Der Befund könnte im kommenden Bundestagswahlkampf brisant werden. Denn wenn die Energiewende weiterläuft wie bisher, droht sie ausgerechnet Deutschlands sozialdemokratische Herzkammer zu schädigen, die SPD-Hochburg Ruhrgebiet. Deren Bewohner bezahlen schon jetzt über die Ökostromumlage unterm Strich die Renditen der Solaranlagen auf den Dächern der Eigenheimbesitzer etwa in Bayern. Nun gefährden auch noch ausbleibende Überweisungen der Steinkohlekraftwerke die kommunalen Einnahmen – also die Finanzierung von Schulen, Kitas und Schwimmbädern.
Im Kern sind es drei große Player, die über das Wohlergehen wichtiger Kommunen im Pott entscheiden:
- An erster Stelle steht der Essener Energiekonzern RWE, dessen Kraftwerkspark durch die Ökostrommassen so eingeschränkt läuft, dass von 15 Milliarden Euro der jüngeren Investitionen derzeit zwei Drittel brachliegen. An RWE halten Kommunen in Nordrhein-Westfalen 25 Prozent, darunter die Städte Dortmund, Essen, Duisburg und Gelsenkirchen.
- An zweiter Stelle rangiert Trianel. Der Kunstname steht für einen Verbund von Stadtwerken wie Bochum, Unna und Lünen. Trianel tut sich schwer, etwa in Lünen wie geplant ein Steinkohlekraftwerk ans Netz zu bringen.
- Dritter im Bunde ist die Essener Steag, die mit der Unterauslastung mehrerer Steinkohlekraftwerke zu kämpfen hat. Eigentümer sind zu 49 Prozent der Essener Mischkonzern Evonik und zu 51 Prozent die Stadtwerke von Bochum, Dortmund, Essen, Oberhausen, Duisburg und Dinslaken.
Schlag gegen die Kämmerer
Noch können die Kommunen die schwache Auslastung der Steinkohlekraftwerke und den damit verbundenen Einnahmeausfall mit einigen Verrenkungen kaschieren. So fiel bei der Steag 2011 bei 3,1 Milliarden Euro Umsatz zwar nur noch ein Gewinn von fünf Millionen Euro an. Der reichte nicht einmal für die Rückzahlung der Kredite, die die Kommunen 2010 aufgenommen hatten, um Evonik für 650 Millionen Euro 51 Prozent an Steag abzukaufen. Trotzdem musste die neue Tochter auf Druck der Kommunen 109 Millionen Euro Dividende ausschütten. Das funktionierte nur, weil die Steag an die Reserven ging und Rücklagen auflöste.
Doch den Griff in die Steag-Kasse werden die Kämmerer nicht mehr oft wiederholen können. „Spätestens ab 2014 werden die Verluste der Steinkohlekraftwerke voll auf die Gemeindehaushalte durchschlagen“, sagt ein Kommunalpolitiker.
Die Steag ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich die Energiewende mittelfristig in die Stadtsäckel im Ruhrgebiet frisst. Viele ihrer neun Steinkohlekraftwerke produzierten 2012 nur 1000 bis 2000 Stunden Strom.