Rohstoff-Lieferanten auf neue Verträge geeinigt - musste im Gegenzug aber viel Geld in den Wind schreiben. Quelle: dpa
Nordex Der Windkraftanlagenbauer Nordex will seine Geschäfte in Südamerika ausbauen. Schon heute verkaufe Nordex vor allem in Uruguay mit einigem Erfolg, sagte Vorstandschef Jürgen Zeschky. Auch in Chile werde Nordex aktiv sein. „Diese Länder haben einen ungestillten Hunger nach Energie und zahlen für Strom aus heimischen Kraftwerken gutes Geld.“ In den USA habe sich Nordex dagegen bescheidene Ziele gesteckt. „Ich würde nicht so weit gehen, diese Strategie "Rosinen picken" zu nennen, aber dem härtesten Wettbewerb gehen wir so aus dem Weg“, sagte Zeschky. Der Umsatzanteil Amerikas liege bei 18 Prozent. Nach einem guten ersten Quartal hatte Nordex seine Prognose für 2014 zuletzt angehoben. Erwartet werden nun ein Auftragseingang von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro und ein Umsatz von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Die Ebit-Marge für 2014 - also das Verhältnis von operativem Ergebnis und Umsatz - wird laut Zeschky 4 bis 5 Prozent betragen. Nordex werde sein Werk in Rostock für rund 25 Millionen Euro ausbauen, kündigte Zeschky an. Dort sind etwa 1400 Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt wolle Nordex bis 2016 rund 50 Millionen Euro in seine Kerntechnologie „Rotorblatt“ investieren. Hintergrund sind die größeren Dimensionen der Rotorblätter und zugehörigen Werkzeuge, die den Umbau der bestehenden Produktionshallen notwendig machen. Quelle: dpa
SolarworldDie Sanierung ist planmäßig abgeschlossen, die Verluste sind eingedämmt (auf 427 Mio. Euro) - jetzt müssen nur noch die Umsätze wieder fließen. Der Photovoltaikkonzern Solarworld sieht sich nach dem drastischen Kapital- und Schuldenschnitt wieder gut aufgestellt. „Wir kommen nicht nur in ruhigeres Fahrwasser, wir nehmen auch massiv Fahrt auf“, sagte Konzernchef Frank Asbeck im Mai bei der Hauptversammlung des Unternehmens in Bonn. Solarworld profitiere von dem Einstieg des Emirats Katar sowie von der Übernahme von Fertigungskapazitäten von Bosch in Thüringen. Der Unternehmenschef geht von einem Wachstum des globalen Photovoltaikmarktes aus, mit einem Schwerpunkt in Asien und in den USA. Allein im ersten Quartal seien in den USA fast so viele Neuanlagen installiert worden wie in dem rückläufigen Markt Deutschland für das ganze Jahr 2014 erwartet wird. Quelle: dpa
SMA SolarSchlechter Start ins Jahr 2014: Im ersten Quartal stand beim operativen Ergebnis des Solar-Technikherstellers ein Minus von 22 Millionen Euro in den Büchern - nach einem Verlust von 8 Millionen Euro Anfang 2013. Zudem brach der Umsatz deutlich ein. Grund dafür seien zum einen Unsicherheiten in Europa wegen der Ukraine-Krise, aber auch Projektverschiebungen in Nordamerika und Währungsturbulenzen in Indien, heißt es offiziell von SMA Solar. Auf der Hauptversammlung 2014 wurde beschlossen, für das Geschäftsjahr 2013 keine Dividende auszuschütten. Große Probleme hat das Unternehmen aber schon länger. Der Weltmarktführer bei Photovoltaik-Wechselrichtern hatte 2013 einen Verlust von rund 67 Millionen Euro eingefahren - nach einem Gewinn von 75,1 Millionen Euro 2012. Mit weiteren Sparmaßnahmen will SMA Solar nun wieder in die Gewinnzone zurückkommen. Schon im Jahr 2013 hat der Wechselrichter-Hersteller seine Kosten um 180 bis 200 Millionen Euro gesenkt. Zudem will das Unternehmen in Zukunft neue Märkte erschließen und neue Produkte einführen. „Im besten Fall“, so Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon, soll 2014 ein Ergebnisplus von 20 Millionen Euro erreicht werden. Ende Mai gab SMA Solar bekannt, das Solar-Wechselrichter-Geschäft vom Mitbewerber Danfoss komplett zu kaufen und eine strategische Partnerschaft anzustreben. Quelle: dpa
