




Der Düsseldorfer Energieversorger E.On hat im vergangenen Jahr den höchsten Verlust eines börsennotierten Versorgers in der Geschichte der Bundesrepublik geschrieben. Der Fehlbetrag summiert sich auf sage und schreibe 3,2 Milliarden Euro in 2014. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ging 2014 um neun Prozent auf 8,3 Milliarden Euro zurück.
Und auch in diesem Geschäftsjahr rechnet E.On mit weiteren Einbußen. Der operative Gewinn werde wohl nur noch zwischen 7 und 7,6 Milliarden Euro liegen, kündigte E.On-Chef Johannes Teyssen in Düsseldorf an.
Bei RWE in Essen sieht die Lage nicht besser aus. Die Essener erwirtschafteten im vergangenen Jahr zwar unter dem Strich einen Gewinn von 1,7 Milliarden Euro. Aber das schaffte RWE nur, weil das Unternehmen schon 2013 hohe Abschreibungen auf seine konventionellen Kraftwerke vornahm, was zu einem Verlust von 2,8 Milliarden Euro in 2013 führte.
Die künftige E.On-Struktur
E.On will das Geschäft mit der Stromerzeugung aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken sowie der Energiehandel 2016 mehrheitlich an die eigenen Aktionäre verschenk und an die Börse bringen. Die übrigen Anteile will E.On danach in kleineren Schritten über die Börse verkaufen. Der verbleibende Konzern besteht dann eigenen Angaben zufolge mit insgesamt 40.000 Mitarbeitern und 33 Millionen Kunden aus den drei Säulen: Erneuerbare Energien, Energienetze und Kundenlösungen.
Quelle: Nachrichtenagentur Reuters (Stand: Dezember 2014)
Im Bereich Erneuerbare Energien steht E.On nach eigener Einschätzung weltweit auf Platz drei der Offshore-Windkraftbetreiber. In europäischen Gewässern betreibt E.On Anlagen mit einer Kapazität von 0,7 Gigawatt (GW). An Land betreibt der Versorger derzeit Windparks mit einer installierten Kapazität von 3,6 GW, davon 1,1 GW in Europa und 2,5 GW in den USA. Vorstandschef Johannes Teyssen kündigte an, im Zuge der Neuausrichtung das Solargeschäft auszubauen. Die Wasserkraftwerke sollen dagegen mit den Atom- und Kohlekraftwerken in die neue Gesellschaft ausgegliedert werden. 2013 setzte E.On im Bereich Erneuerbare Energien mit rund 1700 Mitarbeitern 2,436 Milliarden Euro um, das Ebitda belief sich auf 1,431 Milliarden Euro.
E.On verfügt über mehr als eine Million Kilometer Stromnetze, davon 411.000 Kilometer in Deutschland, 136.000 in Schweden, 314.000 im übrigen Europa und 200.000 Kilometer in der Türkei. Neben Investitionen ins Netz plant Teyssen Zukäufe in ausgewählten Regionen.
Der Geschäftsbereich Kundenlösungen umfasst rund 33 Millionen Kunden, 7,7 Millionen in Großbritannien, 6,1 Millionen in Deutschland, 10,4 Millionen im übrigen Europa und neun Millionen in der Türkei. E.On will durch die Modernisierung seiner Netze den Kunden künftig neue Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema Energieeffizienz und dezentrale Erzeugung liefern.
Bei den ausgegliederten Geschäftsteilen - Stromerzeugung aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken sowie der Energiehandel - werden künftig noch 20.000 Mitarbeiter beschäftigt sein. Das Ebitda auf Basis von 2013 beträgt gut vier Milliarden Euro.
Entwarnung gibt es auch von RWE noch lange nicht. Für dieses Jahr rechnet das Energieunternehmen das dritte Mal in Folge mit wegbrechenden Gewinnen. "Die wirtschaftliche Situation in der konventionellen Stromerzeugung ist dramatisch", sagte RWE-Chef Peter Terium Anfang dieser Woche in Essen.
Die Lage sei dieses Jahr noch schlechter als im vorigen Jahr, gab RWE-Chef Peter Terium zu. Inzwischen verdienten 35 bis 40 Prozent der konventionellen Kraftwerke (also Gas- und Kohlekraftwerke) kein Geld mehr. Die Großhandelspreise für Strom sind wegen des Ausbaus und der Förderung des Ökostroms und der Überkapazitäten der konventionellen Kraftwerke stark gefallen.
„Die Energiewende ist wie eine Landung auf dem Mond“
E.On will nun vor der geplanten Aufspaltung des Konzerns Anfang nächsten Jahres reinen Tisch machen. Der Versorger plant, sich 2016 in ein Unternehmen mit Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken und in einen Ökostromkonzern aufzuspalten. Die Düsseldorfer treten damit die Flucht nach vorn an. Ein radikaler, mutiger Schritt. Natürlich bleibt der Beweis noch aus, ob sich E.On damit aus der Krise rettet. Klar ist, dass der Konzern sich in den nächsten Monaten erst einmal sehr intensiv mit sich selbst beschäftigt. Neue Geschäftsmodelle wie das Unternehmen in Zukunft rund um die Energie mehr Geld verdienen will, sind mit der Spaltung der Bilanz in zwei Teile noch nicht aus der Taufe gehoben.
RWE geht einen anderen Weg: Die Essener konzentrieren sich auf eine Verbesserung des Kraftwerkgeschäfts durch Kostensenkungen beim Betrieb und durch die Stilllegung von Anlagen. Gleichzeitig will RWE-Chef Terium das Ergebnis der Ökostromtochter Innogy steigern. Die hatte 2014 ein Ergebnis von 186 Millionen Euro erwirtschaftet – im Vergleich zu der knappen Milliarde im Kraftwerksgeschäft eine eher kleine Summe.
Die einst so stolzen deutschen Energieriesen E.On und RWE finden einfach keinen Halt in der Krise. Und Licht am Ende des Tunnels ist nicht in Sicht. Viel zu spät haben die beiden großen Versorger auf die veränderten Marktbedingungen in der Folge der Energiewende reagiert. Zu sicher wähnten sie sich in ihren Positionen als Branchenprimus und als mächtige Energieversorger, von deren Stromerzeugung aus Kohle, Gas und Atomkraftwerken die gesamte Volkswirtschaft abhängt. Jetzt fressen die Schnellen die Langsamen.