Offshore-Projekte Windparks fehlt der Netzanschluss

Ein weiterer Windpark kann vor der deutsche Nordseeküste gebaut werden. Hoffentlich findet der dort produzierte Strom auch den Weg ins Netz, denn die nötigen Trassen fehlen nach wie vor.

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RWE-Windpark vor der Küste von Nordwales. Quelle: dpa

RWE bekommt für das Projekt Innogy Nordsee I grünes Licht. Bis 2014 muss der Energiekonzern mit dem Bau des neuen Windparks beginnen. Auf rund 34 Quadratkilometer sollen sich dann in der südöstlichen Nordsee in der Deutschen Bucht, rund rund 40 km vom Festland und 70 km von der Insel Helgoland entfernt 54 Windräder drehen. Der neue Windpark entsteht in unmittelbarer Nachbarschaft der bereits genehmigten Windparks „Delta Nordsee 1“, „Delta Nordsee 2“  und „Godewind“.

Daten und Zahlen zu den 15 aussichtsreichsten Meeres-Windparkprojekte vor Deutschlands Küsten.

Der Ausbau der deutschen Offshore-Parks geht voran. Seit 2001 hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) 29 Offshore-Windparks in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in der Nord- und Ostsee mit bald 2.100 Windrädern genehmigt. Doch von den 29 Anlagen speisen nur 25 Strom ein. Der Anschluss der Anlagen an das Stromnetz auf dem Festland kommt nur schleppend voran. Ein kleiner Fortschritt: Am Mittwoch genehmigte das BSH ein Stromkabel, dass Energie vom Windpark Global I zu einer sogenannten Konverterplattform transportiert. Dort wird der Drehstrom in Gleichstrom umgewandelt, weitertransportiert und dann schließlich nach weiterer Umwandlung ins Höchstspannungsnetz eingespeist. 

Die Plattform und die Kabelsysteme sind für 800 MW ausgelegt und erlauben die Stromabfuhr von zwei großen Offshore- Windparks mit jeweils 80 Windrädern. Aber von der Genehmigung bis zu Inbetriebnahme können Monate, wenn nicht Jahre vergehen. Die Windparkbetreiber wie RWE und E.on warnen die Bundesregierung von einem Scheitern ihrer Ausbaupläne für die Windkraft. Sie werfen den Netzbetreibern vor, dass sie mit dem Anschluss der Windparks nicht hinterkämen. Die Betreiber hätten sich selbst über- und die Probleme unterschätzt.

Netzbetreiber kommen nicht mehr hinterher

Dem widersprechen die Übertragungsnetzbetreiber nicht. Lex Hartmann, Mitglied der Geschäftsführung beim Netzbetreiber Tennet TSO, sagte kürzlich dem Handelsblatt, die Übertragungsnetzbetreiber fühlen sich mit der Energiewende finanziell überfordert. „Die Errichtung von Anschlussleitungen für Offshore-Windparks lässt sich nicht in der bisherigen Form aufrecht erhalten. Es gibt einen Tsunami von Anfragen, die wir unmöglich alle gleichzeitig abarbeiten können.“

Hartman will die Herstellung von Offshore-Anschlüssen unternehmensübergreifend an eine eigene Gesellschaft auslagern. Ein entsprechendes Konzept hat Tennet dem Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesumweltministerium und der Bundesnetzagentur vorgelegt.

Die Netzbetreiber wie Tennet und Amprion sind gesetzlich verpflichtet, die Offshore-Anlagen  in ihrem Netzbereich ans Netz auf dem Festland anzuschließen. Doch die Investitionen sind hoch und die Vergütung der Regulierungsbehörden für die Netzbetreiber gering. Hartmann gegenüber dem Handelsblatt: „Tennet in Deutschland hat einen Wert von einer Milliarde Euro. Wir haben aktuell Investitionsentscheidungen über 5,5 Milliarden getroffen. Es werden voraussichtlich mindestens weitere 15 Milliarden Euro auf uns zu kommen. Dieser riesige Kapitalbedarf ist kaum mehr zu bewältigen.“