SunwaysBeim Fotovoltaik-Unternehmen aus Konstanz läuft seit Ende April das offizielle Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter hat damit begonnen, den Konzern zu zerschlagen. Als ersten Schritt zur Liquidierung beantragte Sunways am 19. Mai den Widerruf der Börsenzulassung an der Frankfurter Wertpapierbörse beantragt. Gleichzeitig trat der Vorstandsvorsitzende Hoong Khoeng Cheong zurück. Das Geschäft mit Wechselrichtern und gebäudeintegrierter Photovoltaik hat bereits der chinesische Solarkonzern Shunfeng übernommen. 40 Mitarbeiter können deshalb ihren Arbeitsplatz behalten. Alle anderen hätten ihre Kündigung bereits erhalten, teilte ein Sprecher mit. Ende 2012 waren bei Sunways noch 265 Menschen beschäftigt. Die Aktionäre müssen davon ausgehen, bei der Insolvenz komplett leer auszugehen. Sunways schrieb seit Jahren rote Zahlen und wies hohe Verluste aus. Wie im Mai bekannt wurde, waren die Geschäfte des Unternehmens schon mehrere Monate vor der Zahlungsunfähigkeit fast völlig zum Erliegen gekommen. Bereits 2013 befand sich das Unternehmen einmal in einem vorläufigen Insolvenzverfahren, nachdem mehrere Banken dem Unternehmen Kredite in Millionenhöhe gekündigt hatten. Durch eine Vergleichsvereinbarung wurde das eigentliche Insolvenzverfahren damals jedoch abgewendet. Quelle: dpa
S.A.G. Solarstrom AGDie Solarkrise hat den Anlagenbauer in die Knie gezwungen. Das Unternehmen stellte am 13. Dezember 2013 einen Insolvenzantrag. Die Solarstrom AG kann nach Ansicht des Insolvenzverwalters aber gerettet werden. Mit einer Zerschlagung des Solarunternehmens sei derzeit nicht zu rechnen, teilte eine Firmensprecherin am 16. Mai am Rande einer Gläubigerversammlung mit. Die Sanierung und die Suche nach Investoren laufe positiv und werde fortgeführt, sagte Insolvenzverwalter Jörg Nerlich. Einzelheiten hierzu nannte er nicht. Nerlich erwartet den Angaben zufolge eine Insolvenzquote von rund 50 Prozent. Ob Aktionäre Geld zurück erhalten können, sei aber weiter offen. Das Freiburger Unternehmen mit heute rund 170 Mitarbeitern zählt zu den Pionieren der Solarbranche. Es war 1999 eine der ersten börsennotierten Solarfirmen in Deutschland. Quelle: dpa
ProkonDer Windkraftanlagen-Finanzierer hat im Januar beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz angemeldet. Das Verfahren wurde Anfang Mai eröffnet. Die Zukunft für die insgesamt rund 1300 Beschäftigten ist ungewiss. Gut 75.000 Anleger hatten dem Unternehmen über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Sie müssen sich auf schmerzvolle Verluste einstellen. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin schätzt, dass sie zwischen 40 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals verlieren werden. Das Geschäftsmodell des von Carsten Rodbertus 1995 gegründeten Windparkbetreibers stand seit langem in der Kritik. Quelle: dpa

