Neue Sanktionen gegen Russland „Beim Diesel wird es keine Preisexplosionen geben“

Diesel made in Russia soll jetzt zumindest in der Europäschen Union nicht mehr verkauft werden Quelle: dpa

Die EU will ab jetzt kein Diesel mehr aus Russland importieren. Was bedeutet das für die Preise an den Tankstellen? Duraid El Obeid, Verbandschef der Freien Tankstellen und Chef der Sprint-Kette über die Versorgung im Osten, die Schwedter Raffinerie – und die Atomkraft.

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Seit dem vergangenen Sonntag greifen neue Sanktionen der Europäischen Union gegenüber Moskau. Die Europäer wollen jetzt keine Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe aus Russland mehr importieren. Andere Einkäufer sollen über einen Preisdeckel dazu gezwungen werden, russische Erdölprodukte nur unter Marktpreis zu kaufen, um so Wladimir Putins Einnahmen zu vermindern. Rund 12,5 Prozent des in Deutschland verbrauchten Diesels stammte bis zuletzt aus Russland. Was bedeutet dieser Schritt für die Diesel-Preise an den Tankstellen? Fragen an einen, der es wissen muss: Duraid El Obeid ist Chef der Kette Sprint, die vor allem in Ostdeutschland 141 Tankstellen betreibt. Zudem ist er Vorsitzender des Bundesverbands Freier Tankstellen.

WirtschaftsWoche: Ihre Sprint-Tankstellen liegen vor allem in ostdeutschen Bundesländern, sie werden vor allem mit Sprit beliefert, der aus den Raffinerien in Leuna und Schwedt stammt. Haben Sie schon gemerkt, dass seit Anfang des Jahres kein Öl mehr aus Russland in diesen Raffinerien verarbeitet wird?
Duraid El Obeid: Wir haben das überhaupt nicht gemerkt. Wir kennen natürlich die Debatten und die Umstellung auch jetzt zum Jahreswechsel. Aber unsere Lager in Berlin und in den ostdeutschen Bundesländern sind voll. Wir sehen keine Anzeichen, die neue Unsicherheiten rechtfertigen würden.

Jetzt soll es auch keinen Diesel mehr aus Russland geben. Wie wird sich das auf die Preise auswirken?
Russischer Diesel wird mit Diesel aus anderen Regionen ersetzt werden. Ich gehe davon aus, dass vieles dann aus der Region Rotterdam und Antwerpen geliefert wird und auch aus dem Nahen Osten. Ich bin optimistisch, dass wir ausreichend Kraftstoff zur Verfügung haben werden. Durch die weitere Entfernung aus den Produktionsländern wird es sicher teurer werden, aber wir werden keine Preisexplosionen beim Diesel sehen. Die Preiserhöhung wird nicht inakzeptabel schmerzhaft sein.

Duraid El Obeid ist der Chef der Berliner Tankstellenkette Sprint. Quelle: Presse

Wie haben Sie Ihre Lieferungen abgesichert?
Wir haben Einjahresverträge mit den Raffinerien im Osten abgeschlossen, der PCK in Schwedt, mit der Raffinerie in Leuna. Beide Raffinerien haben uns versichert, dass sie das ganze Jahr hindurch lieferfähig sein werden. Wenn es keine technischen Probleme gibt, was jederzeit passieren kann, bin ich davon überzeugt, dass die Raffinerien ihren Verpflichtungen nachkommen werden.

Wie ist das vergangene Jahr für die Tankstellen gelaufen? Die großen Ölkonzerne – Chevron, Shell – haben alle Rekordgewinne verzeichnet. War das bei Ihnen auch so?
Nein, das war nicht so. Wir hatten einen geteilten Markt. Auf der Produktionsseite, also bei den Öl-Multis, die auch Raffinerien betreiben, sind durch den Wegfall der russischen Lieferungen andere Rohölsorten nachgefragt worden und erhebliche Margen entstanden. Für die Tankstellenbetreiber gilt das nicht. Da gab es ein ganz normales Jahr mit sicher etwas rückläufigen Absätzen. Die Tankstellen in Deutschland gehören nicht zu den Profiteuren der Krise - profitiert haben andere.

Während der Zeit des Tankrabatts haben wir darüber diskutiert, ob die Ölmultis die Preisnachlässe an die Kunden weitergeben oder den Rabatt einstecken. Das Bundeskartellamt hat das untersucht und geurteilt: Ja, im Großen und Ganzen wurde das weitergegeben. Teilen Sie die Einschätzung?
Auch wenn die ersten Tage, als der Rabatt galt, sehr spannend waren, deckt sich das mit meiner Beobachtung, ja.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie 2023?
Was die Kraftstoffmarge angeht, rechne ich mit einer vergleichbaren Marge wie im Jahr 2022, mit keiner Rekordmarge, im Mittelstand zwischen 5 und 6 Cent pro Liter vor Abzug aller Kosten. Das Tankstellengeschäft an sich wird aber unter den hohen Energiekosten leiden, unter den hohen Strompreisen. An den Stationen, an denen die Stromverträge ausgelaufen sind, haben wir teilweise eine Verdreifachung der Kosten. Das führt dazu, dass das Ergebnis der Einheit Tankstelle unter Druck gerät. Deshalb springen wir als Gesellschaft ein, um unsere Pächter zu unterstützen.

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Wie kann die Bundesregierung hier helfen?
Einen Teil der Zusatzkosten können wir sicher über die Strompreisbremse kompensieren, aber das wird nicht die gesamten Mehrkosten abdecken. Wichtig wäre mir, dass die Bundesregierung dafür sorgt, dass wir den Strom kurz- und mittelfristig aus lieferfähigen Quellen bekommen. Das bedeutet, dass die Atomkraftwerke nicht abgeschaltet werden, sondern am Netz bleiben sollten. Wir haben derzeit doch keine Alternative zu den Kernkraftwerken.

Lesen Sie auch: Hier lesen Sie ein Interview mit Rohstoffanalyst Carsten Fritsch, welche Auswirkungen das Embargo auf den globalen Ölmarkt haben dürfte.

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