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Seehäfen Kampf um die Offshore-Logistik

Fast ein Drittel der Investitionen in Windenergieparks auf hoher See entfällt auf Lagerung, Transport und Wartung. Um das Milliardengeschäft tobt ein erbitterter Kampf unter den Häfen.

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Technikvorsprung für Deutschland - Windräder aus Bremerhaven erreichen im Test Leistungen von fünf Megawatt. Quelle: dpa

Hans-Peter Zint zeigt auf die Landkarte an der Wand seines Konferenzraumes. Drei Rechtecke markieren Windparkprojekte in der Nordsee auf britischem Hoheitsgebiet. Dann gleitet sein Finger schräg rüber bis Cuxhaven. Hier, in der norddeutschen Küstenstadt, leitet der hagere Mann mit Nickelbrille den Hafenterminal-Betreiber Cuxport, eine Tochter des deutschen Logistikers Rhenus. Theoretisch, freut sich Zint, habe Cuxport eine große Zukunft - als Drehkreuz für die Versorgung der britischen Windparks.

Zurzeit verlädt Rhenus in Cuxhaven vor allem Container, Autos und Stückgut. Doch die Flächen seien für "extreme Belastungen von 90 Tonnen pro Quadratmeter" ausgelegt, sagt Zint, und "somit auch für den Umschlag von Windmühlen" geeignet. Schwere Komponenten wie Beton- und Stahlfundamente etwa könnten problemlos auf Schiffe verfrachtet werden, die die Windparks aufbauen oder warten helfen - egal, ob in deutschen, niederländischen, dänischen oder britischen Gewässern.

Auf das lukrative Geschäft schielt nicht nur Zint. Das Bundesland Bremen plant den Bau eines rund 240 Millionen Euro teuren Offshore-Terminals Bremerhavens (OTB). Emden preist seine "geostrategische" Position. Auch Brake, Stade und Wilhelmshaven wittern Neugeschäft. Hinzu kommen die Häfen der Nachbarländer. Siemens, die weltweite Nummer eins im Offshore-Windgeschäft, kaufte 2010 für rund 115 Millionen Euro den dänischen Windparkentwickler A2SEA. Das Unternehmen macht sein Geschäft vom dänischen Hafen Esbjerg aus. Und auch Holländer und Engländer mischen mit.

Damit ist an der Nordseeküste ein neuer Konkurrenzkampf ausgebrochen. Häfen, Terminalbetreiber und Zulieferer buhlen um Milliarden. Allein bis 2020 werden 2.000 Turbinen in deutschen Windparks in Nord- und Ostsee errichtet - im Schnitt 200 Anlagen pro Jahr. Jede einzelne zieht einen gigantischen logistischen Rattenschwanz mit sich: Vormontage am Hafen, Verladung auf Spezialschiffe, Transport, ständige Wartung. Bis zu 30 Prozent der Milliardeninvestitionen, so Schätzungen, landen in den Kassen der Logistikdienstleister.

Diese Häfen profitieren vom Bau der Windparks

Chance zum Elfmetertor

Aber auch Wirtschaftspolitiker haben das Geschäft entdeckt, um Jobs in ihrer Region zu schaffen, und heizen den Standort-Wettbewerb weiter an. "Wir haben die Chance, einen Elfmeter ins Tor zu schießen", schwärmt Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner mit Blick auf das geplante Terminal. "Wenn wir ihn verschießen, haben wir diese Chance verspielt."

Vor diesem Hintergrund ließ Niedersachsen in Cuxhaven, keine 50 Kilometer von Bremerhaven entfernt, bereits für rund 140 Millionen Euro mehr als 100 Hektar Fläche aufschütten und eine kilometerlange Kaikante ziehen. "Der Ausbau weiterer Lagerflächen ist bereits behördlich genehmigt", sagt Rhenus-Manager Zint. In Sichtweite seines Büros testet der Baukonzern Strabag bereits Offshore-Betonfundamente in einem Turm, der mit Sandboden gefüllt und mit Meerwasser geflutet wurde. In Zukunft will Strabag Windmühlen komplett an Land zusammensetzen und per Schiff aufs Meer hinausbefördern lassen.

"So langsam entwickeln sich Visionen", schwärmt Ronny Meyer, Geschäftsführer der Windenergieagentur in Bremerhaven, einer Interessengemeinschaft der norddeutschen Windenergiebranche. "Wenn der Strom erst hier an der Küste erzeugt wird, kann es für Industrieunternehmen attraktiv sein, hierher zu ziehen."

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