Eine totale Sonnenfinsternis ist ein seltenes und darum spektakuläres Schauspiel, in Deutschland ist es erst im September 2081 wieder so weit. Dann ist über dem Gebiet des Bodensees zu bewundern, wie der Schatten des Mondes kurz die Erde verdunkelt.

Die Sonnenfinsternis in der deutschen Solarbranche ist dagegen zum Dauerphänomen geworden, das von Blaubeuren bis Brilon, von Griesheim bis Gelsenkirchen zu sehen ist.

Vor ziemlich genau einem Jahr, Mitte Dezember 2011, riss es den Berliner Solarmodulhersteller Solon als erstes prominentes Opfer in die Pleite. Danach krachten fast im Zwei-Wochen-Takt solide Mittelständler ebenso wie einstige Börsenüberflieger in sich zusammen: SolarMillenium, Scheuten, Q-Cells, Solarwatt, Sovello, Solarhybrid, Centrotherm, Soltecture oder Inventux. Einige ringen noch ums Überleben, verhandeln mit Gläubigern, suchen Investoren und feilen an Sanierungsplänen. Andere sind abgewickelt, von ausländischen Wettbewerbern geschluckt oder – auch das gibt es – vollständig saniert aus der Insolvenz entlassen.

Inventux/Berlin

„Hier wird Zukunft produziert“ lautet der Slogan des Clean Tech Business Park an der Wolfener Straße, einem Prestigeprojekt der Bezirksverwaltung Marzahn-Hellersdorf im Osten Berlins. Rund um den Solarmodulbauer Inventux wollten die Lokalpolitiker Unternehmen der erneuerbaren Energien ansiedeln und Jobs in einer Zukunftsbranche schaffen – auch für die Menschen, die nebenan in den Plattenbauten entlang der S-Bahn-Linie 7 leben. Doch die Zukunft muss noch warten, im Mai musste Inventux Insolvenzantrag stellen.

Verkaufspreise für kristalline Module chinesischer Hersteller (zum Vergrößern bitte anklicken).

Kurz bevor die Agentur für Arbeit die Zahlung des Insolvenzgeldes an die Mitarbeiter einstellte, zog der Insolvenzverwalter Anfang August noch eine Investorengruppe aus dem Hut: zwei Unternehmen aus Chile und Argentinien, die schon Handelspartner von Inventux waren, öffentlich aber nicht genannt werden wollen.

Es handele sich dabei um energieintensive Betriebe aus der südamerikanischen Kupfer- und Goldminenindustrie, die für den Eigenverbrauch auch auf Fotovoltaik setzen, verrät Christian Plesser, einer der Inventux-Geschäftsführer, immerhin. Wegen der starken Sonneneinstrahlung in ihren Ländern seien beide besonders an den Dünnschichtmodulen interessiert, die die Berliner herstellen. Sie sind preiswerter als kristalline Module, der Leistungsverlust bei heißen Temperaturen gilt als gering.

Plesser ist einer von vier ehemaligen Schüco-Managern, die 2007 Inventux gründeten und ein Jahr später mit der Fertigung begannen. 2010, in den Spitzenzeiten der jungen Firmenhistorie, löteten, klebten und schraubten rund 300 Mitarbeiter Module mit einer Leistung von 100 Megawatt zusammen und erlösten damit mehr als 60 Millionen Euro. „Den Absatz konnten wir auch im Jahr darauf noch annähernd halten, nicht aber den Umsatz“, sagt Plesser. „Gegen den Preisverfall war kein Kraut gewachsen.“ Nur noch rund 100 Mitarbeiter fuhren die deutlich geschrumpfte Produktion der neuen Inventux im Oktober wieder hoch. Das dreiköpfige Management um Plesser hält zwölf Prozent der Anteile.

Hase-und-Igel-Spiel


Die Sonnenkönige der Solarbranche
Wer hat auf dem schrumpfenden Solarmarkt noch eine Chance? Das Zentrum für Solarmarktforschung (ZFS) hat exklusiv für die WirtschaftsWoche die Zukunftssaussichten der deutschen Solarindustrie unter die Lupe genommen. Und das ist das Ergebnis.... Quelle: dpa
CENTROTHERM Quelle: dpa
MANZ Quelle: Presse
SMA Quelle: dpa
SOLARWORLD Quelle: dpa
SUNWAYS Quelle: dpa
ALEO SOLAR Quelle: Pressebild

Die Hoffnung der Mitarbeiter und Manager hängt nun an Projekten in den sonnenreichen Höhenlagen Chiles, für die Inventux die Module liefern soll. Eine Strategie, die abenteuerlich klingt: Zwar sind Dünnschichtmodule in solchen Regionen Südamerikas von Vorteil, und auch die Erdbebensicherheit seiner Anlagen sei erwiesen, behauptet Plesser. „Am teuren deutschen Standort für den chilenischen Markt zu produzieren ist aber kein tragfähiges Geschäftsmodell“, kritisiert Joachim Zwicky, Analyst beim Zentrum für Solarmarktforschung in Berlin.

