Stromversorgung Der Stand der Energiewende ist alarmierend

Seite 2/5

Unwirtschaftliche Energie

Kuriose Folgen der Energiewende
Schwierige Löschung von Windrad-BrändenDie schmalen, hohen Windmasten sind bei einem Brand kaum zu löschen. Deshalb lassen Feuerwehrleute sie meist kontrolliert ausbrennen – wie im April in Neukirchen bei Heiligenhafen (Schleswig-Holstein). Quelle: dpa
Tiefflughöhe steigtDie Bundeswehr hat die Höhe bei nächtlichen Tiefflügen angepasst. Wegen Windradmasten kann die Tiefflughöhe bei Bedarf um 100 Meter angehoben werden. Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt, dass dadurch Bauhöhen von bis zu 220 Meter realisiert werden können. Die Höhe des derzeit höchsten Windradtyps liegt bei etwa 200 Metern. Quelle: dpa
Dieselverbrauch durch WindräderViele neue Windkraftanlagen entstehen – ohne ans Netz angeschlossen zu sein. Solange der Netzausbau hinterherhinkt, erzeugen die Windräder keine Energie, sondern verbrauchen welche. Um die sensible Technik am Laufen zu halten, müssen Windräder bis zu ihrem Netzanschluss mit Diesel betrieben werden. Das plant etwa RWE bei seinem im noch im Bau befindlichen Offshore-Windpark „Nordsee Ost“. Quelle: AP
Stromschläge für FeuerwehrleuteSolarzellen lassen sich meist nicht komplett ausschalten. Solange Licht auf sie fällt, produzieren sie auch Strom. Bei einem Brand droht Feuerwehrleuten ein Stromschlag, wenn sie ihren Wasserstrahl auf beschädigte Solarzellen oder Kabel halten. Diese Gefahr droht nicht, wenn die Feuerwehrleute aus sicherer Entfernung den Wasserstrahl auf ein Haus richten – aber, wenn sie dabei ins Haus oder aufs Dach gehen. Stromschlagsgefahr gibt es ebenso für Feuerwehrleute, wenn sie nach einem Straßenunfall Personen aus einem beschädigten Elektroauto bergen müssen. Quelle: AP
Störende SchattenWindräder werfen Schatten – manche Anwohner sehen darin eine „unzumutbare optische Bedrängung“, wie es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ausdrückte. Es gab einer Klage recht, die gegen ein Windrad in Bochum gerichtet war. Im Februar wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision des Investors ab. Das Windrad wird nun gesprengt. Quelle: dpa
Gestörte NavigationAuf hoher See wird es voll. Windparks steigern nicht nur das Kollisionsrisiko mit Schiffen. Die Rotoren stören auch das Radarsystem. Der Deutsche Nautische Verein schlägt daher vor, dass Windparks nur genehmigt werden, wenn die Betreiber auch neue Radaranlagen an den Masten installieren. Quelle: dapd
Windrad-LärmWindräder drehen sich nicht nur, dabei machen sie auch Geräusche. Je stärker der Wind, desto lauter das Windrad – und das wollen viele Bürgerinitiativen nicht hinnehmen. Ein Beschwerdeführer aus dem westfälischen Warendorf erreichte im September 2011 vorm Verwaltungsgericht Münster zumindest, dass eine Windkraftanlage nachts zwischen 22 und 6 Uhr abgeschaltet wird. Quelle: dpa

Das Ergebnis ist besorgniserregend:

  • Die Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung erreichte Ende 2011 eben noch 48 Prozent (2010: 53 Prozent) des Zielwertes. Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Stromversorgung bis 2020 wirtschaftlich und bezahlbar bleibt.
  • Richtig abgestürzt ist von 2010 auf 2011 die Sicherheit der Stromversorgung – von 99 auf 61 Prozent im Jahr 2011. Weder Unternehmen noch private Haushalte können davon ausgehen, in gut knapp zehn Jahren so problemlos mit Strom versorgt zu werden wie 2010.
  • Zwar nahm die Umweltverträglichkeit der Stromversorgung durch den gestiegenen Anteil der Wind- und Solarenergie zu. Gleichwohl ist nach heutigem Stand offen, ob dies so bleibt.
  • Allenfalls die mehrheitliche Zustimmung der Bevölkerung zur Energiewende schien bis zuletzt gesichert.

"Um die Energiewende erfolgreich umsetzen zu können, kommt es vor allem darauf an, Transparenz zu schaffen und für Planungssicherheit bei den Unternehmen zu sorgen", warnt Martin Sonnenschein, Deutschland-Chef von A. T. Kearney. Insofern leisteten die Ergebnisse des Checks "einen wesentlichen Beitrag, die Handlungsbedarfe aufzuzeigen".

Vieles läuft in die falsche Richtung

Damit untermauert das Monitoring von WirtschaftsWoche und A. T. Kearney das große Unbehagen, das in weiten Teilen der deutschen Wirtschaft grassiert, erstmals mit Zahlen. "Die Energiewende gleicht einem Experiment, in dem sich zahlreiche Faktoren gegenseitig beeinflussen und das einen ungewissen Ausgang hat", wetterte Anfang Juni BDI-Präsident Keitel. Weil seine Mitgliedsunternehmen nicht länger auf Entscheidungen aus Berlin warten wollen, kündigte er den Start einer eigenen "Kompetenzinitiative Energie" an, in der "Partner aus Industrie und Wissenschaft gemeinsam die Welt der Energiewende beleuchten" sollen. Erste Ergebnisse des Tests, an dem die Unternehmensberatung Boston Consulting Group und das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln mitwirken, sollen allerdings erst im Oktober vorliegen.

Dabei ist der politische Handlungsdruck groß und vieles läuft schon jetzt bei der Energiewende nachweislich in die falsche Richtung, wie das Monitoring von WirtschaftsWoche und A. T. Kearney klar zeigt.

Besonders offenkundig wird dies bei der Wirtschaftlichkeit der Stromversorgung. Im Jahr 2010, vor der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, lagen die Frühwarnindikatoren für Strompreissteigerungen bereits im roten Bereich. Ein Jahr später hat sich daran nichts gebessert. Und der Trend setzt sich in diesen Tagen dramatisch fort. Einer der Gründe ist die Preissteigerung bei Öl, Gas und Kohle, also für Energie, die entweder die privaten Haushalte zum Heizen oder die Kraftwerke zur Stromerzeugung benötigen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%