
Die Lawine so richtig losgetreten hat ein Vorstand der Munich Re, des nach Eigenangaben größten Rückversicherers der Welt. Torsten Jeworrek äußerte sich vor einem Monat in der Süddeutschen Zeitung: Die Energiewende müsse wieder auf Trab gebracht werden, schrieb er sinngemäß. Wieso ein Rückversicherer, der sich normalerweise Sorgen um Erdbebengebiete und Unwetterfronten macht, weil diese meist den größten Schaden für Assekuranzen wie Munich Re darstellen, sich nun plötzlich über Strom äußert, wunderte viele Beobachter.
Lukratives Geschäft mit Netzen
Offenbar standen hinter den Worten nicht nur die Sorgen eines Privatmannes, der nach dem Abschalten der Atomkraftwerke nicht im Dunklen sitzen möchte. Hier sprach offenbar der Manager Jeworrek, der die Energiewende als Geschäftsmodell auch für die Munich Re erkannte haben könnte, mutmaßten hernach die Energieinsider. Denn es gibt eigentlich nichts Schöneres als zum Beispiel in Infrastruktur, speziell Netze zu investieren: Die Bundesregierung garantiert bei Neuinvestitionen eine Verzinsung von neun Prozent, und das bietet wahrlich nicht jedes Geschäft.
Die Energiewende braucht Netze, das pfeifen mittlerweile die Spatzen von den Überlandleitungen. Diese reichen nicht aus, weil Erneuerbare Energien und die Puffer zwischen ihnen und den konventionellen Kraftwerken viel Strom europaweit in unregelmäßigen Schüben durch die Drähte pressen von der Nordsee bis herunter in die Industriereviere Süddeutschlands, wo die meisten Atomkraftwerke nach Fukushima abgeschaltet wurden. Solche Netze müssen jetzt dringend gebaut werden, auch die geplanten Offshore-Parks können anders nicht angeschlossen werden und drohen zu Investitionsruinen zu werden. Das Problem: Der größte Betreiber des Fernnetzes ist das Unternehmen Tennet, und dieses gehört dem holländischen Staat. Tennet ziert sich mit den Investitionen, auch weil die Bundesregierung bisher keinen richtigen Plan oder einen wissenschaftlichen Zwischenstand („Monitoring“) für den künftigen Energiebedarf, über EEG-Umlagen und Subventionen für energieintensive Unternehmen wie Stahl- und Aluminiumhersteller vorgelegt hat. Da ist es eigentlich nur normal, wenn sich ein Investor erst einmal zurückhält. So auch Tennet, die das Netz nicht vom deutschen Staat, sondern vom größten privaten Energiekonzern E.On vor fünf Jahren erworben hat.