Auch eine kleine Pressenotiz von Anfang September verheißt für Inventux wenig Gutes. Demnach eröffnet der chinesische Solarmodulriese Trina Solar eine Niederlassung in Chile, um von dort aus die lateinamerikanischen Märkte aufzurollen. „Inventux lässt sich auf dem chilenischen Markt auf ein Hase-und-Igel-Spiel ein“, fürchtet Zwicky, aber die Chinesen seien schon da.

Solarwatt/Dresden

Nicht nur dort: Auch bei Detlef Neuhaus, Chef des Mitte 2012 in die Insolvenz gerutschten Dresdner Modulherstellers Solarwatt, wird die Tonlage schärfer, wenn er über die asiatische Konkurrenz spricht. „Wir haben nicht damit gerechnet, dass eine ganze Branche bereit ist, bis zu 30 Prozent unter ihren eigenen Herstellkosten zu verkaufen.“

Solarwatt, so Neuhaus, habe diesen ruinösen Preisverfall zwar schon vor zwei Jahren kommen sehen. Daraufhin wurde die Strategie radikal verändert: vom subventionsgetriebenen Massenhersteller von Modulen zum Anbieter von Systemlösungen samt Modulen, Speichertechnologie, Wechselrichtern und Software. Pech nur: „Was wir unterschätzt haben, war die Geschwindigkeit und die Brutalität, mit der sich das Zeitfenster für diese Neuausrichtung geschlossen hat.“

Der frühe Strategieschwenk hilft Solarwatt dennoch: „Es lag bereits ein Sanierungskonzept vor, auf dem wir aufbauen konnten“, sagt Andreas Ziegenhagen, beratender Restrukturierungsexperte der Wirtschaftskanzlei Salans LLP in Berlin. Zudem sei Solarwatt stets zahlungsfähig geblieben. Der Insolvenzantrag sei lediglich aufgrund der negativen Fortführungsprognose gestellt worden.

In die Hände spielt Neuhaus und Ziegenhagen dabei die im März novellierte Insolvenzordnung mit dem Schutzschirmverfahren. Es schützt betroffene Unternehmen vor einem Gläubiger-Zugriff, ohne die Geschäfte einem Insolvenzverwalter überlassen zu müssen. Das Unternehmen wird weiter vom Vorstand gelenkt, ihm wird allerdings ein Sachwalter zur Seite gestellt.

„Das Schutzschirmverfahren ist zurzeit das sanierungsfreundlichste, weil es die Fortführung des Unternehmens anstrebt“, sagt Ziegenhagen. Dennoch ermögliche es eine Entschuldung, die für die Gläubiger aber besser sein muss als eine Abwicklung im Insolvenzverfahren. Ziegenhagen: „Unser oberstes Ziel war es, schnell aus dem Verfahren herauszukommen.“

Keine Überlebensgarantie


Bill Gates setzt auf Solar-Klos
Die prämierte Toilette wurde von kalifornischen Forschern entwickelt. Gates betonte in einem Blogeintrag, es gehe um ein extrem dringliches Problem. Foto: dapd Quelle: dapd
Der erste Preis ging an eine mit Solarzellen betriebene Toilette, die auch Wasserstoff und Strom produzieren kann. Sie wurde von kalifornischen Forschern entwickelt. Foto: dpa Quelle: dpa
Michael Hoffman vom California Institute of Technology erklärt, welche Technik dafür notwendig ist. Foto: dpa Quelle: dpa
Die Lösung ist inspiriert von einem elektrochemischen Verfahren für die Nasa: über der Erde eine Toilettenschüssel, darunter ein Tank mit solargetriebenem Kleinreaktor, der Brauchwasser reinigt. Mit dem dabei entstehenden Biogas kann nach dem Modell gekocht werden. Foto: Reuters Quelle: REUTERS
Günstig ist die Lösung allerdings nicht. Rund 1000 Dollar würde eine Toilette dieser Art kosten. Dennoch ein notwendiges Forschungsfeld, findet Bill Gates. Denn laut des Microsoft-Gründers löst mit Fäkalien verschmutztes Wasser Durchfall-Erkrankungen aus, denen jedes Jahr 1,5 Millionen Kinder zum Opfer fielen. Weltweit hätten 2,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen. Der Microsoft-Gründer hatte einen großen Teil seines Milliardenvermögens in die Bill- und Melinda-Gates-Stiftung eingebracht. Foto: dpa Quelle: dpa
Die englische Universität von Loughborough belegte den zweiten Platz mit ihrem Recycling-Klo, das Abwasser in Kohle, Minerale und sauberes Trinkwasser zerlegt. Foto: Reuters Quelle: REUTERS
Der Unternehmer ist davon überzeugt, dass auch wohlhabendere Länder von der Erfindung neuer Klos profitieren könnten, indem sie "ihr sauberes Wasser für eine andere Verwendung als die Toilettenspülung" sparten. Foto: dpa Quelle: dpa