Neuer Gesetzentwurf

Lenkdrachen soll Energie gewinnen
Sie sehen aus wie übliche Lenkdrachen, doch sollen sie zukünftig der Gewinnung von Windenergie dienen. Die Technische Universität Delft in den Niederlanden, deren Drache hier zu sehen ist, forscht seit Jahren im Kite Power Projekt an dieser Technologie und hat schon mehrere Prototypen getestet. 2015 könnten laut der Brandenburger Firma Enerkite die fliegenden Kraftwerke auch in Deutschland für Energie sorgen. Die Drachen fliegen dafür in 300 bis 600 Metern Höhe und zapfen dort die konstanten Windströme für die Stromgewinnung ab. Über ein Seil ist der Drache mit einer mobilen Bodenstation gekoppelt. Die Flugsteuerung sowie der Generator laufen per Autopilot. Im Gegensatz zu großen Windanlagen sind die „Energiedrachen“ flexibel einsetzbar, leise und auch noch günstiger. Quelle: Twitter
Die USA setzt ebenfalls auf Fluggeräte zur Energiegewinnung, doch diese ähneln eher einem Flugzeug. Windturbinen aus Glasfasern und Karbon machen dabei die Stromgewinnung in der Luft möglich. Die Forschung des kalifornischen Unternehmens Makani Power an der Airborne Wind Turbine wird unter anderem von Google bezuschusst. Die Turbine, die bis zu 600 Meter hoch fliegt, wird von einem Hauptseil gehalten, während die Luftenergie über ein anderes Seil zum Boden gelangt. Dabei fliegt die Windturbine kreisförmig und quer zum Wind, wodurch sie sehr hohe Geschwindigkeiten erreicht. Der Prototyp kann sogar teilweise selbstständig den Flugmodus wechseln. Das Unternehmen plant die Windturbinen auch auf der See einzusetzen. Quelle: Twitter
Zumindest auf den Plänen der Konstrukteure bringen diese Windgeneratoren mehr Leistung als konventionelle Windmühlen. Der vertikale "Aerogenerator" wird auf hoher See installiert. Die Stromausbeute liegt bei 10 Megawatt, rund drei Megawatt mehr als die bisher größte Windanlage produziert. Die Spannweite kann nach Angaben des britischen Herstellers Windpower bis zu 230 Meter betragen. Dagegen sehen die bisher üblichen Windmühlen eher schlapp aus - die neuesten Anlagen der konventionellen Bauart sollen nämlich einen Rotorendurchmesser von "nur" 180 Meter haben. Texte: Miguel Zamorano Recherche: Andreas Menn Quelle: PR
Schaut wie eine Steinschleuder aus, ist aber ein Lenkdrache. Die Idee: der Kite-Segel der italienischen Firma Kite Gen ist an einem bewegbaren Arm an zwei Seilen befestig und wird dann auf eine Höhe von 800 bis 1000 Metern gebracht. Dort dreht der Winddrachen konstante Achten und treibt so die Turbine an. Der Vorteil: in mehr als 1000 Meter Höhe bläst der Wind konstanter als in Bodennähe. Bei einer Windgeschwindigkeit von 25 km/h läge die Energieausbeute laut Hersteller bei drei Megawatt. 300 Drachen brächten so die Leistung eines Atomkraftwerks - und da der Wind in der Höhe nahezu durchgehend bläst, gäbe es keine großen Ausfallzeiten. Der Haken: Flugzeuge müssten das Gebiet umfliegen. Das scheint bei der hohen Verkehrsdichte am europäischen Himmel und der Größe der Lenkdrachen-Parks nicht praktikabel. Das Modell ist derzeit noch in der Erprobungsphase. Quelle: PR
Bläst der Wind, dreht sich der Ballon um die eigene Sache und treibt den Rotor an Quelle: PR
Die Windhelix eignet sich für große Eigenheime Quelle: PR
Diese Modell soll sich unauffällig in die Landschaft fügen- Quelle: PR

Tennet bemüht sich seit Monaten, neue Konzepte bei der Offshore-Anbindung zu etablieren. Im Februar gab das Unternehmen bekannt, dass Mitsubishi Corporation in zwei Offshore-Hochspannungsleitungsprojekte investiere. Ein externer Investor in einem solchen Projekt ist bisher unüblich.

Hartmann wünscht sich aber noch mehr Veränderung. Die Regierung müsse die Haftungsfrage gesetzlich neu regeln, weil Schäden schnell „viele hundert Millionen“ ausmachten. Darauf hat Berlin bereits reagiert. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler kündigte im Februar an, noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit die Haftungsfrage für die Anbindung der Windparks geklärt werden soll.

Es gelte, die Balance zu finden zwischen den Übertragungsnetzbetreibern, den Offshore-Windparkbetreibern und Verbrauchern. Neben der Haftungsfrage sollen auch die Finanzierung sowie technische Fragen geklärt werden. Bundesumweltminister Norbert Röttgen und verwies darauf, dass die Investitionsbereitschaft vorhanden sei. Deshalb sehe sich die Bundesregierung in der Pflicht, „die Rahmenbedingungen klar, verlässlich, berechenbar zu machen“.

Der CDU-Politiker räumte ein, dass der Ausbau der Stromnetze weiter vorangetrieben werden müsse. Hier sei man „aufgrund der Sünden der Vergangenheit im Rückstand“. Beide Minister zeigten sich offen, weitere finanzielle Hilfen aus dem Topf der staatlichen Förderbank KfW zu prüfen.

Die 15 aussichtsreichsten Windparkprojekte vor Deutschlands Küsten.

Im vergangenen Jahr legte die  halbstaatliche Deutsche Energie-Agentur (Dena) eine Berechnung vor, nach dem bis 2020 auf dem Meer 14 000 MW Strom produziert werden soll. Die Bundesregierung plante sogar mit 25 000 MW bis 2030. Die installierte Meeres-Windstrom-Leistung überträfe dann die Leistung der 17 deutschen Atommeiler um rund 5000 Megawatt.

Schreitet der Ausbau der Offshore-Anlagen im bisherigen Schneckentempo voran, werden sich 2030 in Nord- und Ostsee viel weniger Flügel drehen als geplant.

Beim BSH liegen Anträge für  94 weitere Windparkvorhaben mit insgesamt 6.624 „Windmühlen“ vor. 15 Projekte sind in der Umsetzung der Genehmigungen. Ein Projekt – alpha ventus - ist fertig und im Probebetrieb, zwei Projekte – BARD Offshore 1 und Borkum West II – sind in Bau.

RWE rechnet damit, bald auch für die geplanten Windparks Nordsee 2 und 3 eine Erlaubnis zu erhalten. Der neue RWE-Chef Peter Terium will den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Erzeugungskapazität des bislang schwer atom- und kohlelastigen Konzerns bis 2020 auf mindestens 20 von derzeit 7,5 Prozent steigern. Vorausgesetzt der Strom seiner Windparks findet den Weg zum Endkunden.

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