Die Chancen, im Ausland zu wachsen sind für die beiden deutschen Versorger E.On und RWE nicht gut. In Großbritannien trennten sich die Konzerne von ihrem Joint Venture Horizon und verkauften es an die japanische Hitachi-Gruppe. Von einer Renaissance der Kernenergie, die von der britischen Regierung mit Milliarden subventioniert wird, werden sie auf der Insel nicht profitieren können.
Die Atomklagen der Energiekonzerne
E.On, RWE und Vattenfall haben gegen den 2011 beschlossenen beschleunigten Atomausstieg vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Das Gericht will noch 2015 entscheiden. Den Konzernen geht es nicht darum, den bis Ende 2022 geplanten Ausstieg rückgängig zu machen. Sie fordern jedoch Schadenersatz, da die Bundesregierung wenige Monate vor der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima die Laufzeiten der Meiler noch verlängert hatte. Sollte das Verfassungsgericht den Unternehmen Recht geben, müssten diese den Schadenersatz in weiteren Verfahren erstreiten. Eon fordert über acht Milliarden Euro. RWE hat keine Zahlen genannt, die Analysten der Deutschen Bank gehen von sechs Milliarden Euro aus. Vattenfall will 4,7 Milliarden Euro und klagt zudem vor einem Schiedsgericht in den USA.
E.On, RWE und EnBW klagen gegen Bund und Länder wegen des nach der Atomkatastrophe von Fukushima verhängten dreimonatigen Betriebsverbots für die sieben ältesten der damals 17 deutschen AKWs plus dem damals geschlossenen AKW Krümmel. Das Moratorium lief von März bis Juni 2011 und mündete schließlich im August im endgültigen Ausstiegsbeschluss. Ursprünglich hatte lediglich RWE geklagt. Nachdem der Energieriese vor Gericht Recht bekam, zogen Eon und EnBW nach. Eon klagt auf Schadenersatz in Höhe von 380 Millionen Euro. RWE fordert 235 Millionen Euro, EnBW einen „niedrigen dreistelligen Millionenbetrag“.
E.On, RWE und EnBW klagen auf eine Befreiung und Rückzahlung der 2011 eingeführten Brennelementesteuer. Diese wird noch bis 2016 erhoben. Eon hat nach eigenen Angaben 2,3 Milliarden Euro an den Bund gezahlt, RWE 1,23 Milliarden Euro und EnBW 1,1 Milliarden Euro. Die Verfahren sind vor dem Bundesverfassungsgericht und der Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig. Der Generalanwalt des EuGH hält die Steuer jedoch mit europäischem Recht vereinbar. Seine Einschätzung ist für das Gericht aber nicht bindend.
E.On hat im Oktober 2014 wegen der im Atomgesetz vorgesehenen standortnahen Zwischenlagerung wieder aufbereiteter Atomabfälle, die aus dem Ausland zurückgeholt werden, geklagt. Die Klage richtet sich gegen die Länder Niedersachsen und Bayern sowie den Bund. Vattenfall hat im selben Zusammenhang gegen Schleswig-Holstein und den Bund geklagt. Auch RWE hat Klage eingereicht. Es geht um Mehrkosten für die Betreiber, nachdem es keine Transporte dieser Abfälle mehr in das Lager nach Gorleben geben soll. Die Konzerne halten Gorleben jedoch weiter für den richtigen Standort.
Zudem kündigte Energieministerin Amber Rudd kürzlich an, dass nach 2025 keiner der klimaschädlichen Kohlemeiler in Großbritannien mehr Strom erzeugen soll. Doch statt auf Wind- und Solarenergie zu setzen, puscht sie nun auf den Bau neuer Atom- und Gaskraftwerke. Das ist für Eon und RWE, die in Großbritannien in den letzten Jahren viel in On- als auch Offshore-Windparks investiert haben, keine gute Nachricht, denn hier will die Regierung Subventionen kürzen. Sie will verhindern, dass höhere Öko-Abgaben die Stromrechnungen der Briten verteuern: deshalb werden die Subventionen für neue Windräder auf dem Land gestrichen und für Meereswindparks künftig reduziert.
Derzeit stammen bei E.On knapp 34 Prozent der britischen Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken und knapp 32 Prozent aus Gas, 16,5 Prozent aus erneuerbaren Energien. Eon betreibt 20 Windparks auf dem Land (onshore) und nur drei im Meer (off-shore).
Sanierungsfall N-Power
Die Geschäfte der beiden Versorger im Inselreich zeigen Schwächen: Bei RWE hat sich die britische Tochter N-Power - mit mehr als fünf Millionen Strom- und Gaskunden, die zweitgrößte Niederlassung des Essener Energiekonzerns - zum Sanierungsfall entwickelt. N-Power-Chef Paul Massara wurde deshalb im August abrupt gefeuert und vom bisherigen Innogy-Manager Paul Coffey ersetzt, der erst im April nach Großbritannien versetzt worden war. Grund war das um 60 Prozent niedrigeren Betriebsergebnis. In den ersten neun Monaten rutschte die britische Tochter dann gar in die roten Zahlen.
Auch der Ausblick ist nicht gut, denn N-Power verlor im bisherigen Jahresverlauf aufgrund der missglückten Einführung einer neuen Software 200.000 britische Kunden. Viele von ihnen waren über fehlerhafte Rechnungen und Doppelbuchungen erzürnt. Daher bot der Konzern günstigere Tarife an, was die Einnahmen noch weiter drückte. Generell ist Großbritannien wegen des harten Wettbewerbs ein schwieriger Markt.
Bußgelder in Millionenhöhe für E.On
Das bekommt auch der Düsseldorfer E.On-Konzern zu spüren, der in Großbritannien 2002 die britische Firma Powergen übernommen hatte. 2014 musste E.On insgesamt 5,4 Milliarden Euro abschreiben, einen Großteil davon im Kraftwerksgeschäft in Großbritannien. In den ersten neun Monaten dieses Jahres verringerte sich das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen (EBITDA) dort um acht Millionen Euro auf 204 Millionen Euro, was die Konzernführung mit geringeren Margen und höheren Kosten für Regulierung begründete.
Die Probleme gehen noch weiter: Anfang November hatte die britische Aufsichtsbehörde Ofgem E.On ein Bußgeld in Höhe von sieben Millionen Pfund aufgebrummt, weil der Versorger es bei Zweidritteln seiner Kunden versäumt hatte, moderne Zähler einzubauen. Ofgem-Manager Anthony Pygram warnte den Konzern vor noch höheren Strafgeldern und einem Betriebsverbot, wenn er seinen Kundenservice nicht verbessere. Im April hatte Ofgem gegen E.On wegen überteuerter und unzulässiger Gebühren bereits eine Strafe von 7,75 Millionen Pfund verhängt.