Das ist dem Experten gelungen – zusammen mit Management, Sachwalter und dem früheren Mitgesellschafter und neuem Alleinaktionär, dem BMW-Erben Stefan Quandt. Mitte Juni stellte Solarwatt Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Am 1. August wurde das Verfahren eröffnet, Anfang September bestätigte die Gläubigerversammlung den Sanierungsplan, und schon Anfang Oktober war das Ziel erreicht: Das Verfahren wurde vom Amtsgericht Dresden aufgehoben.

Solarwatt-Chef Neuhaus und seine 330 von einst 430 Mitarbeitern müssen nun beweisen, dass die neue Strategie dauerhaft trägt. Vor drei Wochen stellten die Dresdner die Software Energy Manager vor, die den Solarstrom in das Energiesystem eines Hauses integriert. Das Programm erfasst und analysiert sekundengenau Daten der Solaranlage und den Energieverbrauch im Haushalt. 2013 soll dann eine Batterie das System im Haus komplettieren: Der Solarstromspeicher dürfte den Grad der Eigenversorgung mit Solarenergie deutlich erhöhen. Künftig, so Neuhaus, liegen die Beiträge der Wertschöpfung des reinen Modulgeschäfts bei Solarwatt nur noch bei 10 bis 20 Prozent.

Solar-Sponsoring in der Bundesliga
Solarpanel
Mannschaftsfoto von Borussia Dortmund
Fans von Mainz 05
Lukas Podolsko vor dem Vereinsheim des 1. FC Köln
Fans von Hertha BSC Berlin
Mannschaftsbus von Schalke 04
Mannschaftsfoto vom Hamburger SV

Eine Überlebensgarantie ist der Wechsel vom Modul- zum Systemanbieter jedoch nicht. „Die Flucht ins Systemgeschäft ist naheliegend. Alle früheren Hersteller von Modulen drängen inzwischen in diesen Markt“, sagt Solaranalyst Zwicky. So etwa der angeschlagene Bonner Solarriese Solarworld, die Hamburger Centrosolar und auch die Solarsparte des Stuttgarter Technologiekonzerns Bosch. Zwicky: „Das Systemgeschäft bietet derzeit als einziges noch die Chance auf Marge.“ Neuhaus weiß das. Erstens brauche Solarwatt nicht 100 Prozent Marktanteil, und zweitens sei man schon sehr weit mit den Innovationen: „2013 wird die Branche eine neue Insolvenzwelle erleben“, prophezeit Neuhaus. „Wir werden dann wettbewerbsfähig und gewappnet sein.“

Sovello/Bitterfeld

Ähnlich schnell und erfolgreich wie Solarwatt wollte auch der Solarzellenhersteller Sovello aus Sachsen-Anhalt mit dem neu geschaffenen Instrument der Eigenverwaltung die Kurve kriegen. Doch das ging gewaltig schief. Das zuständige Amtsgericht schmetterte im August den Antrag des Managements ab, nachdem ein Gutachter Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung attestiert hatte. Stattdessen eröffnete das Gericht ein reguläres Insolvenzverfahren und tauschte den Sachwalter gegen einen Insolvenzverwalter aus.

Ein Leben nach dem Tod scheint für Sovello nun kaum noch möglich. Zwar läuft die Investorensuche, allerdings ist die Zukunft zappenduster. Aus wirtschaftlichen Gründen sei eine Fortführung des Unternehmens nicht mehr möglich, teilte der Insolvenzverwalter Ende Oktober mit.

