Stromkosten Diese 3 Grafiken zeigen die Absurdität der Strompreis-Entwicklung

Der langjährige Vergleich des Jahresmittels – berechnet aus dem Durchschnitt der Strompreise für jede Stunde an jedem Tag des Jahres – spricht eine klare Sprache. Quelle: Illustration: imago/WirtschaftsWoche

Strom ist der „Treibstoff“, der unsere moderne Welt am Laufen hält. Wenn der Strompreis innerhalb eines Jahres um das Neunfache steigt, sagen Grafiken mehr als tausend Worte.

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Grafik 1: Strompreis
Am Spotmarkt für Strom decken sich Firmen kurzfristig mit Strom ein. Ab 13 Uhr des Vortages laufen Versteigerungen für jede Stunde der Nutzung am Folgetag – der Preis entsteht also beeinflusst von Angebot und Nachfrage. Diese Grafik zeigt den Preisverlauf an vier Tagen, die nur ein Jahr auseinander liegen. Die graue Kurve zeigt an, wie die Strompreise für den 7.Oktober 2020 für jede Stunde waren. Der höchste Ausschlag waren 50 Euro je Megawattstunde. Nachfragepeaks entstehen regelmäßig morgens und Abends, jeweils, wenn Menschen ihren Tag auf der Arbeit beginnen und wenn sie Abends wieder nach Hause kommen.

Vor exakt einem halben Jahr im April, zu erkennen an der schwarzen Kurve, war die Welt noch normal – nur am Morgen zwischen 7 und 9 Uhr verdoppelte sich der Preis auf fast 100 Euro – ein Bote für das, was noch kommen sollte. Am 30.September schlugen die Spotmarktpreise noch krasser aus – jetzt erreichten sie in der Spitze, die sich auf den Abend verschob, schon deutlich über 220 Euro. Unternehmen hielten hier schon Krisensitzungen ab, überlegten, welche Aufträge sie aufschieben könnten, um zu diesen Spitzenpreisen so wenig Strom wie möglich zu verbrauchen. Nur sieben Tage später wünschten sie sich allerdings schon in dieses alte Krisenszenario zurück: Der Preis verdoppelte sich binnen einer Woche erneut. Die Megawattstunde Strom kostete am 7. Oktober 2021 um 19 Uhr 450 Euro.



RWE-Chef Markus Krebber warnte im WirtschaftsWoche-Podcast „Chefgespräch“ mit WiWo-Chefredakteur Beat Balzli davor, dass derartige Phänomene Teil ein Anpassungsprozesses sei, der „sicherlich noch öfter zutage treten“. Dieser „Übergangspfad“ werde sehr kritisch. „Sobald wir eine komplett grüne Energieversorgung haben, wird die definitiv billiger sein als heute. Aber wir befinden uns in einem zehnjährigen Anpassungsprozess“, sagte der Chef des Energieriesen im Gespräch mit Beat Balzli. (Hören Sie hier das ganze Interview im „Chefgespräch"-Podcast.)

RWE-Chef Markus Krebber erzählt im Podcast, warum die Strompreise explodieren, Deutschland viel mehr Gaskraftwerke braucht als alle denken – und seine Kohlekraftwerke nicht zu verkaufen sind.
von Beat Balzli

Grafik 2: Teures Jahr
Der langjährige Vergleich des Jahresmittels – berechnet aus dem Durchschnitt der Preise für jede Stunde an jedem Tag des Jahres – spricht eine klare Sprache: Lange pendelten die Stromkosten zwischen 30 und 40 Euro je Megawattstunde. Lief die Wirtschaft gut, kletterten die Preise im Durchschnitt auf 44 Euro. Hinkte die Wirtschaft, wie 2020 wegen der Coronakrise, sanken sie. Schwankungen um 30 Prozent waren nicht ideal, aber die Unternehmen gewöhnten sich daran, die Fluktuation durch den geschickten Mix aus Terminmarktkontrakten und dem spontanen Zukauf am Spotmarkt aufzufangen.

In diesem Jahr verdreifachten sich die Preise im Schnitt auf 98 Euro. Und der Markt geht aktuell davon aus, dass die rapide Aufwärtsbewegung noch nicht zu Ende ist: Am Terminmarkt zahlt man für Strom, den man 2022 nutzen will, aktuell im Schnitt 133 Euro.



Grafik 3: Deutschland ist europaweit im Spitzenfeld
Die deutschen Strompreise sind innerhalb der EU Spitzenklasse. Nur in Italien kostet die Megawattstunde mit 307 Euro noch einen Euro mehr als in Deutschland. Für den Vergleich wurde aus den Verbrauchspreisen am Spotmarkt am 7. Oktober 2021 ermittelt wurden, ein Durchschnitt errechnet. Mit im Club, der die 300 Euro-Marke knackte, ist noch Österreich. Uneinholbar vorne liegt allerdings Großbritannien, wo am Donnerstag für Strom 320 Euro je Megawattstunde bezahlt wurden.

Am niedrigsten sind die Preise in Norwegen. Kein Wunder: Das Land, das nicht EU-Mitglied ist, setzt viel auf Hydropower und ist mit seinen großen Erdölverkommen auch autark vom Weltmarkt. Innerhalb der EU bieten Polen und Rumänien mit weniger als 200 Euro die niedrigsten Strompreise. Die erzielen sie allerdings durch das Verbrennen von billiger Braunkohle, bei dem sehr viel CO2 freigesetzt wird. Je teurer die EU-Emissionsrechte gehandelt werden, desto mehr verteuert sich der Strom künftig in diesen Billigstromländern.



Mehr zum Thema: RWE-Chef Markus Krebber erzählt im „Chefgespräch"-Podcast mit WiWo-Chefredakteur Beat Balzli, warum die Strompreise explodieren, Deutschland viel mehr Gaskraftwerke braucht als alle denken – und seine Kohlekraftwerke nicht zu verkaufen sind. Hören Sie hier rein!

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