Neuordnung des Energiemarktes E.On kriegt das Filet von RWE-Tochter Innogy

Das Logo des Energiekonzerns Eon an der Konzernzentrale in Essen Quelle: dpa

E.On sichert sich das lukrative Netzgeschäft der RWE-Ökostromtochter Innogy, gibt sein Wind- und Sonnenstromgeschäft, sowie die Beteiligung an zwei Atommeilern an RWE. E.On ist der Gewinner, Innogy der Verlierer.

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Wochenlang ranken sich die Gerüchte um eine Zerschlagung der Essener RWE-Ökostromtochter Innogy schon. Im Dezember vergangenen Jahres musste Innogy-Chef Peter Terium nach einer Gewinnwarnung überraschend gehen - ohne Nachfolgeregelung. Viele im Konzern fragten sich damals nach dem Grund. Heute ist klar: Schon damals feilte RWE-Chef Rolf Martin Schmitz an einer neuen Strategie für die Tochter. Für Terium war in dem neuen Konstrukt kein Platz mehr. Und einen neuen CEO für die Tochter braucht man jetzt nicht mehr.

Erzrivale E.On will die RWE-Anteile an Innogy in Höhe von rund 77 Prozent kaufen, wie beide Konzerne heute mitteilten. Die Aktien würden von E.On im Rahmen einer 20-prozentigen Sachkapitalerhöhung ausgegeben. Innogy hat derzeit einen Marktwerkt von 19 Milliarden Euro. E.On , verkündeten die beiden Konzerne, wolle den Innogy-Minderheitsaktionären ein freiwilliges Übernahmeangebot in bar von 40 Euro je Aktie vorlegen. Ziel sei eine volle Integration von Innogy in den E.On -Konzern.

Im  Gegenzug beteiligt E.On den Rivalen RWE mit 16,7 Prozent am Unternehmen. Im Kern sieht die Vereinbarung zwischen den beiden Energiekonzern vor, dass E.On das lukrative Netzgeschäft von Innogy erhält, dafür sein eigenes Geschäft mit Ökostrom an RWE übergibt. Innogy wird damit zerschlagen. Höchstwahrscheinlich wird der Name Innogy vom Markt verschwinden, heißt es in Unternehmenskreisen.

E.On wird damit zum großen dominierenden Konzern mit Stromnetzen. Die Netze werden für die Essener das wichtigste Geschäft, das zukünftig einen Ergebnisanteil von 80 Prozent haben wird, wie ein Sprecher  von E.On der WirtschaftsWoche bestätigte. RWE dagegen wird mit dem Deal zum starken Spieler im europäischen und weltweiten Geschäft mit grünem Strom. Mit der Übernahme des Ökostromgeschäfts von E.On wird RWE  nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA zu einem bedeutenden Marktakteur in der grünen Energiewelt. Denn mit zu RWE sollen auch die zahlreichen Windparks an Land, die E.On in den USA hat, wechseln.

Eine Kröte muss RWE dafür allerdings schlucken: RWE soll die von der E.On -Tochter PreussenElektra gehaltenen Minderheitsbeteiligungen an den von RWE betriebenen Kernkraftwerken Emsland und Gundremmingen erhalten. Die Atommeiler werden 2021 abgeschaltet. Für den Abriss der beiden Meiler muss RWE dann finanziell allein aufkommen.

Was für ein Husarenstück von E.On -Chef Johannes Teyssen und RWE-Chef Rolf Martin Schmitz! Die beiden Top-Manager, deren Konzerne immer noch mit der Energiewende kämpfen, feilten offensichtlich schon seit Wochen an dem Deal.

Denn das Geschäft mit Wind- und Sonnenstrom ist schwieriger als gedacht für die Energieriesen. Erstens, weil die Preise für Ökostrom immer weiter sinken und damit die Gewinne mit dem Zukunftsgeschäft nicht so wachsen wie geplant. Zweitens machen den etablierten Spielern auf dem Strommarkt immer mehr kleine Konkurrenten mit innovativen digitalen Angeboten das grüne Stromgeschäft kaputt. Die einst so üppigen Gewinne mit der fossilen Stromerzeugung können Sonnen- und Windenergie bei den großen Energieversorgern nicht ersetzen.   