Solon/Berlin

Asiatische Massenproduzenten hier, kleine regionale Stromdienstleister dort: So sieht auch Lars Podlowski, technischer Geschäftsführer beim Berliner Hersteller Solon, die Solarwelt von morgen.

Solon tanzt vorerst noch auf beiden Hochzeiten, stellt Module wie Systemlösungen her. Ein Alleinstellungsmerkmal fehlt den Berlinern jedoch. Die Vorteile sieht Podlowski woanders: „Als eines der wenigen Solarunternehmen haben wir keine Schulden und sind vollständig durch unsere neuen Eigentümer finanziert.“

Das Argument steht für die neue Bescheidenheit der einstigen Überflieger. 2008 stand Solon beim Umsatz noch knapp an der Milliardenschwelle. Wer eine Aktie des Unternehmens kaufte, musste fast 55 Euro berappen. Als die Berliner Mitte Dezember 2011 Insolvenzantrag stellten, war das Papier keine 25 Cent mehr wert.

Fokus auf Europa


Sofort nahm Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg die Suche nach Investoren auf. Ein schwieriges Unterfangen, brachen doch immer mehr Solarfirmen zusammen. Die Retter aus dem Morgenland kamen im Frühjahr: Microsol, ein von indischen Ingenieuren gegründetes Unternehmen mit Sitz im arabischen Emirat Fudschaira. Die Multi-Kulti-Truppe machte aus der börsennotierten Solon SE die Solon Energy GmbH und schrumpfte den Betrieb gesund: Lag der Umsatz 2010 noch bei 620 Millionen Euro, sind es 2011 nur noch 435 Millionen. Wie viel 2012 herauskommt, will Podlowski nicht verraten „Es wird noch mal deutlich weniger sein“, sagt Podlowski. Immerhin schafften 433 von 451 Mitarbeitern den Sprung in die neue Gesellschaft.

Bis Solon nach der Insolvenz im Markt wieder Fuß fassen konnte, dauerte es jedoch länger als vom Management zunächst gedacht. Eine Modulfabrik in Greifswald mit einer Kapazität von 180 Megawatt wird dichtgemacht. Die Module laufen nun in Fudschaira vom Band. „Es war eine Maßnahme, die wir treffen mussten, um für große Mengen wettbewerbsfähig zu bleiben. Ob es uns gefällt oder nicht“, sagt Podlowski.

Weltumspannende Aktivitäten

Vom vollständigen Exodus in die arabische Wüste will er aber nichts wissen. „Der Standort Berlin hat seine Daseinsberechtigung, auch wenn er teurer ist. Nur so können wir kurzfristig auf Kundenanfragen reagieren.“ Denn bis die Module aus dem arabischen Werk einmal um die halbe Welt verschifft sind, dauert es bis zu fünf Wochen – im Zweifelsfall viel zu lange.

Die Hoffnung der Berliner liegt nun in Indien – der Heimat der Microsol-Bosse. Auf ihre Kontakte setzt Podlowski und auf das Potenzial des sonnenreichen Landes: „Wir haben Fuß gefasst im Markt für gewerbliche Dachflächen, für die es ein Förderprogramm gibt.“ Stolz schwärmt er von den „weltumspannenden Aktivitäten“ des Mittelständlers. Zur Niederlassung in den USA sind seit der Pleite eine Tochter in Indien und vor wenigen Wochen noch ein Joint Venture mit dem israelischen Energie- und Technologiekonzern Elco hinzugekommen.

Ob der Expansionsfeldzug rund um den Globus aufgeht, wird sich erst in ein paar Jahren zeigen. Vorerst bleiben der Heimatmarkt und Italien die wichtigsten Märkte; der Fokus bleibt damit zunächst auf Europa.

In Deutschland setzt Solon auf die Energiewende: „Speicherlösungen und Energiemanagement werden für uns ein sehr wichtiges Standbein“, sagt Podlowski. Umsatzrelevant seien diese Technologien aber bisher nicht. „Ich will keine rosaroten Wolken malen, die Branche ist noch immer in einer Konsolidierungsphase. Nach wie vor wird unter Preis verkauft, die Lage ist schwierig.“

Schwierig, aber vielleicht doch nicht völlig aussichtslos. Fotovoltaik habe auch in Deutschland Zukunft, verspricht jedenfalls Bundesumweltminister Peter Altmaier.

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