RWE So will Markus Krebber nach dem goldenen Jahr weitermachen

Quelle: imago images

RWE hat 2022 fantastisch verdient, Konzernchef Krebber hat sich als Partner der Regierung profiliert. Und jetzt? Fünf Punkte, die auf der Bilanzpressekonferenz bemerkenswert waren.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Für den Essener Energieriesen RWE war das Jahr 2022 geschäftlich ein absoluter Erfolg. Das war schon vor der Bilanzpressekonferenz am Dienstag klar. Ob durch die Beteiligung am Aufbau der deutschen LNG-Importstrukturen, Kontaktpflege mit Katar oder den vorgezogenen Kohleausstieg 2030 – auch gegenüber der Bundesregierung hat Konzernchef Markus Krebber sich und das Unternehmen als Partner positioniert. Dazu hat er mit der Strategie „Growing Green“, Investitionen in Erneuerbare und Zukäufen in den USA, Polen, Frankreich und Großbritannien den Konzern auf die Welt der Erneuerbaren getrimmt. Als nun größten RWE-Einzelaktionär hat er Katars Staatsfonds QIA dazu geholt. Die großen Herausforderungen sind der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland und ein endgültiger Abschied von der Kohleverstromung. So weit, so bekannt. Was sollte man sich von der Präsentation am Dienstag also merken?

Erstens, ja, das Ergebnis war wirklich gold. RWE gehört zu den Gewinnern des Krisenjahres 2022. Bei 6,3 Milliarden Euro lag das Ergebnis (Ebitda), im Vorjahr waren es 3,7 Milliarden Euro. Richtig Geld verdient worden ist vor allem mit der Stromproduktion in Gaskraftwerken (Segment Wasser, Biomasse, Gas), dem Handelsgeschäft, aber auch mit erneuerbaren Energien – Windkraft auf See, an Land und Solarenergie.

In den Bereichen, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören, der Kernenergie und der Kohle, hat RWE weniger verdient als im Vorjahr. Das hängt aber vor allem damit zusammen, dass Kraftwerke abgeschaltet worden sind und etwa Kohlestrom schon vorab verkauft war. Für das nächste Geschäftsjahr ist die Prognose auch in diesem Geschäftsbereich wieder besser, und das obwohl das Kernkraftwerk Emsland am 15. April 2022 abgeschaltet werden soll. Dieses Jahr will RWE eine Dividende von 90 Cent pro Aktie zahlen. Im nächsten Jahr erwartet RWE ein Ergebnis zwischen 5,8 und 6,4 Milliarden Euro (Ebitda), das Dividendenziel liegt bei 1 Euro pro Aktie.

Zweitens, Atomkraft? Ist passé. In der vergangenen Woche hatte E.On-Chef Leonhard Birnbaum noch aufhorchen lassen. Im Redetext bei seiner Bilanzpressekonferenz hatte er sein Unverständnis dafür ausgedrückt, dass man das hoch produktive Kernkraftwerk Isar 2 nun am 15. April abschalte, obwohl die Energiekrise noch nicht vorbei sei. Dass auch E.On das Kraftwerk entsprechend der politischen Vorgaben abschaltet, hatte auch Birnbaum nicht in Frage gestellt. Aber er war der erste der drei verbliebenen Betreiber, die so deutlich Kritik an dem Ende der Laufzeiten zum jetzigen Zeitpunkt äußerte.

Lesen Sie auch: Diese Aussagen des E.On-Chefs lassen aufhorchen

Wie es aussieht, bleibt Birnbaum der einzige. Krebber jedenfalls sagte: „Die Entscheidung ist politisch getroffen. Die aktuelle Lage in den Energiemärkten ist nicht so, dass es einen Anlass gäbe, dass die politische Seite noch einmal ernsthaft drüber nachdenkt, das zu ändern. Insofern stellen wir uns darauf ein, dass am 15. April die Anlage im Emsland heruntergefahren wird und es dann um den geordneten Rückbau geht.“

Drittens, das Gold der nahen Zukunft? Erdgas! Es ist wohl das wichtigste RWE-Projekt dieses Jahres: Die Investitionsbedingungen für neue, wasserstofffähige Gaskraftwerke festzuzurren. Gaskraft? Klingt im Jahr nach dem Ende der russischen Lieferungen und der Gaspreisexplosion als Zukunftsprojekt erst einmal kurios. Rührt aber daher, dass die Kernkraft im April abgeschaltet wird und mit der Kohle bis 2030 Schluss sein soll. Selbst wenn die erneuerbaren Energien in dem Tempo, das der Regierung vorschwebt, ausgebaut werden sollten, fehlt dann die sogenannte gesicherte Energie. Die sollen Gaskraftwerke liefern, die schnell hochgefahren werden und später auf Wasserstoff umgestellt werden können.