Top-Manager Teyssen hatte die strategische Neuaufstellung  von E.On für dieses Frühjahr schon Ende vergangenen Jahres angekündigt. Er betonte, wie wichtig für den Essener Versorger zukünftig das Geschäft mit Stromnetzen sein werde. Das Geschäft ist staatlich reguliert und damit eine sichere, garantierte Einnahmequelle.  Das Wachstum allerdings ist begrenzt. Allein hätte E.On im Netzgeschäft nur zulegen können, wenn es entweder selbst den Ausbau des Netzes vorangetrieben hätte, was teuer ist oder eben zukauft. Die Erneuerbaren, sagte Teyssen Ende vergangenen Jahres im Gespräch mit der WirtschaftsWoche seien nicht mehr zentrales Geschäft für E.On . Jetzt wird klar, was der Top-Manager schon vor Wochen plante: Den Abschied vom Geschäft mit Ökostrom und die  Konzentration auf das Netzgeschäft.

Absoluter Verlierer bei der Vereinbarung zwischen den beiden Energieversorgern ist Innogy. E.On kauft die RWE-Anteile an Innogy und auch die Marke. Klar ist aber schon jetzt, heißt es in Unternehmenskreisen, dass der Name Innogy vom Markt verschwinden werde. Der ursprüngliche Plan von RWE-Chef Rolf Martin Schmitz und Ex-Innogy-Chef Peter Terium, mit der Auslagerung des grünen Zukunftsgeschäfts in eine börsennotierte Tochter zukünftig wachsen zu wollen,  ist damit gescheitert.

Gewinner ist E.On . Der Konzern ist das margenschwache Geschäft mit Wind- und Sonnenstrom los und kann sich zukünftig ganz auf Netze und Dienstleistungsangebote für Geschäftskunden konzentrieren. Auch die Beteiligung an zwei Atommeilern sind sie mit dem Deal los.

RWE dagegen muss sein Geschäft mit Erneuerbaren wieder neu aufstellen, also wieder in die Konzernmutter integrieren. Der Versorger wird mit der strategischen Neuaufstellung wieder zum integrierten Energiekonzern, der sowohl fossile Stromerzeugung mit Kohle und Gas wie auch mit Wind- und Sonnenenergie unter einem Dach betreibt. Die lukrativen Netze sind futsch.

RWE-Chef Schmitz hat die schwierigere Aufgabe von beiden Konzernchefs: Er muss den über kurz oder lang anstehenden Ausstieg aus der Kohleverstromung bewältigen. Die Einnahmen aus dem Ökostromgeschäft müssen den Abriss der Atommeiler finanzieren und die milliardenteure Rekultivierung der Braunkohletagebauten. Einfacher wird für Schmitz das Geschäft nicht. Nur hat er jetzt mehr Masse zum Manövrieren bei den Erneuerbaren. Garantiert ist der Erfolg damit noch nicht.

Immerhin, die schwierige Suche nach einem Nachfolger für den unliebsamen Innogy-Chef Terium fällt jetzt wohl weg. Für das Geschäft wird Schmitz sicherlich im Mutterkonzern einen neuen Spartenchef finden.

Noch müssen die Aufsichtsräte der Versorger zustimmen. Diese beraten noch über die Pläne. Nicht alle Gremien hätten schon zugestimmt, heißt es in Unternehmenskreisen.  Die kommunalen Anteilseigner bei RWE reagierten völlig überrascht. "Die Pläne müssen erst einmal geprüft werden", sagte Wolfgang Schäfer, Geschäftsführer des Verbands der kommunalen RWE-Aktionäre (VkA) in Westfalen. Erst danach könne es eine Entscheidung geben. Und auch die Kartellbehörden müssen das Geschäft prüfen - voraussichtlich werde dies bei den EU-Wettbewerbshütern in Brüssel angemeldet.

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