
Der Deutsche ist ein Gewohnheitstier. Seit knapp 18 Jahren können Kunden in Deutschland ihren Stromanbieter frei wählen. Doch nach Daten der Bundesnetzagentur beziehen noch 76 Prozent aller Haushalte ihren Strom vom lokalen Grundversorger, also zum Beispiel den örtlichen Stadtwerken. Dabei könnten sie vom Anbieterwechsel vielerorts stark profitieren. Das zeigt unser exklusives Ranking der günstigsten Stromanbieter in den 100 größten Städten, von Aachen bis Zwickau.
Ein Zwei-Personen-Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch würde beim günstigsten Anbieter mit fairen Tarifkonditionen durchschnittlich knapp 229 Euro im Jahr sparen. Das gilt zumindest, wenn der Haushalt bislang den Grundversorgungstarif gewählt hat, was auf ein Drittel aller Haushalte zutrifft.
Über 200 Euro Ersparnis bieten Anreiz genug, den Tarif zu wechseln. "Als Faustregel gilt: Bei weniger als 50 Euro Jahresersparnis wird eine Familie ihren Anbieter nicht wechseln", sagt Jan Lengerke, Produktchef beim Vergleichsportal Verivox.
Marktübersicht: Die günstigsten Grau- und Ökostromtarife
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Preise für Haushaltskunden bei einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh; Gesamtkosten ohne Bonus - einmaliger Bonus wurde nicht in Kosten eingerechnet; Ökostromtarife mit Gütesiegel OK Power / Grüner Strom.
Quelle: www.verivox.de, Stand: 30.11.2015
Mehr als 1000 Anbieter im Test
In den 100 Städten bietet der erst seit Juni aktive Bonner Anbieter Strogon am häufigsten die günstigsten Preise für Normalstrom. Er liegt mit seinem Tarif "Flexibel Plus" in 71 der 100 Städte auf Platz eins. Den günstigsten Ökostrom bekommen Kunden meist bei den bundesweit aktiven Stadtwerken Flensburg, die in 69 Städten vorne liegen (Tarif: "Flensburg eXtra Öko"). Basis für unsere Auswertung bildeten Daten des Tarifvergleichportals Verivox. Berücksichtigt wurden 1127 Anbieter und knapp 16.000 Stromtarife.
Für jede Stadt wurden dabei die günstigsten Anbieter von Stromtarifen (separat für Normalstrom und Ökostrom) mit fairen Tarifbedingungen ermittelt und die Preise zum 1. Januar 2016 berücksichtigt. Ausgewählte Tarife dürfen weder Vorauskasse noch Kaution vorsehen. Auch Boni, mit denen viele Anbieter Kunden anlocken wollen, wurden nicht berücksichtigt. Solche Tarife sind zwar rechnerisch anfangs - wenn der Bonus gezahlt wird - oft günstig, danach aber meist zu teuer. Wollen Stromkunden nicht ständig von einem Anbieter zum nächsten wechseln, sollten sie die Boni daher nicht ins Kalkül ziehen. Die empfohlenen Tarife dürfen den Kunden maximal ein Jahr lang binden. Genauso lang soll ihm auch der Strompreis garantiert werden.

Mit Einschränkung garantierte Preise
Nicht vom Anbieter beeinflussbare Preisbestandteile, wie die EEG-Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien, dürfen von der Preisgarantie allerdings ausgenommen werden. Im Branchenjargon wird das eingeschränkte Preisgarantie genannt. Die Einschränkung kann zu Problemen führen. "Oft sind Preiserhöhungen für Kunden leider eine Blackbox. Sie wissen nicht, ob der Anstieg aus einer höheren EEG-Umlage, Steuern oder einer echten Preiserhöhung des Anbieters selbst stammt", sagt Jan Lengerke von Verivox.
Allein Steuern, Umlagen und Abgaben machen laut Bundesnetzagentur in Deutschland 52 Prozent des Haushaltsstrompreises aus, der - hinter Dänemark - der höchste in Europa ist. Da die EEG-Umlage aber jeweils im Oktober für das Folgejahr festgelegt wird, müssen Stromkunden in den ausgewählten Tarifen mit einjähriger Laufzeit vorerst keinen Preisanstieg durch die EEG-Umlage fürchten. Auch danach haben sie bei Preiserhöhungen stets ein Sonderkündigungsrecht, selbst wenn der Preis allein durch eine höhere EEG-Umlage steigt.
Trotzdem wurden nur Tarife berücksichtigt aus denen Kunden nach Abschluss der Mindestlaufzeit (von maximal einem Jahr) in höchstens sechs Wochen Kündigungsfrist wieder herauskommen. Bei Problemen hätten Kunden also jederzeit eine Ausstiegsoption. Dass bei Stromkunden das Licht ausgeht, wenn ihr Anbieter zum Beispiel finanzielle Schwierigkeiten hat, müssen sie generell nicht fürchten. In diesem Extremfall würden sie jeweils in den Grundversorgungstarif des lokalen Anbieters rutschen, also etwa der Stadtwerke.
Die Testsieger - faire Normalstromtarife in 100 Städten
Die nachfolgenden Stromanbieter gingen in den Großstädten besonders häufig als Testsieger aus dem Vergleich hervor. In die Wertung kamen nur Tarife ohne Vorauskasse oder Kaution, ohne Berücksichtigung von Boni, maximal ein Jahr Laufzeit und sechs Wochen Kündigungsfrist, ein Jahr Preisgarantie;
Quelle: WirtschaftsWoche, Daten: Verivox, Stand: 18. Dezember 2015
Strogon ist mit seinem Tarif Flexibel plus in 71 Städten Testsieger.
Grünwelt (Stromio) ist mit seinem Tarif grünstrom pur 12 in 16 Städten Testsieger.
Elogico (Enstroga) ist mit seinem Tarif elo 12/12 in 10 Städten Testsieger.
Mainova ist mit seinem Tarif Mainova Strom Direkt in 3 Städten Testsieger.
Der Strommarkt weist große regionale Unterschiede auf: So muss ein Zwei-Personen-Haushalt in Wilhelmshaven beim günstigen Anbieter mit fairen Tarifkriterien nur 735,80 Euro pro Jahr für Strom ausgeben. In Esslingen (Baden-Württemberg) hingegen wären bei gleichem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden pro Jahr 878,02 Euro fällig - 142,22 Euro mehr. In den Top-5-Großstädten liegt der günstigste Anbieter mit fairen Tarifkonditionen für einen Zwei-Personen-Haushalt (3500 kWh) zwischen 821 und 844 Euro im Jahr. Ökostrom würde dort jeweils etwa 100 Euro mehr kosten.