RWE-Chef Krebber kann für 2022 eine glänzende Bilanz vorlegen. Geschickt führt er den Energieriesen ins Grüne. Aber ausgerechnet zu Hause ist die Erneuerbaren-Bilanz noch schwach – und die Kohlefrage unbeantwortet.
von Florian Güßgen

Die Bundesregierung geht von einem Bedarf an „steuerbarer Leistung“ zwischen 17 und 25 Gigawatt aus. RWE will sich mit einer Kapazität von rund drei Gigawatt an Ausschreibungen für wasserstofffähige Kraftwerke beteiligen – dringt aber darauf, dass die Bundesregierung zuerst und zügig die Entgelte für Kapazitäten festlegt. „Bevor die Unternehmen Investitionsentscheidungen treffen können, braucht es Klarheit über den Vergütungsrahmen“, sagte Krebber. „Die Anlagen verdienen kaum Geld im aktiven Einsatz. Sie stehen vor allen Dingen als Back-up bereit. Es braucht also einen Preis für die Bereitstellung von Kapazität – wie bei der Feuerwehr, die da sein muss, auch wenn sie nicht zum Einsatz kommt. Nur wenn das Vorhalten von Kapazität vergütet wird, werden Investitionen in Wasserstoff fähige Gaskraftwerke erfolgen“, sagte der RWE-Chef. Die Bundesregierung hat angekündigt, bis zum Sommer hier einen konkreten Plan vorzulegen.

Viertens, Europa, lerne von Joe Biden! Anfang März hat RWE die Akquisition des früheren Erneuerbaren-Sparte des US-Versorgers Con Edison abgeschlossen. Am Dienstag war Mark Noyes, Chef der neuen RWE-Tochter RWE Clean Energy in Essen dabei und beschrieb auch, wie vermeintlich segensreich und simpel Joe Bidens grünes Investitionsprogramm, der Inflation Reduction Act, funktioniere. Markus Krebber dagegen rügte die Brüsseler Bürokratie, die es bei Förderprogrammen wie etwa dem Programm für Important Projects of Common European Interest (IPCEI). „Die Bestellung für unseren ersten Elektrolyseur – zwei Mal 100 Megawatt und damit der größte in Deutschland – haben wir getätigt, obwohl der Förderantrag noch immer, und das seit eineinhalb Jahren, in Brüssel liegt“, sagte Krebber. „Die EU muss beim Wasserstoffhochlauf insgesamt viel pragmatischer werden. Die Entscheidungen sind wahnsinnig kleinteilig und viel zu kompliziert. So sehr, dass viele Fördergelder gar nicht abgerufen werden, sondern im Topf verbleiben. Das hilft nicht. Das sollte sich ändern. Verständliche Regeln, klare Strukturen und einfache Prozesse sind das A und O.“ Es ist eine deutliche Mahnung an Brüssel, aber auch an Berlin, dass die USA durch ihre Förderpolitik dauerhaft in der Lage sein könnte, grüne Technologien an- und möglicherweise aus Europa abzuziehen.

Werkzeughersteller Russland enteignet Maschinenbauer DMG Mori

Weil die Bundesregierung eine Investitionsgarantie gab, fordert der Konzern jetzt Schadensersatz. Der Vorfall in Russland ist aber nicht das einzige Thema, das am Standort in Bielefeld derzeit für Wirbel sorgt.

Gehalt „Wer pfiffige Ideen hat und hart arbeitet, sollte dafür auch belohnt werden“

In Unternehmen herrscht ein verqueres Leistungsdenken, sagt Interimsmanager Ulvi Aydin. Er fordert, High Performern mehr zu zahlen als den Chefs: „Es gibt Leute, die mehr leisten als andere – das sollte man anerkennen.“

Aktien Fünf gefallene Börsenstars mit der Hoffnung auf ein Comeback

Mehrere frühere Börsenlieblinge sind jetzt günstig zu haben. Ihre Kursschwäche hat Gründe – aber es gibt gute Argumente für eine Erholung. Fünf Turnaround-Ideen für Mutige.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Fünftens, Überkapazitäten bei LNG-Terminals? Sind nötig! In den vergangenen Wochen ist intensiv über das Risiko von Überkapazitäten bei den neuen deutschen Flüssiggas-Importterminals diskutiert worden. RWE-Chef Krebber sieht dieses Risiko nicht. Diese Infrastruktur baue man nicht mit dem Ziel, sie immer zu hundert Prozent auszulasten, weil man dann auf keine Reserve zurückgreifen könne. Es sei „absolut richtig“, bei „Infrastrukturthemen immer eine Überkapazität“ zu haben. „Das haben wir übrigens im Gasnetz und im Stromnetz auch, weil sonst würde es bei jedem Extremereignis oder bei unvorhergesehenen Ausfällen immer sofort eine Kettenreaktion geben“, sagte der RWE-Chef.

Lesen Sie auch: Wie sich das Kohle-Gas-Duo Krebber und Habeck inszeniert

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%